22. Ein Echo der Zeit

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Alea hatte sich nach dem Tanzen tatsächlich wieder umziehen dürfen, aber mit der Warnung, dass, wenn er sich versauen würde – zum Beispiel wenn Luzi zu ‚tollpatschig' wäre, um seinen Liebsten mit der angeschnittenen Hochzeitstorten zu füttern – er das Kleid wieder anziehen müsse. Der Sänger hatte daraufhin bettelnd zu seinem Ehemann gesehen, der sich daraufhin extra viel Mühe gegeben hatte, nicht zu kleckern. Gewollt hätte er es schon, aber er wollte seinem Ehemann ja nicht zu viel zumuten. Heute nicht, das würden ihre Bandkollegen noch übernehmen, fürchtete Luzi. Und er sollte recht behalten. Neben den ganzen kleineren Spielen, zu denen er und sein Mann gezwungen wurden, war das Vorletzte definitiv sein Lieblingsspiel.

Ihnen wurden die Hände hinterm Rücken zusammengebunden und vor sie wurden drei gefüllte Schnapsgläser gestellt, die sie ausleeren mussten. Es war bis dato schon einiges an Alkohol geflossen, dementsprechend belustigt waren auch die Gäste, zumal Alea extra vorsichtig sein musste, ihm drohte ja immer noch das Kleid.

Am Ende gewann Luzi, der hatte aber auch allgemein mehr Übung in derlei ‚Sport', doch Alea nahm es mit Humor. Er meinte nur trocknen, „Na ja, kann halt nicht jeder so gut schlucken..." Zu spät realisierte er, was genau er da gesagt hatte. Zum Glück waren Jenny und die anderen Kinder zu diesem Zeitpunkt schon längst im Bett und die Erwachsenen hatten genug intus – die älteren Generationen mit eingeschlossen – dass sie diesen Kommentar als lustig und NICHT als peinlich empfanden. Luzi hingegen sah das ein bisschen anders.

‚Subway to Sally' war inzwischen wieder auf die kleine Bühne gewandert und klimperte im Hintergrund, während die beiden Chaoten von ‚Das Niveau' zum Brautpaar gingen und Beide in die Mitte des Saals auf je einen Stuhl platzierten.

„Nun, die Zeit ist ja schon sehr fortgeschritten und da kleine Kinder brav in ihren Bettchen sind, wird es wohl Zeit unser letztes Spiel zu spielen. Hier, mein liebes Brautpaar, werden wir erfahren, wie gut ihr euch eigentlich kennt, beziehungsweise wie ihr euch und eure Beziehung einschätzt."

„Aber keine Sorge", Sören hatte nun das Wort ergriffen, „Wir werden langsam anfangen."

„Oje", murmelte Luzi zu sich selber, doch sein Ehemann hatte ihn trotzdem gehört und nahm kurz seine Hand. So gut das eben ging, wenn man Rücken an Rücken saß.

„Wir haben es ja bald geschafft", tuschelte Alea. Ihm reichte es auch langsam. Sie hatten sich heute mehrfach zum Deppen gemacht, aber auch ihre Gäste waren bei den Spielen nicht zu kurz gekommen. Im Grunde hatte jeder sich heute mindestens einmal blamiert und Alles war aufgezeichnet. Da hatte Frank mal wieder tolles Erpressungsmaterial, der Schuft. Aber er würde auch noch sein Fett wegkriegen, auch wenn der blonde Sänger selbst dafür sorgen musste. Besonders weil der Asiate so einiges an altem Videomaterial aus seinen Archiven heraus gekramt hatte und Vieles auf der Feier gezeigt worden war. Darunter auch die ‚Aufweckaktion', bei der sie ihn in Luzis Wohnung mit kaltem Wasser geweckt hatten, kurz nach dem er und Luzi sich nach dem Streit wieder versöhnt hatten.

Dem Brautpaar wurde jeweils ein kleines, handliches und rundes Schild gegeben. Auf der einen Seite stand in großen, schwarzen Buchstaben: „Ich" und auf der anderen Seite, „Er." Spätestens jetzt wurde den beiden frisch Verheirateten klar, was ihnen wohl blühen würde.

„Meinst du es ist zu spät jetzt Reißaus zu nehmen?"

„Ich fürchte ja... Augen zu und durch, Kleiner. Das überstehen wir schon."

Währenddessen hatte ‚Das Niveau' den übrigen Gästen das Spiel erklärt und während Martin wohl den Kommentartor spielen würde, hielt Sören die Karten und grinste fies.

„Und denkt dran, die Schilder schön hoch halten", erinnerte Martin das Paar.

„Mensch Luzi, schau nicht so besorgt drein, ich hab doch gesagt, wir fangen ganz langsam und sachte an", stichelte Sören, als er kurz von den Karten aufsah. Prompt lief das L leicht rot an, ganz zur Belustigung der Anwesenden. „Also, wer von euch Beiden, macht mehr im Haushalt?"

Da war das Brautpaar sich einig, sie Beide stimmten für Luzi. „Oha. Mensch L, da machst du aber irgendetwas falsch, oder redet sich der gute Alea mit joggen raus?" wollte Martin wissen.

„Nee, aber den kannst du Nichts machen lassen", grinste der rothaarige Dudelsackspieler.

„Lässt Wasser anbrennen, ja?" er zwinkerte, „Ich versteh schon."

„Hey!" Alea fand das nicht ganz so witzig, aber er wurde prompt von Sören übergangen, der einfach die nächste Frage vorlas.

„Wer von euch kann besser singen?"

Zur Überraschung Aller, hielt Alea die „Er"- Seite hoch. „Das war unerwartet", Kommentator Martin war genauso baff wie die restlichen Gäste.

„Ich kann nicht singen."

„Doch. Und hättest du Gesangsunterricht, sogar um Welten besser, als ich."

„Das lässt sich ja austesten", mischte sich Lasterbalk ein. „Bei den nächsten Werbejingles, stellen wir Luzi OHNE Schalmei ans Mikro und schauen mal, was passiert."

„Rollentausch", warf Elsi ein. „Alea spielt und Luzi muss singen."

„Und wir schicken Jedem das Video", pflichtete nun auch Frank bei. Das hatte auch Jean sagen wollen, aber der hielt sich für den Moment erst einmal zurück.

„Man", Luzi klang verzweifelt, „das könnt ihr mir doch nicht antun."

„Können wir wohl. Und nun weiter... Wer von euch Beiden ist der größere Morgenmuffel?"

Die Antwort war eindeutig Luzi. War aber auch kein Geheimnis, jedenfalls nicht unter den Leuten, die das kleinste Mitglied der Band kannten.

„Wer von euch ist vergesslicher?"Sören hob eine Augenbraue.

Alea biss sich auf die Unterlippe, aber er gab zu, dass diese Aussage auf ihn zutraf. Luzi stimmte ihm zu.

„Ah, jetzt weiß ich auch, warum er Lasterbalk als Trauzeugen gewählt hat, sonst hätte er noch seine eigene Hochzeit vergessen", lachte Martin.

„Oder seinen Kopf", ergänzte Sören und nahm die nächste Karte zur Hand, während die Gäste sich köstlich amüsierten, was auch an dem Alkoholkonsum lag. Immerhin war dies eine Spielmannshochzeit, da floss so Einiges. „Wer von euch hat den größeren Dickschädel?"

Hier war sich das Brautpaar nicht einig, sie beide hielten die „Er"- Seite hoch.

„Hallo?" Alea hatte sich umgedreht. „Gar nicht."

„Natürlich", erwiderte Luzi. „Oder soll ich dich an die Aktion von vor drei Wochen erinnern?" Er hatte eine herausfordernde Augenbraue gehoben.

Prompt wurde Alea blass um die Nase, seine Augen weiteten sich und er schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nein... du hast recht." Zufrieden drehte das L sich wieder auf seinem Stuhl um.

„Jetzt hast du uns aber neugierig gemacht, L."

„Sorry Martin, das ist mein Druckmittel, wenn ich es euch erzähle, habe ich Keins mehr."

„Das glaube ich zwar nicht, aber wir lassen das jetzt einfach mal so stehen."

„So... wer hat bei euch zu Hause die Hosen an?" Er runzelte die Stirn. „Die Frage ist überflüssig, wir wissen Alle, dass es Luzi ist."

Die Saltaten bejahten lautstark Sörens Aussage und klatschten begeistert. Alea fand das nicht so lustig, und schmollte erst einmal eine Runde. Luzi hingegen nickte zustimmend und tauschte ein belustigtes Grinsen mit Jean, der sich vor Lachen kaum noch auf dem Stuhl halten konnte.

„Was ist die nächste Frage?" rief Eric von seinem Platz auf der Bühne. Die Band wollte wieder zurück auf ihre Plätze, nur wegen des Alkohols natürlich. Es war aber ein schlechter Service hier.

„Ja, Moment. Lasst uns das doch erst mal auskosten", Sören machte eine beschwichtigende Handbewegung, sah aber ein, dass sie sich beeilen sollten. Er wollte schließlich auch wieder an sein Bier. „Ehm... wer ist schneller beleidigt?"

„Also ich glaube, die Frage hat sich auch gerade erledigt", kommentierte Martin und gestikulierte zu Alea, der immer noch am Schmollen war und nun auch finster drein sah.

„Ach, wie schön. Dann kommen wir jetzt zu den wirklich interessanten Fragen!"

Luzi hatte plötzlich das Verlangen aufzuspringen und so schnell und weit wegzurennen, wie nur irgendwie möglich. Aber er konnte seinen Liebsten ja auch nicht allein zurücklassen, oder? Das käme schon irgendwie komisch. Immerhin, war das hier ihre Hochzeit...

Auf Ewig VereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt