Urteil

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  Nachdem Frey die bittere Flüssigkeit geschluckt und die Ampulle an Sage weitergereicht hatte, hatte er nur noch wenig mitbekommen, bevor er zusammengebrochen war.
Offensichtlich hatte die Fee die Wirkung unterschätzt.

Frey hatte nur noch seinen Vater, seine Mutter und Rowan gesehen, bevor seine Beine nachgegeben hatten und er in die Arme seines ältesten Bruders gefallen war.


~**~



Wütend stapfte Rowan im Thronsaal auf und ab. Er konnte das alles einfach nicht glauben. Sein Vater hatte ihm versprochen, er würde seine Rache bekommen!
Und jetzt!

Gelassen saß Severin auf dem Thron und starrte belustigt auf seinen Sohn herab. Er verstand ihn. Dieser Mensch hatte ihm seine Flügel genommen, Frey hatte ihn im Stich gelassen und Sage hatte ihn gerade eben verprügelt, nachdem der dunkelblauhaarige versucht hatte, nach ihrem jüngsten zu treten, als dieser plötzlich auf dem Boden gelandet war.
Sage hatte es auf die Angst der jüngsten Fee geschoben.

,,Du hast gesagt ich dürfe den Mensch töten, für das was er mir angetan hat! Du hast es mir versprochen, Vater!", brüllte Rowan und machte ein paar Schritte auf den Thron seines Vaters zu.

,,Ich habe dir rein gar nichts versprochen, Rowan! Ich sagte ich denke darüber nach! Ich sagte vielleicht überlasse ich dir den Menschen! Das heißt weder nein, noch ja. Ich habe mich eben umentschieden! Der Mensch bleibt hier und solltest du auch nur daran denken, ihn anzurühren, dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass du die Finger von ihm lässt! Das ist ab jetzt Freys Sache und du wirst dich da nicht einmischen.", knurrte der Feenkönig und trommelte mit seinen Fingern auf der Thronlehne herum.
,,Und was ist mit dem Gesetz?!"
,,Ich bin der König! Ich bestimme was geschieht und was nicht. Das Gesetz ist für das Volk geschaffen, um zumindest einen Grundsatz zu haben, an den man sich hält. Und jetzt geh. Wir sehen uns dann beim Mittagessen."

Der Feenprinz konnte noch immer nicht glauben, was sein Vater da sprach. Er ließ einen Menschen hier wohnen, hatte Frey nach allem was er getan hatte verziehen und ihm seine Flügel gelassen.
Es war nicht so, dass Rowan seinen kleinen Bruder hasste, im Gegenteil, er liebte ihn.
Und er beneidete ihn.
Er konnte tun und lassen was er wollte, ohne jegliche Pflichten zu haben. Egal worauf er gerade Lust hatte, Frey wurde nicht daran gehindert es zu tun.

Er war so unschuldig und jung, sodass man ihn einfach lieben musste, man konnte nicht anders. Er musste nur ein paar Mal mit seinen Augen klimpern und jeder lag ihm zu Füßen.

Eine Weile lang starrte der Prinz wütend zu seinem Vater auf, welcher jedoch nur eine Augenbraue hob und tief einatmete.
,,Ich weiß, was dieser Mensch dir...", begann der König, doch wurde von seinem Sohn unterbrochen.

,,Gar nichts weißt du!", fauchte Rowan und stürmte wütend aus dem Saal.

Niemand wusste irgendetwas.


~**~




Als Frey zu sich kam, vernahm er gedämpfte Stimmen, die er noch nicht identifizieren konnte. Träge öffnete die Fee ihre Augen, schloss diese jedoch sofort wieder, da der Feenjunge von den Sonnenstrahlen geblendet wurde.

Er spürte wie jemand nach seiner Hand griff und etwas in ihm sagte dem Prinzen, dass es Ash war.

Frey öffnete ein weiteres Mal seine Augen und starrte in ein verschwommenes Gesicht.
Er blinzelte ein paar mal, bis die Sicht des Jungen endlich scharf wurde.
Es war wirklich Ash.
,,Du bist endlich aufgewacht.", stellte der junge Mann erleichtert fest und stricht dem Prinzen mit dem Finger über die Wange.
,,Wie lange hab ich geschlafen?", wollte die Fee flüsternd wissen und sah sich um. Er lag rücklings auf seinem Bett. Die Betten waren extra für Feen gemacht, sodass sie trotz Flügel auch rücklings schlafen konnten.
,,Ein paar Stunden.", antwortete Ash sofort und wandte sich um. Frey folgte seinem Blick und entdeckte Sage, der auf einem Stuhl neben den Türen saß.
Er schenkte ihm ein müdes Lächeln, was der dunkelgrünhaarige auch erwiderte.

,,Ich lasse euch beide alleine.", meinte der älteste der drei Prinzen und erhob sich, ehe er die Gemächer seines Bruders verließ.

Kaum hatte die andere Fee den Raum verlassen, viel Frey dem Menschen um den Hals und presste sich gegen den anderen Körper.
,,Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Ich dachte mein Vater würde dich umbringen! Warum haben sie dich aus der Zelle gelassen?", so viele Fragen sammelten sich in der jungen Fee und sprudelten regelrecht heraus.
,,Das dachte ich auch, aber, er hat sich umentschieden. Ich darf bleiben, lebend und bei dir. Offiziell bin ich jetzt dein Bediensteter.", leise lachend schlang der schwarzhaarige seine Arme um die Taille des Jungen und drückte ihn an sich.

Eine Weile lang, genossen die beiden nur die Nähe zueinander. Nach dem Kuss in den Kerkern war Frey sofort wieder gegangen, aus Angst, Ash könnte irgendetwas sagen, dass er nicht hören wollte.
,,Frey, wir müssen reden.", murmelte der schwarzhaarige und drückte den jüngeren sachte von sich.

,,Ich weiß. Wegen dem Kuss, hab ich recht.", der Mensch nickte leicht und stricht der Fee über die Wange.
,,Ich will wissen, was...das nun zwischen uns ist. Ich glaube nämlich, dass ich mich in dich verliebt habe.", es hatte den jungen Mann eine Menge Überwindung gekostet, diese Worte auszusprechen.

Viele Jahre hatte es für ihn keinerlei andere Gefühle gegeben als Schmerz und Kummer. Es hatte keinen Platz in seinem Leben gegeben für so etwas wie Liebe.
Aber jetzt....
Etwas in ihm hatte sich verändert. Schon als er Frey zum ersten mal in dessen Baumhaus gesehen hatte.

Die Wangen der Fee färbten sich rot, weshalb der Junge verlegen den Blick abwandte.
,,W...Wirklich?"
Unwohl kratzte sich Ash am Hinterkopf.
,,J..Ja. Ich denke schon...und was ist mit dir?"

,,Naja, irgendwie.....empfinde ich schon etwas länger etwas für dich. Ich wollte nur nicht unsere Freundschaft zerstören. Ich wollte dich nicht verlieren.", gestand Frey leise und setzte sich auf die Matratze.

Seine Flügel warfen durch die Sonnenstrahlen Schatten auf das Bett und ....
Seine Flügel!?

Ungläubig drehte der blauschwarzhaarige seinen Kopf herum und sah tatsächlich seine Flügel. Sein Vater hatte sich wirklich umentschieden!
Erst hatte Frey gedacht, als er Ash gesehen hatte, dass er nur hier sein durfte, weil sein Vater ihm die Flügel genommen hatte.

,,Ich habe meine Flügel noch!", flüsterte die Fee leise und grinste leicht.
,,Ich habe dir doch gesagt, dass dein Vater sich umentschieden hat. Ich habe inzwischen deine Mutter kennengelernt. Sie scheint eine sehr freundliche Fee zu sein.", meinte Ash und erhob sich.
Während der Feenjunge geschlafen hatte, hatte der Mensch das Bett nicht ein einziges Mal verlassen, deshalb sah er sich jetzt ein wenig um.

Die Gemächer des Feenprinzen waren wirklich groß und wunderschön. Überall schlängelten sich Pflanzen herum und alle Räume waren hell.
,,Darfst....du hier bei mir schlafen? Hat mein Vater dir das schon gesagt?"
,,Nein, hat er nicht....aber mir wurde kein Zimmer zugeteilt. Vielleicht darf ich wirklich bei dir bleiben.... Natürlich nur wenn das nicht zu überstürzt ist. Ich kann auf auf irgendeiner Couch schlafen, wenn es eine gibt.", fügte Ash noch schnell hinzu und sah wieder zu Frey, welcher langsam aufstand.
,,Ich bin froh, dass es dir gut geht, Ash. Ich dachte schon...mein Bruder würde sich um dich kümmern. Du darfst jetzt wirklich hier bleiben? Bei mir? Für immer?", der Junge schlang seine Arme um den schwarzhaarigen und lehnte seinen Kopf gegen dessen Brust.
,,J..Ja. Ich denke schon. Ich hoffe es.", gestand der Mensch und drückte den kleineren an sich.
,,Warum verbrennen sich Feen eigentlich an Eisen?", durchbrach der junge Mann schließlich die Stille zwischen den beiden und blickte neugierig auf den Jungen herab.

,,Ich weiß es nicht. Aber wir reagieren einfach allergisch auf Eisen. Es verbrennt uns und schält uns sogar das Fleisch von den Knochen. Ich habe mich auch schon oft gefragt, warum Eisen uns schadet.", antwortete Frey nachdenklich und runzelte die Stirn.

,,Ich will jetzt wirklich nicht unhöflich klingen, aber könnten wir eine Kleinigkeit essen? Ich habe seit Tagen kaum etwas gegessen.", lachte der Mensch leise und drückte die Fee sachte von sich.
,,Natürlich. Ich bin auch hungrig. Möchtest du hier in meinen Gemächern essen? Ich glaube das ist besser. Die Dienerschaft muss sich erst einmal damit auseinandersetzen, dass nun ein Mensch unter uns lebt. Ich bringe dir etwas. Warte du einfach hier. Sieh dich mal ein wenig um. Ich bin gleich wieder zurück.", damit huschte die Fee auch schon davon.

Ash sah dem Jungen noch hinterher.
Er hatte sich noch nie so wohl gefühlt, wie in der Nähe des jungen Prinzen. Der blauschwarzhaarige gab ihm das Gefühl gebraucht zu werden.

Einige Minuten später kam Frey zurück. Ash hatte sich die ganze Zeit über nicht von der Stelle gerührt.
,,Ist alles in Ordnung, Ash?", besorgt sah der kleinere der beiden zu dem jungen Mann, während er ein Tablett mit verschiedenen Früchten, Keksen und anderem Gebäck auf sein Bett stellte.
,,Ja. Natürlich. Ich habe nur gerade nachgedacht."
Nickend setzte sich Frey auf sein Bett und klopfte neben sich auf die Matratze damit Ash sich auch hinsetzte.

Blüten im WindWo Geschichten leben. Entdecke jetzt