Roland vermochte es nicht das immense Gefühl von Erleichterung zu umschreiben, das ihm in dem Moment den tonnenschweren Druck von seiner Brust nahm, als er Mona zwischen den Stämmen des Waldes untertauchen sah. Nur mit Mühe und Not hatte er sich auf dem Ellenbogen abgestützt, nachdem Silvia ihn abgeworfen hatte, um aus der Seitenlage wenigstens ein bisschen über die Kolben der Ähren hinwegspähen zu können, die sein Sichtfeld versperrt hatten. Als er aus den Augenwinkeln bemerkt hatte, wie seine Feindin auf die Beine gesprungen war und nach ihrer Schusswaffe gezückt hatte, hatte er vor Entsetzten für einen Moment die gigantische Menge an Schmerzen verdrängt, die ihn davon abgehalten hatten, einen weiteren Angriff auf die Frau zu starten, weshalb er den Versuch, sich wieder auf sie zu stürzten, aufgrund der fehlenden Kraft sofort verworfen hatte. Stattdessen hatte er panisch die Augen geweitet und seine mickrigen Energiereserven aufgebracht, um wenigstens zu beobachten, ob seiner besten Freundin trotz dessen die Flucht gelingen würde.
Abertausende Gedanken hatten ihn vor lauter Angst um sie beinahe um den Verstand gebracht, mehr als es dem qualvollen Blutverlust gelungen war, die ihn mit den Vorstellungen plagten, was mit ihr wohl geschehen würde, wenn sie nicht entkommen würde. Was hatte diese grässliche Tenebranerin mit ihr vor, insbesondere nun, wo sie geflohen war? Würde sie sie so lange foltern und isolieren, bis sie sich Alenias Willen beugte? Oder würde sie sie früher oder später sowieso töten?
Die Furcht um das Mädchen war so gigantisch, dass der Claritaner verzweifelt gegen die Tränen ankämpftet hatte, während ihm Silvias Schüsse schlagartig das Mark erschüttert und ihn jedes Mal alarmiert zusammenzucken gelassen hatten. Schweratmend hatte er gebetet, dass Mona es schaffen würde, dass die zerrenden Schmerzen in seiner Brust verstärkt worden waren, welche allerdings keinen Vergleich zu dem Leid darstellten, das sowohl seine von Sorge zerfressene Seele, als auch seinen Bauch betraf, dessen Einstichwunde es immer noch nicht zustande gebracht hatte, sich endlich zu schließen. Der Stress, die Panik... all die erdrückenden Empfindungen, die ihn wie eine Seuche befallen hatten, waren bislang der Grund dafür gewesen, weshalb seine Regeneration ausgesetzt hatte. Was durchaus hätte bedeuten können, dass er trotz seiner Magie verstorben wäre.
Doch dann, als der Junge bereits die Hoffnung aufgegeben hatte und gerade gepeinigt von Trauer wegesehen wollte, um nicht erblicken zu müssen, wie seine grausame Feindin ihm das Wichtigste in seinem Leben nahm, hatten seine brennenden Augen vernommen, wie Mona tatsichtlich zwischen den Schatten der Tannen untergetaucht war. Von der einen auf die andere Sekunde waren sämtliche Zweifel und Sorgen in ihm wie eine Seifenblase zerplatzt und gaben ihm endlich wieder die Möglichkeit, ruhigere Atemzüge zu ziehen, auch wenn diese aufgrund seiner Stichwunde ungewöhnlich schnell vollzogen wurden.
Ein erleichtertes Lächeln zierte Rolands blutverschmierte Lippen, ehe er sich stöhnend vor Kraftlosigkeit wieder zurück auf den Boden fallen ließ. Seine Rippen knackten ächzend durch den seitlichen Aufprall, weshalb er sich langsam auf den Rücken drehte und ein weiteres Seufzen zustande brachte, das im Gegensatz zu dem vorherigen wesentlich erschöpfter und wehleidiger klang, während er reflexartig die Augen zusammenkniff, um sie vor den blendenden Sonnenstrahlen zu schützen, die ihm ansonsten die Linsen zu beschädigen drohten. Aufgrund der Tatsache, dass seine beste Freundin nun in Sicherheit war, mochten die verzweifelten, verängstigten Empfindungen zwar entschwinden, allerdings erwachte dafür wieder der entsetzliche Schmerz zum Leben, den er bei Monas Flucht aus heiterer Furcht um sie kurzweilig verdrängt hatte. Wie eine plötzlich aufleuchtende Glühbirne, die man bereits für kaputt gehalten hatte, schwoll das grässliche Gefühl in seiner Magengegend von Neuem an. Ein Gefühl, das so qualvoll war, dass der Junge nicht wusste, wie er es am naheliegendsten in Worte fassen sollte.
Schmerzverzerrt begann der Claritaner erneut das Gesicht zu verziehen, während er ächzend die Zähne zusammenbiss, um das furchtbare Leid besser ertragen zu können. Die durchtrennten Blutgefäße, die zerfetzte Magenwand und die ganzen Muskeln, die an jener Stelle positioniert gewesen waren... all diese Körperteile fühlten sich so an, als würde Silvia immer und immer wieder brutal auf sie einstechen. Es waren Wellen von Schmerzen, die bis in weit entfernte seiner Bestandteile vordrangen, die ihm sowohl den Kopf zum stechenden Explodieren brachten, als auch das Herz unangenehm verkrampfen ließen. Sein gebrochener Kiefer, der ihn ebenfalls wie eine Alarmsirene an seine drückenden, zerrenden Qualen erinnerte, war im Vergleich zu der Verletzung im Magen bloß ein nervendes Piksen, das man mit der Zeit vergessen mochte. Sein Bauch hingegen vermittelte dem Jungen den Glauben, er würde jeden Moment zerplatzen. Er spürte genau, wie wichtige anatomische Bestandteile zerrissen worden waren, die sich in einer Art und Weise bemerkbar machten, die einem heißen Feuer und dem Gefühl einer Blinddarmentzündung glich und sich wie eine giftige Substanz in ihm ausweitete, dass der Junge ein weiteres, leidvolles Keuchen aus seiner brennenden Kehle stieß.
![](https://img.wattpad.com/cover/138424395-288-k955208.jpg)
DU LIEST GERADE
Dream - Die Sage der Traumwandler
FantasiNie hätte Mona McGalen damit gerechnet, den Boden jemals unter den Füßen zu verlieren. Doch als sie eines Morgens aus einem haarsträubenden Albtraum erwacht und plötzlich dem Monster im eigenen Garten gegenübersteht, von welchem sie zuvor noch geträ...