16. Ein jedes Sandkorn ist ein Traum

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Entgegen aller Erwartungen, war Jenny nach dem doch recht langen Spaziergang – sie hatte zwischendurch Luzis Hand gegriffen, war dann zu Alea gewechselt und hatte zwischendurch auch die Hände von beiden Spielleuten festgehalten – immer noch nicht müde. Ganz im Gegenteil. Sie sprang wild wie ein Flummi hin und her und Luzi hatte ein wenig Mühe, ihr die Schuhe auszuziehen. Alea war auch keine große Hilfe, er besah sich lachend das amüsante Schauspiel.

„Jenny", tadelte Luzi, aber mit ruhiger und sanfter Stimme, „halt doch mal kurz still."

Sie tat wie ihr geheißen, dennoch vibrierte sie förmlich und kaum hatte sie sich der Schnürschuhe entledigt – Schleifen konnte sie weder binden noch lösen – rannte sie wieder in der Wohnung hin und her.

„Duuuu? Tante Luzi?"

„Ja, Maus?" er stand noch immer auf dem kleinen Gang, der die Wohnung trennte. Nach rechts ging es zum Bad, Schlaf- und Gästezimmer. Nach links ging es dann ins Wohnzimmer, in die Küche und obendrein gab es auch noch eine kleine Abstell- beziehungsweise Alea benutzte sie als Speisekammer.

„Ich hab gaaanz fleißig geübt, wie du es gesagt hast."

„Echt?" er bemühte sich überrascht und zugleich lobend zu klingen. Rebecca hatte sie schon vorgewarnt.

„Willst du es hören?" fragte sie begeistert. Sie sprang vor ihm auf und ab und klatschte dabei in die Hände.

„Na klar", antwortete Luzi und nahm dann, auf ihren Geheiß hin, auf dem Sofa neben Alea Platz, der einen Arm um seine Schulter legte.

„Oje", lachte der Sänger.

„Denk dran, wir sind es selber schuld", lachte der Rotschopf, gerade als die Blondine mit ihrer Blockflöte angelaufen kam und sich vor ihnen hinstellte. Erwartungsvoll sahen die beiden Spielmänner auf das Mädchen und hörten aufmerksam zu, als die ersten Töne erklangen.

Sie waren Beide überrascht. Entweder Jenny war ein Naturtalent, oder aber sie hatte wirklich stundenlang geübt, denn es klang schon wirklich gut, was sie da fabrizierte. Hier und da hatte sich natürlich ein kleiner Fehler eingeschlichen und bei manchen Griffen hatte sie noch so ihre Probleme, aber das war ja klar, sie fing ja gerade erst an.

„Klasse!" die Verlobten klatschten und jubelten und fingen die stürmische Blondine auf, als die sich auf sie stürzte.

„Da hast du aber wirklich sehr fleißig geübt", lobte nun auch Luzi, dem sofort ein Strahlen geschenkt wurde.

„Und was nun?" wollte sie dann nach einer Zeit der Stille wissen, in der sie das Lob und die Aufmerksamkeit genossen und mit den beiden Männern gekuschelt hatte..

„Nun", begann Luzi und schnappte sich die Kleine, die lachte, als sie in die Luft geworfen wurde, um dann wieder aufgefangen zu werden, „koche ich uns was Leckeres. Willst du mir helfen?"

„Au ja."

„Ich komme auch mit", schaltete Alea sich ein. Schließlich wollte er nicht untätig daneben sitzen und bei Kindern in der Küche war es immer besser, wenn man ein Augenpaar mehr hatte.

Am Ende des Tages ließen sich Luzi und Alea müde auf die Couch fallen. Jenny war wirklich aufgedreht gewesen. Kein Wunder, schließlich war sie das erste Mal alleine bei ihrem Onkel und dann war auch noch „Tante Luzi" dabei gewesen. Trotzdem, die beiden Spielmänner waren mindestens genauso fertig wie die kleine Blondine, die bereits in ihrem Bett im Gästezimmer war und friedlich schlief. Auch den beiden Katzen war es nicht besser ergangen. Sie hatten auch ausgiebig mit dem Wildfang gespielt, getobt und gekuschelt, aber auch sie wollten jetzt einfach ihre Ruhe haben. Muffi hatte sich auf den Kratzbaum geflüchtet und Maia in einen Schuhkarton, der noch in einer Ecke gestanden hatte.

„Und was machen wir zwei Hübschen noch?" wollte Alea wissen.

„Entspannen", sagte Luzi. Er hatte es sich auf dem Schoß seines Lieblingsmenschen bequem gemacht, der sich nun auf die Couch legte und das Kleine L mit sich zog. So lagen sie nun da und schauten gemeinsam einen Film, der im Fernseher lief. Irgendein Action Film von der Stange, wo man noch nicht einmal richtig aufpassen musste. Die Story stand eh im Hintergrund, viel wichtiger waren die zahlreichen Explosionen und Actionszenen. Aber passte schon, zumal sie sowieso schon Beide leicht am Wegdösen waren, jedenfalls bis kleine, nackte Füße auf dem hölzernen Parkettbode im Flur klatschten.

„Jenny?" verdutzt hob Alea seinen Kopf und stupste damit auch das L wach, der tatsächlich auf ihm eingeschlafen war und sein T-Shirt leicht angesabbert hatte. „Was machst du denn aus dem Bett? Du sollst doch schlafen."

Die Kleine schniefte und hielt ihren Kuchelteddy, der mit den roten Haaren, fest umklammert. „Ich hatte einen Albtraum", schluchzte sie und Tränen kullerten ihre Wangen hinab. „Darf ich heute bei euch schlafen?"

Die beiden Spielmänner tauschten einen Blick. Schließlich war es Luzi der seufzte und sich als Erster erhob. „Aber nur heute", sagte er und nahm die nickende Kleine auf den Arm.

Zusammen mit ihr, schritt er bereits in das Schlafzimmer, dass er mit Alea teilte und legte seinen Schützling in die Mitte und deckte sie zu, bevor er ebenfalls unter die Decke schlüpfte. Alea machte währenddessen noch ein wenig klar Schiff im Wohnzimmer und überprüfte, ob Wohnungstür und Fenster abgeschlossen waren.

„Was hast du denn geträumt?" wollte das L wissen. Bei Alea hatte Reden geholfen, er hoffte, dass das hier auch der Fall sein würde.

Und so begann Jenny ihre Geschichte, von unheimlichen Monstern, die sich unter Betten und in Schränken versteckten und im Dunkeln warteten, bis ihre Opfer schliefen. Luzi hörte aufmerksam zu, während das Mädchen sich immer weiter in seine Brust kuschelte. Als sie schließlich geendet hatte, begann Luzi zu erzählen, er war nämlich der festen Überzeugung, dass sie die Geschichte nur nicht zu Ende geträumt hatten. So erzählte er von einem tapferen Recken, der sich als Teddybär tarnte und die junge Prinzessin beschützte, wenn die Monster sich aus ihrem Versteck trauten.

Gespannt hörte die Kleine ihm zu und sie entspannte sich mit jedem Wort, dass er dazu dichtete und irgendwann, es hatte nicht sehr lange gedauert, hatte die Blondine ihre müden Äuglein geschlossen und war wieder fest eingeschlafen, immer noch an Luzi gekuschelt und mit einem großen Lächeln im Gesicht und ihren Teddy, den sie Robin getauft hatte, fest im Arm.

Erleichtert konnte der Dudelsackspieler aufatmen. Seinen Arm legte er schützend um das schlafende Mädchen und nun trat auch Alea in das Zimmer. Auf leisen Sohlen schlich er zum Bett und legte sich auf seine Seite. Er drehte sich mit dem Gesicht zu Luzi und – ein wenig umständlich – legte seinen Arm über Jenny und seine Hand an Luzis Hüfte.

„Alles gut?" wollte Alea wissen.

„Ja, hab aus ihrem Albtraum eine Geschichte mit Happy End gemacht."

„Hab ich gehört", grinste Alea.

Der Rotschopf schnaubte nur zur Antwort.

„Schlaf gut", murmelte er und über die Schlafende hinweg, gaben sie sich einen Kuss, wie sie es jede Nacht taten.

„Du auch, Bärchen", antwortete Luzi. Den Spitznamen benutzte er dabei bewusst und mit Absicht. Immerhin passte Alea ja auch auf ihn auf und hatte ihn sogar schon mal vor Daniel gerettet. Ja, der Sänger war SEIN tapferer Recke.

Auf Ewig VereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt