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„Wo warst du denn so lange." War das erste was ich von Josep hörte als ich die überstellte Werkstatt betrat. „Ich ähm, habe mich verlaufen." „Aber es hat doch überall Strassenschilder." Entgegnete er mir. „Kann ich französisch lesen?" War meine Antwort. Er fragte nicht mehr weiter und ich setzte mich an meinen Arbeitsplatz. Der erstaunlicher weise unordentlicher war, als der Rest der Werkstatt schon war. Wir arbeiteten bis tief in die klare Nacht hinein, um all die Bestellungen rechtzeitig fertig zu kriegen...

Am morgen wachte ich schon recht früh auf da Konrad sturmklopfte. Er hatte sich mit Josep verabredet ihm zu zeigen wo der beste Lederhändler der Stadt ist. Josep schleppte sich noch voll verschlafen zur Tür. Die beiden gingen und ich sting langsam auf und zog mich an. Ich setzte mich an die Arbeit und musste fast ununterbrochen an Juliet denken und an Jonathan der sie schlug. Abwesend wie ich da sass und arbeitete bemerkte ich zuerst nicht mal das ich mir die Ledernadel in den Finger gestossen hatte. Ich zog die Nadel raus und war nach 10 Jahren immer noch fasziniert davon wie schnell meine Wunden heilten.
Die Tür ging auf und die Ladenklingel klingelte. Sie war gekommen, sie und Jonathan. „Guten Tag," sagte ich höflich. „Guten Tag." Bekam ich zwei mal zurück. Ich schob ihnen zwei Stühle hin, „Ich kann meine Kunden doch nicht einfach stehen lassen." „Nein danke, ich brauche keinen Stuhl. So mal ne frage, geht dir das nicht auf den Sack?" Ich guckte ihn fragend an. „Na dein zischeln. Wie dem auch sei, ich muss wieder los, Firmenangelegenheiten. Schönen Tag noch." Beschämt starrte ich zu Boden. „Ich finds niedlich." Sagte Juliet plötzlich als sie ihre Hand auf meine Schulter legte. Sie kann das unmöglich ernst meinen. Verdattert, mit hoch gezogener Augenbraue guckte ich sie an, nickte kurz und musste lachen. „Ich meine das ernst." Sagte sie dann. Toll, jetzt wurde ich rot. „Aww" sagend wuschelte sie mir durchs Haar. Das war verdammt ungewohnt das mich jemand als niedlich abstempelte. Ich würde das eigentlich niemanden dulden, ausser ihr.

irgendwann unterbrach ich dann die peinliche stille „Also, an was für einen Schuh hast du denn so gedacht?" „Ich weiss es nicht genau, er soll vor allem bequem sein...und am besten noch schön!" Ich lächelte sie an, „Ja, dass sind so ziemlich alle Schuhe die wir hier machen." „Ja dann, lass dir was einfallen!" „Ou okay. Ja dann wäre es toll wen du deine Schuhe ausziehen könntest." Sie zog ihre Schuhe aus, ich vermass ihren Fuss und dann fragte sie mich was, was ich nie erwartet hätte. Sie fragte, „Wollen wir am Samstag in drei Tagen zusammen picknicken? Jonathan geht auf Geschäftsreise und du hast frei, oder?" Ich drohte zu platzen und musste mich erst kurz beruhigen um ganze Wörter geschweige denn Sätze ausspucken zu können. „Ja, gerne. Aber ich verstehe nicht woher du weisst das ich frei habe." „Dort an der Wand hängt der Arbeitsplan." Ich drehte mich zu der besagten Wand um. „Ou, stimmt." Sie begann wieder so süss zu lachen und steckte mich damit an. Das Licht der Morgensonne schien durch die Ladenfenster und lies Juliets roten Haare wie Flammen aufleuchten. Ich glaube, ich habe noch nie jemanden gesehen der so perfekt aussieht. Grün-blaue Augen die immer zu strahlten. Eine leicht stupsige Nase und Sommersprossen, die andere Leute als Makel abstempelten und sie noch niedlicher machte als sie sonst schon war. Ihr Gesicht war weich aber definiert gezeichnet was zu ihrem restlichen auftreten passte. Ausserdem ihr Lächeln welches ihren süssen Zahnspalt... Wo gehen deine Gedanken wieder hin. Dacht ich zu mir selbst.

Nach dem sie gegangen war, konnte ich an nichts mehr anderes als das Picknick denken. In drei Tagen. Wenn ich mich ran halte, schaffe ich die Schuhe fertig, dachte ich. Sie müssen perfekt werden! Ich könnte niemals Schuhe machen mit der Perfektion dieser Frau, aber sie müssen ihr zumindest würdig sein! (Normalerweise hatte ich für ein paar Schuhe etwa 6 Tage.)

Josep's PoV:
Langsam machte mein Neffe mir Angst. Zuerst wirft er mit Messern um sich und jetzt arbeitet er schon seit gestern durch, an diesem verflixten paar Schuhe. Er isst nicht, er schläft nicht und er redet nicht. Ich hoffe er bricht nicht bald zusammen. Für wen die Schuhe sind, hatte ich ihn schon gefragt. Aber wie gesagt er redet nicht wirklich. Wer auch immer sie ist, er muss sie echt mögen so wie er an diesen Schuhen arbeitet. Ich habe ihn noch nie so fleissig arbeiten sehen. „Hey, KC. Es gibt Abendessen!" Er schaute nicht mal von der Arbeit auf und  schrie nur „kein Hunger," zurück. „Du musst mal was essen oder trinken, sonst kippst du bald noch um!" „Nein" bekam ich zurück. „KC, ich mache mir sorgen um dich! Du kommst jetzt hier her an den Tisch, isst was, trinkst was und gehst eine runde schlafen!" Ich bekam wider nur ein „Nein" zurück. Ich probierte ihn von der Arbeit weg zu zerren. Aber er war zu stark. Ja gut, mein Neffe ist etwa 1 1/2 Köpfe grösser als ich und nicht gerade von schlechtem Bau. Ich musste es aber nochmal versuchen. Irgendwie werde ich ihn schon von hier weg bringen. Ich probierte ihn erneut vom Stuhl zu ziehen. Dieses mal aber zappelte er rum und traf mich am Unterkiefer. Er traf mich ziemlich hart um genau zu sein! Ich flog zu Boden.

KC's PoV:
Bock Mist! Ich hab ihn aus versehen ohnmächtig gefuchtelt! Was hab ich denn jetzt schon wieder angestellt? Ich hastete schnell zu ihm hin, „Es tut mir leid." Ich holte einen kühlen Lappen um seine Verletzung zu kühlen. Nach einer Weile wachte er wieder auf, „Komm, wir gehen jetzt zu Dr. Behm," sagte ich zu ihm während ich ihm auf die Beine half. „Nein, ist schon gut KC." „Nein, ist es nicht! Ich hab dich gerade ohnmächtig gefuchtelt." Ich war den Tränennahe. Jap, ja, ich bin relativ sensibel wenns um sowas geht. Wahrlich männlich, ich weiss. „Na gut, wenns sein muss," gab er sich geschlagen. Ich stützte ihn bis zur Arztpraxis. „Ach holla, sie schon wieder. Mr Greenbird, sie sind ein wahrlicher Pechvogel!" Ich glaube dieser kauzige Arzt würde bei ner Apokalypse noch Witze machen! Er half mir Josep, der immer noch etwas schwankte, zur liege zu bringen. „Wie ist das überhaupt passiert?", fragte er mit gerunzelter Stirn. „Ich bin volle Kanne gegen was gelaufen, das in der Werkstatt hängt." Der alte Mann glaubte ihm. Aber wieso log Josep? Er lügt nie. Wir schlenderten zurück nach Hause. „Warum hast du ihn angelogen?", fragte ich meinen Onkel. „Wäre es mit der Wahrheit nicht etwas sehr seltsam gekommen. Ausserdem sind wir sowieso das momentane Lieblingsthema der Waschweiber!" „Wohl möglich." Gab ich schmunzelnd zurück.

Noch auf dem weg trafen wir auf einen Mann.

Juliet Bonasieux Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt