Doch darüber kann ich mir keine weiteren Gedanken mehr machen, denn im nächsten Moment zieht das komplette Publikum scharf die Luft ein, einige halten sich die Hand vor den Mund und reißen die Augen auf und ich krache direkt in das Hindernis hinein und spüre, wie sich das Holz der Stangen in meine Seite bohrt. Dann wird alles schwarz.
Doch ich wache kurz darauf schon wieder auf und springe sofort wieder auf die Beine, was ich allerdings gleich wieder bereue, da ich die brennenden Gamaschen vergessen habe. Ich steige einmal vor Schmerzen und sehe zum Publikum. Es herrscht Panik. Aus des Augenwinkeln sehe ich Sam reglos auf dem Boden liegen. Oh nein. Er wird doch nicht etwa...?
Angst überfällt mich, weshalb ich aus Reflex die Vorderhufen in die Luft strecke und mich auf die Hinterbeine stelle. Ich wiehere einmal laut. Doch das hätte ich besser sein lassen sollen, denn die Schallwellen füllen die ganze Reithalle. Wo ist Mika? Ich will mich einmal um meine eigene Achse drehen, doch weit komme ich nicht, denn ein paar Leute vom Gestüt kommen auf mich zu und halten mich fest. Wieder bäume ich mich auf und versuche mich zu wehren, doch sie sind stärker. Einer zieht aggressiv an meinen bereits herunterhängenden Zügeln und gibt mir damit das unsanfte Zeichen, ich solle mich bewegen. Langsam gebe ich es auf mich zu wehren und trotte ihnen hinterher. Ein letztes mal blicke ich hinter mich, um noch einmal nach Mika zu suchen, doch sie ist wie von Erdboden verschluckt.
...
Als ich die Augen öffne, höre ich Schritte. Sie sind hektisch und laut, als würde jemand joggen gehen, aber mit Reitstiefeln. Ich weiche ein wenig von der Tür zurück. Unruhe breitet sich erneut in mir auf. Ich scharre ein paar mal im Stroh mit den Hufen und wippe leicht mit dem Kopf.
Gerade, als ich meinen Mut zusammen nehmen will, sehe ich plötzlich einen roten geflochtenen Zopf hinter der Wand hervorkommen sehe. Mika! Im nächsten Moment wendet sie mir auch ihr hübsches Gesicht und ihre wunderschönen grünen Augen zu. Sie lächelt mich an, doch das Lächeln erreicht ihre Augen nicht. „Komm, schnell, wir müssen uns beeilen!" Mir fällt auf, dass sie ihren Turnieranzug nicht mehr trägt, sondern ihre normalen Klamotten, nur die braunen Reitstiefel hat sie noch an. Was hat sie vor? „Tut mir Leid, Ostwind, aber wir haben keine Zeit zum Erklären. Der Ungar ist da und will dich holen!", antwortet sie mir auf meinen Gedanken. Der letzte Satz hallt durch meine Ohren. Der Ungar.
Fast schon panisch versucht Mika die Riegel meiner verschlossenen Boxtüre zu öffnen, während sie immer wieder hinter sich schaut, um zu kontrollieren, ob die Luft noch rein ist. Plötzlich hämmert Mika mit der Faust ein paar mal wütend gegen die Tür und rüttelt an den Gitterstäben. „Die verdammte Tür klemmt!", ruft sie verzweifelt. Dann höre ich von Draußen eine Stimme: „Ja, Ostwind ist abholbereit. Er steht in einer der hinteren Boxen."
Die Zeit wird knapp.
Beruhigend schnaube ich ihr einmal zu. Sie soll es nochmal ruhig angehen, so funktioniert das nicht, so kann es nicht funktionieren. Sie bemerkt mein Zeichen und versteht es auch sofort. Sie atmet einmal tief ein- und aus, schüttelt einmal ihre Hände aus und probiert es nochmal. Dann ertönt ein kurzes *klick* und die Tür ist offen. Am Eingang höre ich einen Gehstock, welcher in Regelmäßigen Abständen laut auf den Boden klopft, in Folge von zwei schweren Schritten. Der Ungar. Und er kommt auf den Eingang zu.
Doch Mika scheint einen Plan zu haben. Sie führt mich fürsorglich aber schnell aus der Box und rät mir, hier kurz stehen zu bleiben und zu warten. Also mache ich das. Aber ich höre, wie die Schritte dem Eingang immer näher werden und der Ungar damit immer näher kommt, um mich zu holen. Verunsichert und leicht gestresst wiehere ich Mika einmal leise zu, mit der Aufforderung, sie soll bitte schneller machen. Ich luge durch die Gitterstäbe, um zu sehen, was sie da macht: Sie hat ihre Stiefel ausgezogen, in der Mitte der Box platziert und ist gerade dabei, ihre Turnschuhe anzuziehen. Dann dreht sie sich um, kommt aus der Box und steigt auf. Aber wie kommen wir hier raus? Schließlich ist der Ungar am Eingang. „Der Laden hat eine Hintertür. Schnell!"
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich galoppiere los, auf den Hintereingang zu. Gerade, als wir am Tor ankommen, höre ich noch aus dem Stall wie jemand wütend gegen eine Boxtür schlägt.
Wir haben es geschafft. Gerade so.
_______________Sooo, guys❤️
Das war mal wieder ein GRANDIOSES Kapitel von mir, höhö💗
#nowords
Liebe euch, helene💋
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Ostwind-Wieso versteht mich keiner?
FanficEin Film. Umgeschrieben in die Sicht eines wilden Pferdes. "Wieso versteht mich keiner?" Das fragt der Hengst sich jeden Tag. Doch dann lernt er ein Mädchen kennen, dass anders ist als andere. Und das auf eine ganz besondere Art... -- Cover by: Maj...