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"Ich glaube, ihr habt hier genug geholfen" ertönte Mrs. Daytons Stimme neben mir. Erschrocken drehte ich mich zu ihr um. 

Ach verdammt, irgendwie hatte ich völlig verdrängt, dass sie auch noch da war. So wie auch die restlichen Mitglieder der Küchenbesatzung. Mein Gesicht wurde rot und ich schaute betreten zu den Törtchen, die noch nicht fertig waren. Es waren über fünfzig Stück, die noch zu machen waren.

"Aber Mrs. D, dass können wir doch noch fertig machen", protestierte ich.

Doch sie schüttelte nur den Kopf und warf mir einen gutmütigen Blick zu. "Ach, Liebes, ihr habt uns schon genug geholfen. Seht zu, dass ihr Feierabend macht."

Unwillkürlich verzog ich das Gesicht - von wegen Feierabend! Wir hatten noch vier Stunden Unterricht vor uns, und ich verspürte nicht die geringste Lust dazu, mich zurück zu den anderen Idioten meiner Klasse zu gesellen.

Aber Mrs D schien da keine Widerrede hören zu wollen, denn sie legte Cam und mir jeweils eine Hand auf den Rücken und drängte uns Richtung Ausgang. Hastig zogen wir uns die Schürzen über den Kopf und hingen sie an den vorbestimmten Haken auf. Ich entledigte mich noch zusätzlich von meinem Haarnetz, dann waren wir auch schon draußen.

"Einen Moment nur", rief Mrs D noch. Dann verschwand sie wieder zurück in der Küche und kam mit zwei der kleinen Törtchen in den Händen kurz darauf wieder zurück. "Bitteschön", strahlte sie uns an. "Für die harte Arbeit."

Ich konnte mir ein Schnauben nicht verkneifen. Cam hatte vielleicht nur zwanzig Minuten lang ein paar Gebäckstücke dekoriert. Das war ja wohl kaum als "harte Arbeit" zu bezeichnen! Aber ich wollte nicht kleinlich sein. Trotzdem schüttelte ich den Kopf und protestierte. "Die sind doch für die After-Game-Party heute Abend."

"Ach papperlapapp! Es sind noch mehr als genug übrig, da werden zwei mehr oder weniger gar nicht auffallen." Sie hielt mir das Törtchen praktisch unter die Nase und zwinkerte mir zu. "Ich bestehe darauf, Liebes. Also keine Wiederrede!" 

Seufzend gab ich mich geschlagen und nahm die kleine Köstlichkeit entgegen. Und schon war Mrs D wieder verschwunden und ich stand mit Cam alleine in der Cafeteria.

Ich überlegte mir, ob ich das Küchlein meiner Mutter bringen sollte - sie würde sich bestimmt darüber freuen. Da sah ich aus den Augenwinkeln, wie Cam sich zu mir runterbeugte. Wie aus Reflex machte ich einen Schritt zurück, um zumindest eine gewisse Distanz zwischen uns zu wahren. Davon war Cam natürlich kein Bisschen beeindruckt, seine Augen funkelten schelmisch und er grinste.

"Was?", platzte ich hervor. Sein Blick machte mich nervös, und ich hasste das Gefühl. Warum musste er aber auch immer so ... aufdringlich sein? 

"Du hast da Sahne", sagte er und verzog amüsiert das Gesicht.

Ich runzelte die Stirn und wischte mir mit dem Handrücken über die linke Wange, aber da war nichts. "Wo?", fragte ich, und sah mich um, ob es hier irgendwo eine Art Spiegel gab, um mein Gesicht sehen zu können.

Den brauchte ich am Ende dann doch nicht.

Cam beugte sich vor und fuhr mir mit der Zunge über die andere Wange.

"KYYYAAAAAAH!!!!!!" Entsetzt sprang ich von ihm weg und ließ dabei fast mein Törtchen fallen. Mit aufgerissenen Augen und Mund starrte ich Cam entgeistert an. "Spinnst du? Was sollte das denn?!" Mit den Fingern der freien Hand fasste ich mir ans Gesicht, wo er mich gerade abgeleckt hatte.

"Ich wollte nur behilflich sein." Cam sah so zufrieden aus, wie eine Katze, die die Milchschale ausgeschleckt hatte. 

"Kannst du dich eigentlich auch mal normal benehmen, und nicht nur wie ein Höhlenmensch?! Das war gerade verdammt eklig!"

Er schnaubte, aber seine Augen funkelten nach wie vor. "Ach, komm schon, Speedy. Jetzt stell dich nicht so an."

Wie bitte?! "Ich stelle mich überhaupt nicht an! Du kannst doch nicht einfach Leuten das Gesicht ablecken!" Ich war immer noch viel zu geschockt, um mich von der Stelle zu rühren. Als Cam aber wieder auf mich zu kam, hob ich meine Hand wie um ihn abzuwehren. "Bleib mir bloß vom Leib!"

Jetzt wurde sein Grinsen geradezu teuflisch. "Oh, Speedy. Meine süße kleine Furie", sagte er und überbrückte mit einem einzigen großen Schritt die Entfernung zwischen uns. "So unschuldig", murmelte er und ich hätte schwören können, dass er ein Lachen unterdrückte.

Ich versuchte ihn wütend anzufunkeln, aber seine Nähe brachte mich total aus dem Konzept. "Du bist ein Idiot, Laroque."

"Gib es zu", erwiderte er nur.

"Was denn, Bitteschön?"

"Du magst mich."

Schnaubend wandte ich mich ab. "Ganz bestimmt nicht."

"Ich mache dich nervös", bestand er.

Ich warf ihm einen wütenden Blick zu. "Falsch", leugnete ich. "Du machst mich wahnsinnig."

Weiße Zähne blitzten auf, als er mich vielsagend angrinste. "Das sagen Frauen ständig zu mir", gestand er. "Aber in der Regel flehen sie mich kurz darauf an, sie zum Höhepunkt zu bringen."

"Du bist wirklich sowas von eingebildet." Aber meine Wangen fühlten sich, wenn überhaupt möglich, noch ein Stück heißer an, als zuvor schon.

"Ich sage nur die Wahrheit." Plötzlich spürte ich seinen Atem an meinem Ohr und erstarrte. "Insbesondere wenn ich meine Zunge noch über ganz andere Körperstellen gleiten lassen", raunte er. "Nächstes Mal lecke ich dich auch gerne ... an einer anderen Stelle. Vielleicht gefällt dir das ja besser."

Ich sog scharf die Luft ein. Das hat er jetzt nicht gesagt!

Cam legte den Kopf schräg, um mir in die Augen sehen zu können.

Doch. Hat er.

Kaum hatte ich das realisiert wurde ich knallrot. Mir wurde überall heiß, als hätte ich Verbrennungen zweiten Grades erlitten. Am liebsten hätte ich ihm den selbstzufriedenen Ausdruck von seiner Miene gewischt.

Doch ich starrte ihn nur sprachlos an. 

Der Idiot lächelte und biss herzhaft in sein Törtchen. Als er sich die Sahne von den Lippen leckte, tat er das langsam und aufreizend.

Dann drehte er sich um und schlenderte aus der Cafeteria.

Wer will schon einen Prinzen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt