Zwei

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Die letzten zwei Wochen ist nicht besonders viel passiert. Der Unterricht läuft gut und ich habe keinerlei Probleme mit den Schülern. Mit Frau Baltes, beziehungsweise Leslie, habe ich seit unserem Gespräch am ersten Tag nicht mehr gesprochen. Wir haben uns nur flüchtig im Lehrerzimmer gesehen.

„Und wie verbringst du dein Wochenende?", will Marc von mir wissen.

Er lehnt an dem Kopierer und trinkt Kaffee. Marc ist wirklich nett und wir verstehen uns super, aber ich bin mir nicht sicher, ob er sich mehr erhofft, als nur eine Freundschaft. Ich weiß es nicht und ich werde ihn auch nicht darauf ansprechen.

„Ich werde am Sonntag meine Eltern besuchen und du?"

„Bisher nichts. Da du am Samstag nichts vor haben zu scheinst, wollen wir vielleicht essen gehen?", schlägt er vor.

Ich muss schlucken und trinke einen Schluck aus meiner Wasserflasche. Das ist wohl der Moment in dem ich erwähnen sollte, dass ich eine Freundin habe.

„Tut mir leid, aber ich unternehme etwas mit meiner Freundin", sage ich entschuldigend.

„Das ist schade. Vielleicht ein anderes Mal", meint er optimistisch.

Ich glaube es ist nicht bei ihm angekommen, wie ich es mir erhofft habe. Naja, vorerst werde ich es dabei belassen. Irgendwann werde ich von Helen erzählen.

Marc will noch etwas sagen, aber die Tür geht auf und Leslie kommt herein. Ich lasse beinahe meine Flasche fallen, da ich sie anstarre. Sie sieht wunderschön aus. Heute hat sie ihre Haare in einem Pferdeschwanz hochgebunden. Make-up braucht sie nicht viel, da sie eine Naturschönheit ist. Das war sie damals schon.

„Hallo, Leslie", höre ich Marc sie begrüßen.

„Hallo ihr zwei", grüßt sie uns und setzt sich an ihren Platz.

Wie es aussieht hat sie auch gerade eine Freistunde. Marc setzt sich ihr gegenüber an den Tisch. Ich bleibe einen Moment lang stehen, setze mich dann aber neben meinen Kollegen. Ich weiß um ehrlich zu sein nicht so recht, was ich sagen soll.

„Und kommst du gut zurecht Annalena?", will Leslie von mir wissen.

„Klar", antworte ich knapp.

„Ich habe die Bilder der 9. Klasse gesehen, die sie bei ihr im Kunstunterricht gemacht haben und bin wirklich beeindruckt", meint Marc und grinst mich an.

„Also bist du immer noch die Künstlerin, wie schon damals?"

Leslie schmunzelt ein wenig. Wahrscheinlich erinnert sie sich daran, dass ich in den Unterrichtsstunden immer in meinen Heften herum gekritzelt habe. Es ist sogar einige Male vorgekommen, dass wir die Aufgaben abgeben mussten und meine Zeichnungen leider auf im Heft waren. Einmal hat sie mich sogar nachdem Unterricht gebeten noch da zu bleiben. Diese Situation war mir total peinlich, weil ich genau gewusst habe, worum es geht. Ich habe sie gezeichnet und Leslie hat es gesehen. Als sie wissen wollte, wieso ich sie gemalt habe, habe ich gelogen und behauptet, dass mir langweilig war. Seit diesem Tag habe ich in ihrem Unterricht nie wieder gezeichnet.

„Ihr beide kennt euch?", mischt Marc sich erneut ein.

Mir wäre es lieber, wenn er gerade nicht hier wäre. Ich wünschte Leslie und ich wären alleine. Natürlich würde das nichts ändern. Sie sieht in mir bestimmt immer noch Annalena Schiller, die damals im Englischleistungskurs war. Außerdem bin ich glücklich mit Helen. Ich liebe sie. Ganz davon abgesehen, dass Leslie bestimmt nicht auf Frauen steht.

„Annalena war früher eine meiner Schülerinnen. Sie war damals schon künstlerisch begabt und ein Ass in Englisch", klärt Leslie Marc auf.

Ich nicke zustimmend. Das ist alles, was es dazu zu sagen gibt. Wahrscheinlich hat sie mich während der ganzen Jahre vergessen und sich erst jetzt, wo ich zurück bin wieder an mich erinnert.

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