Das Bild allein reichte, um ihn zum Explodieren zu bringen.
Es reichte, um ins amerikanische Waffenlager marschieren zu wollen, und eine Atomrakete genau auf den Punkt abzufeuern, an den er Paul positionieren würde.Und doch genügte ein Blick in dieses Paar dunkler Augen, dass er einem anderen, stärkeren und seltsam gewaltfreien Impuls nachgab, von dem er noch nicht einmal gewusst hatte, dass er in ihm existierte.
Es war merkwürdig und etwas verstörend für ihn, als er Mia in die Arme nahm und eine alles verzehrende Ruhe in ihm einsetzte. Eine Ruhe, die sonst nur bei der, für ihn, therapeutischen Tätigkeit des Töten einsetzte. Das Gefühl der absoluten Stille, wenn er jemandem für immer den Herzschlag nahm und so, in guten Fällen, seinen Zielen einen Schritt näher kam.
Dass Mia dieses Gefühl in ihm auslösen konnte...
Es ließ ihn am ganzen Körper zittern, so aufregend war es.
Und gleichzeitig so... beängstigend. Er trat augenblicklich einen Schritt zurück. Mia sah ihn mindestens genauso geschockt an, wie er sich fühlte. Aber er ließ keine dieser Emotionen durch seine Fassade sickern. Seine Mimik blieb kalt, aber dennoch konnte er das leise Zucken seiner Mundwinkel in ihrer Gegenwart nie so richtig unterdrücken. "Du da", er schnippte in Richtung der anderen anwesenden Frau. "Bring meine Gattin schon mal ins Bad." Er küsste sanft ihre Stirn und flüsterte: "Ich werde so schnell wie möglich nachkommen."
Perplex ließ Mia sich von der anderen Frau wegführen, warf ihm aber im Gehen noch einen letzten Blick über die Schulter zu. Er saugte ihren Anblick in sich auf und speicherte sie in seiner inzwischen viel zu großen Bibliothek über sie in seinem Gedächtnis ab."Sir." Allistar war leise wie ein Schatten hinter ihn getreten. Die Tatsache, dass niemand ihn bemerkte oder sah, wenn er es nicht wollte, hatte Ethan dazu veranlasst, ihn zu seiner neuen Schwarzen Königin zu machen. Jayden war längst nicht mehr in der Lage gewesen, labil Entscheidungen zu treffen.
Jayden. Sein Blut fing vor Wut an zu kochen, bei dem Gedanken, was sie beinahe angerichtet hatte. Um sie müsste er sich auch noch kümmern, aber erst war Paul dran.
"Wie lange bleibt ihm noch?", fragte er Allistar, welcher vor seiner Zeit in seinem Team ein angesehener Militärarzt gewesen war. "Er verblutet, Sir. Wenn dies nicht gestoppt wird, wird ihm maximal eine halbe Stunde bleiben."
Er lächelte schadenfroh in sich hinein. Das würde reichen.
****
"Wieso habt ihr das getan?", fragte mich Jaswinda, sobald sie mich in das absolut traumhafteste Bad in der Geschichte der Menschheit geführt hatte. In solch einem Bad musste Kleopatra gebadet haben, zusammen mit Caesar. Dicke Mamorsäulen stützten die hohe Decke, die Fliesen waren zu einem komplizierten, wunderschönen Muster angelegt, welches man von Spiegeln an den Wänden betrachten konnte. Das Bad, oder wohl eher der Pool, nahm fast den gesamten Raum ein und verteilte überall leicht nach Rosen riechende Dampfschwaden.
"Miss?"
Jaswindas weit entfernte Stimme ließ mich den Kopf etwas aus den Wolken holen. "Wenn dir das nicht klar ist, dann fürchte ich, dass in deinem Leben etwas mächtig schiefgelaufen ist."
"Und in Eurem nicht?", fragte sie mich und half mir dabei, das weiße Kleid über den Kopf zu ziehen. Es loszuwerden fühlte sich wie der Himmel auf Erden an."Es war die Hölle, zumindest eine lange Zeit." Ich wusste nicht, weshalb ich ihr die Wahrheit sagte. Vielleicht, weil sie etwas Furchtbares durchlebt hatte, oder vielleicht, weil ich mir endlich die sechs Monate Koma abwaschen wollte.
"Wie seid ihr ihr entkommen?"
Jaswindas Stimme war ungefähr so verwischt wie der unherschwebende Dampf. Und genauso ließ sie mich auch zurück. Verwischt. Unsicher. Zwiegespalten.
Jemand hatte mich aus meiner Hölle befreit und hatte sich zu meiner neuen gemacht, mit ihm persönlich als den Teufel.Ich fasste mir an die Stirn.
Dort, wo ich noch den phantomartigen Druck von Ethans Lippen spüren konnte. Ich hatte das Gefühl, mit jedem neuen Mal, dem ich ihm gegenübertrat, wurde er sanfter. Nur um in nächsten Moment- Ein lautes, alles durchdringendes Brüllen erfasste den Raum- Ja, bevor er wieder so was tat. Ich wusste um seine agressive Natur, aber wie lange das gut gehen würde?Ich warf Jaswinda einen Blick über die Schulter zu. "Diesen einen Ausweg kannst nur du finden, Jaswinda."
Damit trat ich über den Rand und tauchte ins Bad ein. Es war tiefer als gedacht, ich brauchte ein bisschen, um die eingelassenen Steinliegen zu ertasten.
Mein Körper schmiegte sich perfekt an den Stein und das warme Wasser sorgte dafür, dass meine Muskeln sich lockerten und entspannten."Und was ist, wenn ich ihn nicht finde?" Die Frage war so leise gestellt, dass ich sie beinahe überhört hätte.
Ich wünschte, ich hätte sie ignorieren können. Lange Zeit hatte ich auch an dem Glauben festgehalten, dass es keinen Ausweg für mich gibt.Was wäre geschehen, wenn ich den White King nie auf diesem entdeckt hätte? Wäre ich dann ebenfalls immer noch in meiner Hölle gewesen? Bestimmt.
"Dann mach mich zu deinem Ausweg." Bevor ich intensiver darüber nachdenken konnte, waren die Worte schon raus.Jaswindas Gesicht erschien aus dem Dampf und sie sah mich aus ihren schokoladenbraunen Augen heraus ängstlich an.
Und plötzlich brach alles über mir zusammen. Die Augen! Ich wusste wieder, woher ich seine Augen kannte. Die Augen, die ich für den Bruchteil einer Sekunde für Hades' Augen gehalten hatte.
"Gabriel", flüsterte ich.
Meine Hand schnellte nach vorne und griff nach Jaswindas Arm. "Der Mann im Rollstuhl, wo ist er?!"Jaswinda blinzelte, reichte mir aber ohne zu zögern einen Bademantel und half mir aus dem Bad. "Master Lockheart sperrt ihn um diese Zeit immer in sein Zimmer ein", murmelte sie und band mir den Mantel vorne zu. Ich drückte dankbar ihre Hand und ließ sie vorausgehen.
Es war eine Schande, die Wege durch die sie mich führte, waren vollgestopft mit wertvollen Gegenständen, Kultur und Geschichte. Aber alles, was mein Gehirn in diesem Moment verarbeiten konnte, waren diese braunen Augen, die mein Leben für immer verändert hatten.
B
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Schachmatt #3 Das Spiel der Könige
RomanceKann man jemanden lieben, der bereits innerlich gestorben ist? Kann man jemanden lieben, der im Grunde seines Herzens Böse ist? Ich kann Ich tue es Die Frage ist nur, wie weit ich für ihn gehen würde, ohne mich selbst dabei zu verlieren. **** Ein...