I Was Here

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"I was here... I lived, I loved. I was here!"

[AVA]

Der Schuss hallt durch die Unterführung, prallt an den feuchten, mit Moos bewachsenen Steinen ab und dringt in meine Ohren. In meinen Verstand. In mein Herz. Blut spritzt und besudelt Death, der den Abzug betätigt hat. Ich schreie sackend zusammen, werde von diesem Typen gehalten und kann nicht aufhören zu weinen. Devons Augen weiten sich, sind auf mich gerichtet, als er zu Boden fällt und mit dem Kopf aufschlägt, aus deren Schusswunde massenhaft Blut quillt. „Nein...", flüstere ich verzweifelt und mein Herz setzt solange aus, bis ich das Gefühl habe das Bewusstsein zu verlieren. Doch die Ohnmacht will und will nicht kommen.

„Mörder!", schreie ich und fixiere Devons Vater mit meinem Blick. Doch er scheint keine Reue, keine Schuld zu zeigen. Nur Kälte. Alles an ihm ist kalt, seine Seele, sein Herz, sein Verstand. Einfach alles. Devons Körper liegt reglos da und das Blut, sein Blut, bahnt sich einen Weg über den Boden. Zu mir. Ich will zurückweichen, doch der Typ ist wie ein Felsbrocken, er bewegt sich keinen Millimeter. Wieder beginne ich zu schreien, zu schluchzen und das, bis meine Kehle wie Feuer brennt.

„Halt deine verdammte Klappe!", knurrt Devons Vater und kommt auf mich zu. Ich schaue ihn voller Angst an, auch wenn ich das nicht will. Ich darf keine Angst zeigen und doch hat sie sich über mich gelegt, wie eine zweite Haut. Aber ich muss sie überwinden, sie irgendwie abschütteln. Also ist meine einzige Antwort darauf, dass ich ihm mitten ins Gesicht spucke. Und zwar zielsicher. Angeekelt verzieht der Mann das Gesicht und wischt sich meine Spucke langsam weg, schüttelt dabei seine Hand, sodass Speichelfäden durch die Luft fliegen.

„Sie sind ein Mörder! Ein Monster!", schreie ich, beginne zu lachen und wieder zu schluchzen. Alles auf einmal. Ich habe das Gefühl den Verstand zu verlieren. „Vielleicht bin ich das, Kleines, aber ich bin am Leben. Im Gegensatz zu dem da", beinahe angewidert deutet er auf Devons leblosen Körper. Ich will nicht hinschauen, doch ich kann nicht. Und als ich den Blick auf das Blut richte, welches unter seinem Kopf eine grosse, dickliche Lache gebildet hat, steigt die Übelkeit meine Kehle hoch. Ich würge und kann nur noch den Kopf drehen, schon übergebe ich mich, würge alles aus meinem Magen, was noch drin war.

Der Typ, der mich die ganze Zeit festgehalten hat, lässt mich augenblicklich los. Geschwächt sacke ich zu Boden und knie vor meinem Erbrochenem, das nur aus Galle und Magensäure besteht. Ich wische mir über den Mund. Den Kopf gesenkt sitze ich da und spüre, wie mein Herz sich zu einem Klumpen Eis entwickelt. „Los gehen wir, bevor die Bullen auftauchen", meint Death kaltschnäuzig und bringt mich dazu den Kopf zu heben und ihm direkt in seine eiskalten Augen zu schauen. Mein Herz zieht sich auf schmerzhafte Weise zusammen. „Du!", zische ich, rapple mich auf und stürze mich auf ihn, kriege seine Jacke zu fassen. Doch mehr Schaden kann ich nicht anrichten, denn jemand tritt hinter mich und verpasst mir mit einem stumpfen Gegenstand einen Schlag gegen den Hinterkopf. Keuchend falle ich zu Boden, pralle unsanft auf der Seite auf und bleibe benommen liegen.

„Und was ist mit ihr?", wieder ist es Death. Dessen Stimmen mehr ein Knurren ist und mir eine Heidenangst einjagt. „Mach sie kalt, oder verfahr mit ihr wie du willst. Mir ist es egal, Hauptsache wir kommen schnell von hier weg", antwortet Devons Scheusal von Vater. Ich schlucke, sehe Sterne vor meinem Auge und höre ein Piepen im Ohr. Meine Augen fühlen sich schwer an, doch ich darf sie nicht schliessen. Also öffne ich sie flatternd und sehe zwei Füsse vor mir, die in schweren Stiefeln stecken.

„Death?", flüstere ich und will den Kopf heben, doch das fällt mir wahnsinnig schwer. Alles dreht sich und ich spüre, wie die Übelkeit in mir hochsteigt. Ich schlucke dagegen an, doch die Ohnmacht  greift nach mir. Ihre dünnen, knorrigen Finger strecken sich nach mir aus, um mich zu packen und mit in den Abgrund zu ziehen. „Schlaf schön, Ava", höre ich ihn spotten und nehme noch wahr, wie er den Fuss hebt und nach mir tritt. Der Schmerz pulsiert durch meinen Körper, lässt ihn durchschütteln und dann, dann ist alles schwarz.

Schemenhafte Bilder ziehen an mir vorbei, Bilder die mich verfolgen, mich durch die Nacht hetzen lassen. Bilder, die scheusslicher und bestialischer nicht hätten sein können.

„Devon!", schreie ich und öffne die Augen. Dunkelheit umgibt mich, mein Kopf fühlt sich wie nach einer durchzechten Nacht an. Heftige Kopfschmerzen, die bis in den Kiefer ausstrahlen lassen mich an die Stirn fassen, als ich mich langsam aufrichte. Oder ich versuche es zumindest, denn alles dreht sich und mir wird schlecht. Ich spucke auf den Boden und presse die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.

Meine Augen fühlen sich noch immer schwer an, doch ich habe mich wenigstens soweit an die Dunkelheit gewöhnt, dass ich mich etwas besser zu recht finde. Als ich etwas auf dem Boden liegen sehe, beginnt mein Herz zu rasen und ich krieche augenblicklich auf allen Vieren über den Boden. „Devon?", flüstere ich und strecke zögerlich meine Hand aus. Denn eigentlich weiss ich, dass er tot ist. Erschossen von seinem besten Freund, den er einst seinen Bruder genannt hat.

„Devon?", meine Stimme zittert und als ich ihn berühre, ich glaube an der Schulter, zucke ich wimmernd zurück. „Nein!", schreie ich, denn die Kälte seines Körpers, schleicht sich in meinen, als würde sie mich ebenfalls töten wollen. „Du kannst mich nicht alleine lassen...bitte...wach auf", flüstere ich, wische mir mit der Hand übers Gesicht und weiss nicht was ich tun, geschweige denn fühlen soll. In mir ist alles offen, als hätte jemand riesige Glasscherben in meinen Körper gesteckt und die Spitzen reissen alles auf. Jedes noch so kleine Gefäss, jedes noch so wichtige Organ, alles blutet, ist zerfetzt und wird nie wieder heilen.

Das weiss ich, denn ohne Devon ist mein Leben wertlos.

Ich könnte also seine Waffe nehmen und mich jetzt und hier erschiessen. Denn allein kann ich nicht leben, geschweige denn überleben. Ich will ihn berühren, doch die Kälte die von ihm ausgeht, hält mich davon ab. Also streichle ich über sein Haar und hauche darauf einen Kuss, ignoriere dabei das Blut, das über seine Schläfe geflossen und bereits geronnen ist. „Ich liebe dich, für immer", flüstere ich und will aufstehen, da entdecke ich sein Handy. Es ist noch intakt, also hebe ich es auf und verlasse die Unterführung.

Ich nehme um mich herum nichts wahr, keine Menschen, keine Geräusche, nicht einmal meinen eigenen Herzschlag. Ich fühle mich wie betäubt, als wäre ich gelähmt und das bin ich auch. Vielleicht für immer. Als ich wieder Empfang habe, wähle ich die Nummer der Polizei und bleibe in der finsteren Nacht stehen. Es regnet und meine Haare kleben bereits an meinem Kopf, ein kühler Windstoss erfasst mein Gesicht und der salzige Geruch des Lake Michigan steigt mir in die Nase.

Ich streiche mein Haar aus dem Gesicht, als das Freizeichen erklingt und halte den Atem an, als ich eine Stimme höre. „Hier ist die Polizei, wie kann ich helfen?" Ich kriege keinen vernünftigen Satz heraus, denn mein Mund ist wie zugeklebt. „Hallo? Geht es Ihnen gut? Brauchen Sie Hilfe?", fragt die Frau nach. Ich muss antworten, kann Devon da nicht liegen lassen. „Am Hafen, bei der Unterführung, wurde jemand angeschossen. Ich glaube er ist tot", sage ich und fasse mir an den Kopf.

Denn es laut aus zu sprechen, macht es so verdammt real. Die Kälte, diese verdammte Kälte an meinen Fingern... Ich lasse das Handy einfach liegen, höre die blecherne Stimme am anderen Ende der Leitung und kann nur hoffen, dass sie ihn finden. Denn mich werden sie nicht finden, nie wieder. Denn egal wohin ich auch gehe, wohin ich mich auch wende, gibt es Tote. Meine Schwester war die Erste, Devon der Zweite und ein drittes Opfer darf es nicht geben. Niemals.

Ausser mich selbst.

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So, das war das Ende des ersten Teils. Wir hoffen, dass es euch gefallen, fasziniert und gefesselt hat. Wir würden uns über ein Gesamt-Feedback unserer Geschichte sehr freuen. Damit das Warten auf den zweiten Teil etwas schneller vergeht, findet ihr im nächsten Kapitel noch eine kleine Information bezüglich des zweiten Teils. Cover, Klappentext, Trailer, usw.

Wir danken euch für die Unterstützung, die ihr uns in all der Zeit habt zukommen lassen!

Eure
♛ChicagoQueens♛

♛Chicago Kings♛ - Du gehörst mir ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt