Ethans Leute folgten mir. Ich konnte sie nicht sehen, aber ich wusste, dass sie da waren.
Ich hatte einen der vielen, umherirrenden Bediensteten, welche Fackeln entzündeten und noch mehr Kissen nach draußen trugen, darum gebeten Jaswinda zu holen. Ihr Gesichtsausdruck, kaum, dass sie bei mir ankam, sprach Bände. "Sie sind überall", teilte sie mir Stirnrunzelnd mit. "Was habt ihr getan, dass eine solche Überwachung notwendig ist."
Ich musterte sie beeindruckend von der Seite. "Ich bin erstaunt, dass du sie überhaupt ausmachen konntest." Jaswinda erwiderte meinen Blick. "Ich hatte keine ruhige Kindheit. Mein
Dorf ist vakant jeglicher geregelter Zivilisation, da entwickelt man einen Sinn für so etwas." Sie verstummt, als hörte sie ihre Worte erst, als sie bereits gesprochen waren. Ihre Augenbrauen zogen sich unwillig zusammen.Ich wollte fragen, aber es war deutlich, dass sie mehr Preis gegeben hatte, als es ihre Intention gewesen war. Des Weiteren würde ich mir morgen ohnehin selbst ein Bild machen, denn, egal wie der Tag heute noch enden mochte, morgen würde ich die Wüste durchqueren. "Hast du unseren Gast sicher untergebracht?", fragte ich, während ich die Blumen in einer der großen, ungleichmäßig verteilten Vasen, neu arangierte. Jede Sitzgruppe hatte mindestens zwei oder drei bei sich stehen und sorgten für ein angenehmes, blumiges Aroma.
"Ja, er befindet sich in der zweiten Bibliothek, im Gästeflügel. Ein komischer kleiner Mann", antwortete Jaswinad und verfolgte mit den Augen zwei Männer, die eines der vielen Feuerbecken zu nah an eine der Vasen stellte. "Das Feuerbecken sollte ein wenig weiter weg gestellt werden", rief ich ihnen zu. Die Männer zuckten überrascht zusammen, ließen die schwere, vergoldete Schale in der Größe eines Autoreifen beinahe fallen, fingen sich und warfen anschließend düstere Blicke in unsere Richtung. Als sie mich erkannten, erbleichten sie und machten sich eilig daran, meinen Worten Folge zu leisten. Ein ernüchterndes Gefühl überschwemmte mich. Seit ich den Garten betreten hatte, lag eine angespannte Atmosphäre in der Luft. Ob es nun das mächtige Volk im Saal und die einfachen Menschen hier draußen sind, dachte ich sarkastisch, die Art und Weise, wie sie mir gegenübertraten, war gleich.
"Ich habe gesehen, wie ein toter Körper hinausgetragen wurde", machte Jaswinda nach einiger Zeit erneut auf sich Aufmerksam, in der ich die Männer dabei beobachtete, wie sie das Feuerbecken in sicherer Entfernung zu den herausragenden Blumenstängeln aufstellten, einen Kanister zutage förderten, und den gesamten Inhalt in die Kule leerten. Bei Jaswindas Worten seufzte ich. Ich war nicht wirklich hier, um die Aufbauarbeiten zu beaufsichtigen, erinnerte ich mich. "Lass uns ein Stück gehen", sagte ich und streckte ihr meinen Arm hin. Die junge Frau zögerte, starrte auf meinen ausgestreckten Arm und war offensichtlich überfordert. Ich wartete geduldig, bis sie sich selbst vergewissert hatte, dass ich den Arm nicht wieder zurückziehen würde und sie sich bei mir eingehackt hatte. In einem gemächlichen Tempo fingen wir an, durch das geschäftige Treiben zu schländern, wobei ich scheinbar wahllos auf das Zentrum des ganzen zusteuerte, wo gerade ein ganzes Loch ausgehoben wurde, in dem augenscheinlich das größte Feuer entzündet werden sollte. Ich hätte mich wirklich mehr für dieses ganze drum herum interessieren sollen. Aber Ethan ließ mich keinen Finger rühren. "Hier dürften sie uns nicht hören", murmelte ich Jaswinda über den Lärm hinweg zu. Hier würden uns hoffentlich nicht mal Ethans beste Lauscher hören können. Wobei mir Lauscher nicht als die beste Umschreibung von Killern erschien.
"Ich muss ungesehen von hier weg, möglichst ein Ort, der unbewacht ist." Jaswinda stellte keine Fragen, sagte kein Wort, sie nickte einfach. Das schien ein Ding zwischen und mir zu werden. Das nächste, was ich mitbekam, war, wie plötzlich alles auf einmal geschah. Jaswinda zog mich mit sich nach rechts, nur ein kleiner Schritt, stieß dabei einer der Fackeln um, die widerum in eine der bereits gefüllten Schalen fiel und ein kurzzeitiges Inferno verursachte. Mit Grauen beobachtete ich, wie die Kleidung einer zu Nahe stehenden jungen Frau Feuer fing und sie daraufhin einen hohen, Ohrenbetäubenden Schrei ausließ. Das Chaos breitete sich wie ein Lauffeuer um sie herum aus und gab uns somit die Deckung, um die ich Jaswinda gebeten hatte. "Sie wird doch nicht-", fing ich an, wurde aber von meiner erschreckend zuverlässigen Mitstreiterin weitergezogen. "Hier stehen überall Feuerlöscher", sagte sie, derweil sie im Eilschritt inmitten des Chaoses eintauchte. Mich mitziehend. "Ich nehme an, dass ihr nicht viel Zeit habt, dass Dessert soll hier draußen eingenommen werden und bis dahin-" "Bis dahin sollte ich wieder zurück sein", beendete ich ihren Satz.
"Der große Garten ist direkt mit dem Haremsgarten verbunden, dort gibt es einen Blindenpunkt." Jaswinda nickte zu einem, im Schatten gelegenen, Trampelpfad und streifte im gleichen Moment etwas über meine Schultern. Weiß der Himmel, woher sie auf einmal einen schwarzen Umhang hatte. Ich kommentierte es nicht mal mehr. "Weiß die Person, mit der ihr euch treffen möchtet, wie und wohin sie euch folgen soll?" Dies ließ ich ebenfalls unkommentiert und nickte lediglich, die Augen nach verdächtigen Bewegungen ausschau haltend, derweil wir dem dunklen Trampelpfad folgten. Er führte weg von dem hell erleuchteten Saal und dem geschäftigen Treiben im großen, extra in der Wüste angelegten Garten, in einen ruhigeren Teil des Anwesens. Keinem abgelegeneren, ich konnte immer noch die Klänge der Musik hören, sondern bloß einem für heute wohl ruhiggelegten Part des sonst belebten Lockheart Anwesens. Recht zog sich der Palast, wir kamen an dutzenden Fenstern vorbei, die allesamt dunkel waren, währenddessen sich links eine stetige Wand aus Rosenbüschen bildete. Jaswinda blieb stehen. "Wenn sie weiter geradeaus gehen, werden sie auf der großen Terrasse mit einem Pool rauskommen." Ich nickte, ich glaubte mich an den Ort zu erinnern. Dort hatte ich auf eine der Haremfrauen mit einer Pistole bedroht, unterdessen Ethan sich wie ein absolut verrückter aufgefühlt hatte. Natürlich hatte ich keine Gewissheit, dass es tatsächlich diese Poolterrasse war. "Ich werde zurückgehen und sehen, was ich tun kann, um ihnen Zeit rauszuschlagen."
Einem drängendem Impuls folgend, beugte ich mich vor und schlang meine Arme kurz, aber fest um ihre schmale Gestalt. Es war vorrauszusehen gewesen, dass sie sich augenlicklich in eine Statue verwandeln würde und ich fühlte mich schlecht, da sie möglicherweise Körperkontakt auf dieser Ebene verabscheute und ich sie in eine unangenehme Lage brachte, aber alle diese Gedanken waren zu viel und zu gewichtig für das Treffen, welches jetzt vor mir lag.
Also schob ich alles weg. Weit, weit von mir, drehte mich um und ging in die von ihr beschriebene Richtung. Ich sah nicht zurück.
Es dauerte keine fünf Minuten, da sah ich bereits die schwache Beleuchtung des Pools und der Pfad teilte sich plötzlich und fächerte sich zu einer großen Terrasse auf. Die Rosenbüsche wurden von hohen Palmen abgelöst und anderen, exostisch aussehenden Blumen. Wieder einmal war ich regelrecht ertaunt über die Weite dieser Anlage und wie lang sich der Garten erstreckte. Ich wusste, dass auf der anderen Seite ebenfalls alles Grün und vegetierend war, vor allem aber mit Soldaten, Waffen und Panzern, statt mit Blumen und Palmen. Meine Absätze schlugen laut gegen den Marmor der Terrasse und ich blieb abrupt stehen, innerlich fluchend. Ich bückte mich, versuchte mit einer Hand die Schuhe abzustreifen , indessen meine andere den Umhang an Ort und Stelle hielt. Mir blieb die Luft im Hals stecken, als ein zweites Paar Hände mir zu Hilfe kam.
Ich schrie nicht, sondern sah lediglich augenblicklich auf. Hades kniete vor mir und sah mich mit glühenden Augen an. Falkenaugen, so einschüchternd wie eh und je.
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Schachmatt #3 Das Spiel der Könige
RomanceKann man jemanden lieben, der bereits innerlich gestorben ist? Kann man jemanden lieben, der im Grunde seines Herzens Böse ist? Ich kann Ich tue es Die Frage ist nur, wie weit ich für ihn gehen würde, ohne mich selbst dabei zu verlieren. **** Ein...