6. Hoch die Tassen

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Das Mikrophon des Sängers klapperte hallend zu Boden, als Alea es achtlos ablegte, um die Schachtel ordentlich halten zu können. Wäre Lasterbalks Fuß nicht gewesen, wäre das Mikrophon wohl die Bühne hinuntergerollt. Inzwischen hatte Alea es auch geschafft, die Box zu öffnen und er präsentierte seinem Freund nun einen schlichten, silbernen Ring.

Lange hatte er überlegt, was er seinem L denn für einen Ring schenken wollte. Es sollte nicht zu kitschig sein und er wollte Silber, das stand schon mal fest. Er war dann – nachdem er ein Fachgeschäft aufgesucht und sich von der Verkäuferin hatte beraten lassen –doch recht schnell fündig geworden.

Luzi rang verzweifelt nach Worten, die einfach nicht kommen wollten. Er war zu baff und überrascht für eine Antwort, in seinem Gehirn war Nichts, außer gähnender Leere. Er konnte den vor ihm knieenden Mann nur mit großen Augen anstarren. Luzi bekam noch nicht einmal mit, wie Elsi und Falk ihm seinen Dudelsack abnahmen und ihn beiseitelegten, sodass er die Arme frei hatte.

Auch sagte Niemand ein Wort, selbst die Fans und Zuschauer hielten gespannt den Atem an. Manche filmten zwar und machten Bilder, aber es war kein Ton zu hören. Alles wartete gespannt auf die Antwort des kleinen, überwältigten Ls.

„Luzi?" fragte Alea zaghaft, er hatte das Zögern in den geliebten Augen gesehen.

Das war Lasterbalks Stichwort, der sofort erkannt hatte, dass ihr Dudelzwerg überrumpelt war und einen Anstoß braucht, wortwörtlich. Also positionierte er sich etwas hinter den Rotschopf und stieß ihn von hinten an, mit den Worten: „Klapp den Mund zu und starr ihn nicht wie ein Auto an, sondern sag endlich was."

Luzi blinzelte, sah rasch zum Lästerlichen hoch, der ihn aufmunternd anlächelte und kaum merklich nickte, und dann wieder runter zu Alea. Nun da er aus seiner unfreiwilligen Starre erwacht war, konnte er den Hoffnungsschimmer in den dunkelbraunen Augen seines Geliebten sehen, doch war da auch Besorgnis und ein klein wenig Angst.

„J... ja", hauchte er und wiederholte dann mit fester und lauter Stimme: „Ja!"

Tränen des Glücks liefen die Wangen des Sängers hinunter, während er Luzi mit zittrigen Fingern, den Verlobungsring ansteckte. Kaum war das geschafft, erhob sich Alea und ein wenig ungestüm, zog er seinen Verlobten – es hörte sich zu schön an, um wahr zu sein – an sich und küsste ihn leidenschaftlich vor versammelter Mannschaft. Dies sollte wirklich keine Zweifel über den Stand ihrer Beziehung zurücklassen und jeden überzeugen, dass das hier nicht nur gespielt war.

Pfiffe und Jubelrufe ertönten, begleitet von einem ohrenbetäubenden Klatschen und dem Kreischen einzelner weiblicher Fans.

„Ich liebe dich", hauchte Alea gegen Luzis Lippen. Sie Beide bekamen von dem Trubel, der sich vor der Bühne abspielte, gar nichts mit. Zu sehr waren sie mit sich selbst beschäftigt in diesem Moment.

Auch Jean klatschte begeistert hinter seinem Schlagzeug, wie auch die restlichen Saltaten.

„Du verrückter Idiot", dem Kleinem L liefen ebenfalls einzelne Tränen die Wangen hinab, und doch wurde sein Gesicht von einem strahlenden Lächeln aufgehellt. „Ich dich doch auch." Und er verwickelte den Größeren in einen weiteren Kuss.

„Sänger, L... ihr wisst, dass das nur die Mittagsvorstellung ist, oder? Wir haben noch Kinder im Publikum", besorgt sah Lasterbalk zu dem Paar, die sich höchst widerwillig, aber immerhin lachend, voneinander lösten.

„Maaaan, nie hat man seine Ruhe", meckerte Alea und schmollte.

„Ihr seid ja nur neidisch", gab Luzi von sich .

„Neidisch? Niemals!" Frank schüttelte heftig den Kopf.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal irgendwann sagen würde, ABER", hier machte Lasterbalk eine dramatische Pause. Er war auf den Steg gelaufen und starrte durch die vorderen Zuschauerreihen, um deren Reaktionen zu sehen. Die Meisten waren positiv. „Es scheint fast so, als wäre das Einsame L nun nicht mehr einsam. Und das nach so vielen Jahren, ach... da geht mein Spielmannsherz auf, die Mühe hat sich gelohnt."

„Aber Lasterbalk... ich weiß nicht, mit wem ich mehr Mitleid haben soll. Mit dem nun nicht mehr Einsamen L oder mit unserem Sänger", gab Falk mit einem nachdenklichen Schmunzeln zum Besten.

„Das, werter Herr Mümmelstein, will ich nicht weiter ausdiskutieren."

„Doch, doch. Ich finde, dass ist wichtig", mischte sich Till ein.

„Ruhe Promill", Jean drohte ihm mit einem seiner Drum-Sticks und sofort duckte der Lockenkopf sich hinter Frank.

„Wir einigen uns einfach darauf, dass sie Beide schlimm und unerträglich sind."

„Das ist doch mal ein Wort", pflichtete der Bandpapa dem Drehleierspieler zu, der zufrieden nickte.

„Leute, Leute!" rief Elsi ganz aufgeregt. „Das schreit doch förmlich nach einer Spielmannshochzeit, mit ganz viel Alkohol, Musik und Tanzen."

Inzwischen waren die frisch Verlobten wieder auf ihre eigentlichen Plätze gegangen. Alea hatte das Mikro wieder vom Bühnenrand eingesammelt und Luzi seinen Dudelsack wieder geschultert.

„Und genau deswegen, spielen wir jetzt den Hochzeitstanz", da hatte Lasterbalk aber gut die Kurve gekriegt.

„Das wird aber nicht auf unserer Hochzeit gespielt", sagte Alea. Er mochte das Lied zwar, aber da es darin ja um Vergewaltigung und Mord ging, brauchte er es nicht unbedingt bei seiner eigenen Hochzeit.

Luzi stimme ihm auch sofort zu: „Auf keinen Fall!"

„Und keinen Jazz", kaum hatte der Bandpapa diese Worte ausgesprochen, bereute er es auch, denn sofort fingen Jean, Till und Frank an, genau das zu spielen. Ein entsetzter und leidender Aufschrei kam von Lasterbalk, der sich verzweifelt die Haare raufte und hilfesuchend in das Publikum blickte. Aber dort feierte man die inoffizielle Jazz-Kapelle.

„Oh mein Gott", krächzte der Lästerliche und blickte seinen Trommlerkollegen, der fies grinste, böse an. „Jetzt seid doch endlich still, wir müssen unseren Turteltauben doch noch Glückwünsche wünschen." Was ein Zungenbrecher und das schon zu so später Stunde, der Lästerliche war stolz auf sich selbst.

„Das können wir auch später noch in aller Ruhe tun", schaltete sich Frank ein, der viel zu viel Spaß daran hatte, den größeren Saltaten ein wenig zu quälen.

„Genau, nämlich dann, wenn wir darauf anstoßen", natürlich war Till sofort Feuer und Flamme und auch Elsi nickte begeistert.

„Das muss ordentlich gefeiert werden, in Spielmannsmanier!" nickte Falk, der sich ein wenig aufplusterte.

„Na ja... den Spielmannssegen habt ihr auf jeden Fall schon mal", gab Lasterbalk dann klein bei. Was sollte er auch sonst machen, gegen die vereinten Kräfte der restlichen Spielleute hatte selbst er keine Chance.

Alea war während der ‚Diskussion' wieder zu seinem Liebsten gewandert. „Siehst du, war doch gar nicht so schlimm", flüsterte er dem Kleineren ins Ohr, seine warme und immer noch leicht zitternde Hand legte sich auf Luzis Bauch.

„Der eigentliche Ansturm kommt ja noch..."

„Hör auf zu meckern, meine kleine Biene", schnell drückte er ihm noch einen Kuss auf die Wange – ganz zur Begeisterung der meisten Fans – und eilte dann wieder an seinen Platz. Die Jazzband hatte nämlich aufgehört zu spielen und Lasterbalk war ebenfalls wieder zum hinteren Teil der Bühne gewandert.

„Also, Hochzeitstanz... bitte schön." Und schon ging der Auftritt weiter, ohne weitere ungeplante Unterbrechungen und Überraschungen. Jedenfalls Keine, in dieser Größenordnung.

Auf Ewig VereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt