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"Wohin bringst du mich?", flüsterte ich Jaswinda atemlos zu, zog sie mich doch seit einer halben Ewigkeit hinter sich her. Der Schweiß rann mir in Strömen den Rücken hinunter. Meine Sicht war schon seit einiger Zeit nicht mehr ganz klar und so konnte ich nur am Rande erkennen, wohin Jaswinda mich zog.

"Sie sehen schwach aus, die Wachen sollten Sie in diesem Zustand nicht sehen. Dass Sie für Pauls... Entlassung verantwortlich sind, hat sich bereits rumgesprochen. Die Augen der Männer werden nun ganz besonders auf Ihnen liegen." Die Angst vibrierte in ihrer Stimme. "Männer sind Teufel, sie nutzen jede Schwäche aus."
Und nach einer schweren Pause: "Außerdem sehen Sie aus, als ob Sie in Ruhe nachdenken müssten."

In Ruhe? Konnte ich in so einer Situation überhaupt ruhig bleiben? Jede Sekunde, in der ich Ethan nicht darüber berichtete, dass sein Erzfeind unter seinem Dach wohnte, bohrte sich der Stachel des Verrates tiefer in meine Eingeweide. Umgekehrt fühlte sich der Verrat an Hades an wie ein Regenguss aus Pech und Schwefel. Denn wenn Gabriel hier war, wo war dann Hades? Suchte er bereits wie verrückt nach seinem eigentlichen König? Um ihn zu beschützen, hatte er sich für mich vor eine Bombe geworfen. Ich schuldete ihm verdammt noch mal was.

Mein Atem kam nur noch stockend. Jaswinda hatte eindeutig zu lange Beine.
Ich wollte gerade etwas sagen, da hielt sie vor einer reich verzierten Tür. "Wir sind da", murmelte sie und stieß die Tür auf. Vielleicht hätte ich doch darauf bestehen sollen zu erfahren, wohin wir gehen. Denn dieser Ort war wirklich der letzte, an dem ich landen wollte.

"Im Harem sind Sie sicher", sagte Jaswinda stolz, in dem Moment, in dem eine- mir leider bekannte- Frau erneut zum Sprechen ansetzte. "Was soll man machen, Männer können schönen Frauen nun mal nicht widerstehen, Lord Lockheart ist da keine Ausnahme. Was kann ich dafür, wenn die Männer mir zu Füßen liegen." Damit warf sie den Kopf zurück und lachte.
Ich hatte das Gefühl, in einem schlechten Film festzustecken.

Ich wollte "In deinen Träumen!" schreien, aber es kam nur als ein schwaches Flüstern raus. "Miss?" Jaswinda beugte sich besorgt zu mir, aber ich stieß sie weg. Ich tat einen Schritt nach vorne, stolperte, stieß dabei gegen einen kleinen Tisch und stürzte die Vase darauf um. Sie landete mit einem lauten Krachen auf dem Boden und sicherte mir augenblicklich die gesamte Aufmerksamkeit der unzähligen Frauen im Raum.

"Sieh mal einer an, wer uns mit ihrer Abwesenheit beehrt", die Nutte von gestern sprang falsch lächelnd auf. Sie stemmte die Hände in die Hüften. "Die Dame des Hauses... aber nicht mehr für lange." Sie schenkte mir ein schlangenhaftes Lächeln.

Ich wünschte, es wäre anders gekommen, wirklich, aber die rasende Eifersucht war so echt, wie die Tatsache, dass ich dieser Frau die Augen auskratzen wollte. Jaswinda wollte mich zurückhalten, aber ich riss mich los und ging auf wackeligen Beinen auf sie zu. "Sei froh, dass ich im Moment keine Waffe bei mir trage", zischte ich.
Träge kam sie auf mich zugeschlendert. Nasenspitze an Nasenspitze beugte sie sich zu mir herunter. "Ethan würde es dich bereuen lassen, denn wer hat ihm wohl während deiner Abwesenheit Gesellschaft geleistet?" Die anderen Frauen fingen an zu kichern.

Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen. Ich fand nicht mehr die Kraft, die Hand zu heben, konnte aber immerhin so viel Energie aufbringen, um ihr ins Gesicht zu spucken. Augenblicklich fassten mich zwei Frauen links und rechts und hielten mich an Ort und Stelle fest. Jaswinda schrie, aber eine weitere Frau hielt sie zurück. Die Nutte vor mir wischte sich angewidert übers Gesicht. "Das wirst du bereuen", fauchte sie und hob ihrerseits die Hand.

Plötzlich schnellte ein weiteres Paar Hände vor und packten die Frau an der Kehle. "Lasst.Sie.Los."

Der ganze Raum erstarrte angesichts der Kälte, die in Wellen von Ethan schlug.

"Ethan?" Das Zittern in meiner Stimme kam diesmal nicht durch meinen geschwächten Zustand. "Ich komme kla-"
"LOSLASSEN!"
Die Frauen ließen von mir ab, als hätten sie sich verbrannt.
Aber das reichte ihm nicht, das tat es nie. "Wer glaubst du, bist du, dich einfach so mit meiner Frau zu vergleichen? Du bist eine verfickte, aus der Gosse stammende Nutte. Du bist Abschaum, der sich in hier wie eine Ratte eingenistet hat."

"A...aber He-Herr." Die Frau streckte die Hand aus und fuhr damit über Ethans Brust. "Wir-" Ethan ließ sie los, griff nach ihrer Hand und verdrehte ihre Handgelenk. Sie ging schreiend in die Knie, aber mein Mann hörte nicht auf. Er drehte weiter, legte mehr Kraft in den Griff, bis es laut knackte.

Das Knacken warf mich zurück in die Vergangenheit, in die alte, schäbige Wohnung über dem kleinen Kebabladen in Queens. Wie oft hatte Dad mir auf genau diese Art und Weise die Hand gebrochen. Wie oft hatte er darüber gelacht, wenn ich mich weinend auf dem Boden gewunden habe. Ethan lachte nicht, aber sein Gesicht wurde von eine perverse Freude überschattet. Die gleiche Freude, die er auch bei Jayden gezeigt hatte, kurz nachdem ich aufgewacht bin.

Ich schüttelte den Kopf, versuchte verzweifelt, dieses Bild loszuwerden.

Ja, die Frau war eine Schlampe, aber sie hatte weder mein Leben bedroht, noch das von jemand anderem. Ihr einziger Fehler war es, ein Miststück zu sein und auf meinen Mann zu stehen, wie viele Frauen vor und nach ihr auch.

Ich trat nach vorne, griff nach Ethans Arm, den er zum Schlag erhoben hatte. Er wollte mich in seiner Wut abschütteln, aber ich sah die wehrlose Frau vor mir, zog heftiger an seinem Arm und biss in sein Handgelenk. Ich biss so fest, bis ich Blut schmeckte. Sein Blut vermischte sich mit meinen Tränen. Ich wollte ihm nicht wehtun, aber er vergoss tagtäglich das Blut von anderen, vielleichtwürde ihn das hier ein wenig wachrütteln.

Aber er war Ethan Lockheart und dieser ließ sich nie von anderen etwas sagen. Selbst wenn er es anderen auf eine schmerzhafteArt und Weise näher bringen musste.

"Mia", drang seine arktische Stimme an mein Ohr, seine freie Hand fuhr sanft meine Halsschlagader entlang. "Baby, lass los, oder ich schwöre bei Gott, ich beiße zurück." Jedes Wort aus seinem Mund, klang wie eine tödliche Drohung.


B

Schachmatt #3 Das Spiel der Könige Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt