16. Kapitel

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Nein! Das darf einfach nicht wahr sein. Sofort kullern mir die Tränen über die Wangen. Ich glaube, ich habe noch nie so viel an einem Tag geweint.

"Wie schlimm ist es denn bis jetzt? Ich meine, wie hoch ist die Chance, dass er die Krankheit überwindet?" schluchze ich. "Wie gesagt, es ist alles noch nicht ganz sicher. Zuerst müssen wir ihm Knochenmark entnehmen. Meinst du, es wäre geschickter ihm einen anderen Grund zu nennen, oder sollen wir ihm von dem Verdacht erzählen?" Fragt er mich.

Das ist ne gute Frage. Liam hat sich in letzter Zeit so verändert. Er ist gefühlte drei Jahre gealtert in der letzten Woche. Würde er große Angst vor der Krankheit haben? Würde er es gelassen nehmen, so wie Moms Tod? Wie würde er reagieren?

"Also wir haben hier die Standart Ausrede, die wir immer bei den Kindern benutzen, die es nicht wissen sollen. Die ist, dass das Blut in im Rücken anders ist und wir dieses abnehmen müssen. Allerdings sind dies höllische Schmerzen. Was halten Sie von dieser Ausrede?"

"Hm, ich weiß nicht. Aber mir fällt auch nichts besseres ein. Ich hätte allerdings noch eine Frage." Der Doktor nickt mir aufmunternd zu. "Wenn Liam wirklich Leukämie hat, darf ich es ihm dann sagen und erklären? Ich weiß, normaler Weise möchte man das eher nicht selbst machen, aber mir ist das sehr wichtig." erkläre ich. "Natürlich dürfen Sie das, wenn sie wollen. Möchten sie Liam eben holen?" Ich nicke und gehe zum Spielraum.

° ° °

Liam hat das Knochenmarkentnehmen gut überstanden. Er hat viel geweint, doch ich bin stolz auf ihn.

Meine größte Sorge jedoch ist, ihn auch noch zu verlieren. Ich kann doch nicht einfach jeden Menschen, der mir etwas bedeutet verlieren.

"Was ist, Chloe?" Fragt Liam plötzlich. Ich beuge mich zu ihm und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. "Nichts, mein kleiner. Ich habe nur an Dad gedacht." Das stimmt nicht. Aber die Wahrheit darf er nicht wissen. "Das glaube ich dir nicht." " Warum glaubst du mir das nicht?" Ich bin erstaunt. "Immer wenn du an Dad denkst, guckst du wütend und ballst die Fäuste, aber du hast traurig geguckt. Hast du an Mom gedacht?" Er drückt meine Hand. Es ist ein schwacher Händedruck, da er noch so schwach ist.

"Ja, du hast recht. Immer wenn ich im Krankenhaus bin, muss ich daran denken, wie ich sie immer besucht habe im Krankenhaus." Nun kennen die Tränen keinen Halt mehr. Allerdings diesmal nicht nur bei mir, denn Liam weint auch.

"Weißt du, wie sehr ich dich darum beneide, dass du Mom noch kennengelernt hast? Ich würde auch so gerne eine Erinnerung an sie haben. Irgendeinen Gegenstand oder einfach ein Abenteuer, dass ich mit ihr erlebt habe. Ich möchte einfach eine Mom UND eine Schwester haben." Schluchzt er.

Darüber hab ich nie nachgedacht. Immer habr ICH ihn dafür beneidet, dass er nicht traurig sein muss, da er Mom nicht richtig kannte.

"Weißt du Liam, du hast doch eine Mom und eine Schwester. Du kannst sie nur nicht alle auf einmal haben. Irgendwann werden wir uns alle im Himmel treffen und eine glückliche Familie sein, aber bis dahin sind wir noch auf uns allein gestellt. Aber Mom passt immer von dort oben auf uns auf." Ich zeige nach oben.

Die Tür geht auf.

Liams Sicht

Die Tür geht auf und Doktor Sullivan kommt herein.

Gerade denke ich mich über Chloes Worte nach. Sie hat ja Recht. Aber ich hätte so gerne eine Mom, der ich immer alles erzählen kann. Ich würde ihr so gerne Samantha vorstellen.

Ich sehe wie der Doktor Chloe zunickt. Sofort kullern ihr die Tränen die Wangen herunter und sie umarmt mich. "Sei stark, Liam. Sei stark." Flüstert sie mir eindringlich zu. Was meint sie nur?

"Deine Schwester hat darum gebeten, die selbst erklären zu dürfen, warum sie jetzt gerade weint" erklärt er. Sofort sehe ich zu Chloe, die in diesem Moment so aussieht, als ob sie ihre Entscheidung gerade zutiefst bereut.

"Weißt du noch, was ich dir gesagt habe, warum Mom gehen musste?" Ich nicke. Sie hatte Krebs. "Liam. Du hast ebenfalls Krebs. Beziehungsweise Blutkrebs. Man nennt das Leukämie. Das heißt, dass dein Blut sozusagen 'kaputt' ist. Man kann diese Krankheit mit einer, beziehungsweise mehreren, Chemotherapien behandeln. Diese sind allerdings nicht sehr angenehm und dir wird es auch zwischenzeitlich sehr schlecht gehen, aber das liegt dann nur an den Medikamenten."

Das waren viele Informationen für mich. Doch in meinem Kopf schwirrt nur eine Frage herum.

"Kann man daran sterben?"

Chloe und Doktor Sullivan nicken betroffen.

♡Danke fürs Lesen♡

Bevor ich gehe...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt