24. brennende Gamaschen

161 10 1
                                    

"Ich weiss, ich seh komisch aus" Sie macht eine kurze Pause, mustert mich und fährt dann mit einem breiten Grinsen fort: "Du aber auch!"

Dann höre ich Schritte. Sie sind leicht, aber hektisch und ich kann die Person tief ein- und ausatmen hören. Sie hält an meiner Box an. Michelle. Einen kurzen Augenblick mustert sie uns etwas abfällig, dann ändert sie ihren Blick aber sofort, als würde sie eine Maske aufsetzen, als sie bemerkt, wie ich sie fragend sansehe. Dann räuspert sie sich, sodass auch Mika sie bemerkt. Sie dreht sich um und sieht Michelle abwartend an.

"Ich wollte euch nicht stören, aber die hier braucht er. Zum Springen" Michelle macht eine kurze Pause, drückt Mika weisse knöchelförmige Dinger in die Hand und lächelt, "Das sind Gamaschen. Damit er sich nicht verletzt" Irgendetwas stimmt nicht, dass merke ich.

"Oh das wusste ich garnicht, danke... Dass du mir das sagst", entgegnet Mika langsam und deutlich verwirrt. Doch Michelle scheint das garnicht zu bemerken und fährt fort:"Kein Problem. Hab ich gerne gemacht. Und am Ende wollen wir alle ja nur das Beste für Kaltenbach." Sie lächelt mir und Mika zu, doch sie scheint irgendwie nervös. Mika scheint zu merken, dass ich der Situation hier nicht ganz traue, dreht sich kurz lächelnd zu mir um und meint dann wieder an Michelle gewandt:"Das freut mich, dass du das so siehst."

Doch Michelle wird immer nervöser und lächelt fast garnicht mehr. Sie wippt mit ihrem einen Bein etwas hin und her und bevor sie ist schon fast am Gehen, als sie noch Kurz ein "Ja, aber vergiss die Gamaschen nicht" antwortet. Dann ist sie verschwunden.

Ich wiehere einmal kurz auf, um Mika zu zeigen, dass sie mich wieder anschauen soll. Sie dreht sich wieder zu mir um und sieht mich an. Fragend und verwirrt sehe ich zurück. Sie räuspert sich. "Ja, das war wirklich komisch. Aber vielleicht wollte sie ja echt nur helfen." Ja klar. Bestimmt wollte sie nur helfen. Ich schnaube einmal, aber Mika legt mir ihre Hand an meinen Hals und schtreichelt ihn sanft. Dann raunt sie:"Jetzt komm. Gib ihr eine Chance. Für Kaltenbach. Hat sie ja schließlich selber gesagt!"

Und bevor ich noch irgendwas antworten oder machen kann, beugt sie sich schon nach unten, um mir die Gamaschen anzulegen. Doch sobald Mika die erste um meinen Knöchel gelegt und gebunden hat, fängt es an zu brennen. Erst ganz leicht, aber dann wird es immer stärker. Ich scharre ein paar mal kräftig mit dem Huf, obwohl ich weiss, dass es nichts bringt. Tut das immer so weh? Eigentlich sollten die doch nicht wehtun oder? Ich schnaube einmal nervös, in der Hoffnung, dass Mika mir diese Dinger wieder abnimmt. Doch sie streichelt mir nur behutsam über das andere Bin und legt mir die andere Gamasche an. Auch da beginnt es sofort wieder an, höllisch zu brennen.

Dann steigt sie auf, setzt sich in den Sattel, nimmt die Zügel in die Hand und reitet im Schritttempo nach draußen in den Innenhof, wo wir Sam vorfinden. Die Gamaschen hören nicht auf zu Brennen, es wird immer stärker, sodass ich irgendwann nicht mehr normal laufen kann. Ich tänzel neben Sam etwas auf der Stelle und schnaube immer mal wieder. Bitte Sam bemerke doch was!, ist der einzige Gedanke, der mir gerade durch den Kopf geht. Auch Mika scheint sich inzwischen etwas Sorgen zu machen, denn sie tätschelt mir immer wieder beruhigend auf den Hals und murmelt Sam auf seine Frage, ob denn alles okay sei, unsicher zu:"Nein, Ostwind. Er... Er ist irgendwie komisch. Als ob er nervös wäre, aber so hab ich ihn noch nie gesehen!"

Sam meint, schaue sich das sofort an, und geht darauf hin den Sattel und die Trense entlang, um zu prüfen, ob alles in Ordnung ist. Dann geht er runter zu meinen eingebundenen und höllisch brennenden Knöcheln und kontrolliert auch diese kurz, kann aber leider nichts entdecken.

Scheiße, tut das weh!

"Also mir fällt jetzt nichts auf, aber ich glaube, das sind die Nerven." Sam stützt die Hände in die Hüften. Dann werden wir allerdings von einer Durchsage unterbrochen, die Mika und mich daraufhinweist, dass wir bald dran sind. Die beiden umarmen sich noch ein letzten mal - soweit das auf einem Pferd geht - und wir traben zur Halle. Dort sehen wir gerade noch, wie Michelle ihren letzten Sprung macht, welchen sie aber nicht ganz perfekt hinterlegt, denn die Stange wackelt kurz, nachdem ihr Pferd mit den Hinterhufen hängengeblieben ist, aber sie fällt nicht runter. Dann hört man von der vollen Tribüne lautes Klatschen.

Moment - war klatschen schon immer so laut?

Michelle sieht uns im Vorbei reiten kurz mit einem undefinierbaren Blick an, als wir auch schon aufgerufen werden. Langsam schreiten wir in die Mitte des Platzes, um uns zu verbeugen. Aber ich will nicht anhalten, im Gehen tat es gerade nicht so weh. Ich fange wieder an zu tänzeln und bemerke, wie Mika unsicher zu Sam hinter sieht, welcher ihr jedoch nur lächelnd die nach oben gestreckten Daumen zeigt und das Tor schließt. Jetzt gibt es kein zurück mehr.

Komm, Ostwind. Reiß dich zusammen!

Dann ertönt ein Geräusch, welches uns zu verstehen gibt, dass wir den Parcours beginnen sollen. Also fange ich an zu traben und galoppiere auf das erste Hindernis zu. Dann springe ich ab. Noch nie habe ich in meinen Beinen einen so krassen Schmerz gespürt. Ich will kurz anhalten, aber Mika treibt mich weiter. Also springe ich auch mit innerlich schmerzverzerrtem Gesicht über das zweite Hindernis.

Ich blicke ängstlich zu Sam mit dem gleichen, bittenden Gedanken: Bitte Sam bemerke doch was! Und ich glaube, langsam scheint auch ihm aufzufallen, dass etwas nicht stimmt, denn er zieht verwirrt seine Augenbrauen zusammen und riecht an seinen Händen, mir denen er vorhin meine Gamaschen geprüft hat. Jetzt scheint er irgendetwas verstanden zu haben, denn er reißt seine Augen auf und versucht plötzlich ganz panisch das Tor zu öffnen und auf uns zu zulaufen. Ich wusste doch, dass etwas nicht stimmt!

Und gerade als ich mich über das nächste Hindernis zwingen will, ist es, als würde mein ganzer Körper versagen. Gerade als ich abspringen will, verlassen mich alle meine Muskeln und ich merke nurnoch, wie ich zur Seite weg- und über die Stangen falle. Mein Rücken wird leicht und ich bemerke, dass Mika aus dem Sattel gefallen ist.

Oh nein, bitte hat sie sich nicht wehgetan!

Doch darüber kann ich mir keine weiteren Gedanken mehr machen, denn im nächsten Moment zieht das komplette Publikum scharf die Luft ein, einige halten sich die Hand vor den Mund und reißen die Augen auf und ich krache direkt in das Hindernis hinein und spüre, wie sich das Holz der Stangen in meine Seite bohrt. Dann wird alles schwarz.
_______________________

Hallo ihr Lieben💗

Da bin ich wieder🙈 mit einem neuen, laaangenn Kapitel haha😂 ich hoffe natürlich, es gefällt euch und ihr fiebert mit😜

Ich hab jz ferien (seit einer Woche) und deshalb genügend Zeit, um Kapitel zu schreiben🌞 vielleicht kommt bald noch eins oder sogar mehrere, mal schauen😊💗

Euch auf jeden Fall noch einen schönen Tag und genießt das schöne Wetter💗

LG Helene🍒

Ostwind-Wieso versteht mich keiner?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt