Zerstreut blickte Mona aus dem Fenster und beobachtete wenig interessiert, wie ein Haus nach dem anderen an dem Auto vorbei rauschte. Nachdem sie und Roland Mrs. Peterson auf den kleinen Parkplatz hinter der Schule gefolgt waren, hatte die Lehrerin bereits auf ihren weißen Van zugesteuert, den sie mitten zwischen all den anderen Fahrzeugen postiert hatte. Mit einem gehörvollen Klacken entriegelte sie mithilfe ihres Autoschlüssels ihren VW, ehe sie Roland und Mona mit einer wilden Handbewegung zum Einsteigen aufforderte und sich anschließend vor dem Lenkrad auf dem Sitz niederließ. Kaum hatten sich alle angeschnallt und waren losgefahren, hatte keiner mehr ein Wort miteinander gewechselt. Eine angespannte Stille hatte sich im gesamten Fahrzeug ausgebreitet, sodass nur das eintönige Brummen des Motors zu hören und jeder in seine eigene Welt eingekehrt war. Und gerade diese Schweigsamkeit machte Mona auf irgendeine Art und Weise nervös.
Unruhig trippelte sie mit ihren Fingern auf dem ledernen Griff ihrer Tür herum, während sie sich mit der vorbeifahrenden Landschaft abzulenken versuchte. Doch obwohl die Stadt Edinburgh relativ viel an interessanten Ereignissen zu bieten hatte, schweifte sie jedes Mal wieder in ihre zerstreuten Gedanken ab. Dass sie in dem Auto ihrer Lehrerin an einen unbekannten Ort fuhr, war nur die eine Sache, wegen der ihr ein wenig unbehaglich zumute war. Alle Ereignisse, die in den letzten Stunden wie eine Fontäne auf sie eingestürzt waren, beschäftigten sie immer noch so dermaßen, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte. Ständig kreisten ihre Gedanken um das seltsame Erscheinen des Monsters, das scheinbar doch keine bloße Wahnvorstellung war, sowie um die Frage, wie es von jetzt auf gleich einfach verschwinden konnte. Wie konnte das alles nur wahr sein? Wie konnten Mrs. Peterson und Roland das Monster sehen, welches sie ursprünglich für Einbildung gehalten hatte? Und wenn es tatsächlich stimmte, wie war es dann nur auf einmal verschwunden? Monas Kopf brummte erneut vor Schmerz, als ihre Lehrerin um die nächste Ecke bog, sodass das Mädchen stöhnend das Gesicht verzog. Die Qualen hinter ihrer Stirn hatten seit ihrem Aufprall nicht ein einziges Mal nachgelassenen, genauso wenig wie ihre gebrochene Hand, die sie zur Schonung auf ihrem Schoß abgelegt hatte. Von den Schmerzen missmutig gestimmt blinzelte Mona erschöpft und strich sich mit der gesunden Hand über ihre Stirn. Die ruckelnde Fahrt machte ihr fürchterliches Kopfweh zwar noch schlimmer, doch ihre verwirrten Gedanken schienen dies noch viel mehr zu strapazieren. Seufzend bemühte das Mädchen sich, ihre Qualen möglichst zu verdrängen und starrte erneut aus dem Fenster, auch wenn sie wusste, dass ihr dies nicht viel helfen würde.
Plötzlich spürte sie, wie sich eine warme Hand sanft auf ihre Schultern legte. ,,Alles in Ordnung?", hörte Mona ihren besten Freund sorgenvoll flüstern, worauf sie ihren Blick vom Fenster abwandte und Roland in die Augen sah. Genau wie seine Stimme seine Sorge um sie bereits verraten hatte glühten seine braunen Augen hinter der Brille voller Mitgefühl und sogar auch ein wenig vor Angst, wovon Mona unbehaglich die Haut zu kribbeln begann. Am liebsten hätte sie seine Frage mit einem zuversichtlichen Nicken beantwortet, nur, damit der dunkle Ausdruck von Kummer aus seinem Gesicht verschwand. Doch sie wusste genau, dass der Junge ihr diese Lüge keineswegs abkaufen würde, weshalb sie bloß ein tiefes Seufzen ausstieß und betrübt auf ihre Füße ihm Fußraum starrte. Nein, es war überhaupt nichts in Ordnung! Abgesehen von ihren verfluchten Schmerzen, die ihren Körper wie eine Seuche zerfraßen, steckte sie bis zum Halse im tiefsten Chaos, das es scheinbar alles andere als gut mit ihr meinte. Sie wurde heute beinahe getötet, genau wie ihr bester Freund, und dann auch noch von einer teuflischen Bestie, die gar nicht mal am Leben sein durfte! Und sie hatte nicht einmal den blassesten Schimmer, wie es nur dazu gekommen war. Wie konnte in einen solchen Situation nur alles in Ordnung sein?
Roland schien ihre verzweifelten Gefühle gelesen zu haben, denn er bohrte nicht weiter nach, sondern drückte ihr einfach nur mitfühlend die Schulter, was das Kribbeln auf Monas Haut ein wenig bestärkte. Auch wenn es ihr etwas unangenehm war, dass ihr bester Freund Mitleid spendete, konnte sie sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen nicht verkneifen. Irgendwie erfüllte die Gerissenheit sie, dass er für die da war und das alles mit ihr gemeinsam durchstand, mit ein wenig Wärme, welche ihre Angst und ihre Ungewissheit vor dem ganzen etwas bändigte. Zaghaft hob sie den Kopf und schenkte ihm dankbar ein Lächeln. ,,Es geht schon!", murmelte sie leise, bemühte sich jedoch um einen möglichst zuversichtlichen Ton, der ihre Furcht vertuschen sollte. Skeptisch hob der Junge die Augenbraunen. Er schien ihr, wie sie bereits erwartet hatte, nicht ganz zu glauben und wollte gerade den Mund öffnen, um ihr zu widersprechen, als Mrs. Peterson sich auf einmal einschalte.
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Dream - Die Sage der Traumwandler
FantasyNie hätte Mona McGalen damit gerechnet, den Boden jemals unter den Füßen zu verlieren. Doch als sie eines Morgens aus einem haarsträubenden Albtraum erwacht und plötzlich dem Monster im eigenen Garten gegenübersteht, von welchem sie zuvor noch geträ...