Dreizehn

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„Du scheinst echt müde sein zu müssen, so viel Kaffee, wie du in dich schüttest", meint Leslie, die mir am Frühstückstisch gegenüber sitzt.

Neben ihr sitzt ein Junge, dessen Namen ich vergessen habe. Früher habe ich immer gedacht, dass es doch nicht so schwer für die Lehrer sein kann, sich all die Namen zu merken, aber jetzt weiß ich es besser. Neben mir plappern ein paar Mädels über einen Jungen, der hier wohnt, aber einige Jahre älter ist. Da ich neugierig bin, wage ich einen Blick in die Richtung des jungen Manns und kann die Mädchen verstehen. Er sieht gut aus, aber ich habe kein Interesse und er hat bestimmt kein Interesse an ein paar Schülerinnen.

„Ach es passt schon", sage ich.

Ich weiß gar nicht, wie viele Tassen Kaffee ich schon getrunken habe. Ich muss diese Müdigkeit einfach los werden. Heute steht viel an. Ein Besuch in einem Museum, ein Trip zum Big Ben und vielleicht noch ein kleiner Ausflug in die Stadt, wo wir die Schüler sich selbst überlassen werden. Außerdem kann ich es mir nicht leisten abgelenkt zu sein. Ich muss so schon aufpassen, dass ich mich in Leslie's Nähe nicht wie eine totale Idiotin benehme.

„Was machen wir heute alles, Frau Schiller?", will Emily wissen, die direkt neben mir sitzt.

Sie blickt mich neugierig an und wartet gespannt auf eine Antwort.

„Hast du nicht zugehört, als Frau Baltes gestern Abend den heutigen Plan bekannt gegeben hat?", frage ich sie.

„Ich habe es vergessen", sagt sie.

Seufzend erkläre ich es ihr noch einmal. Ich bin mir sicher, dass sie gestern nicht zugehört hat, aber ich habe keine Lust darauf mit ihr zu schimpfen.

Ich bin froh, als das Essen vorbei ist und alle auf ihre Zimmer gehen, um sich für den heutigen Tag fertig zu machen. So langsam denke ich darüber nach, was für eine blöde Idee es war ja zu sagen, als Leslie mich gefragt hat. Ich hätte zuhause bleiben sollen, aber ich musste mich in dieses Chaos katapultieren. Wie immer. Vernünftige Entscheidungen zu treffen gehört nicht zu meinen Stärken.

Ich will mir noch eine Tasse Kaffee einschenken, aber jemand nimmt mit kurzerhand die Tasse weg.

„Hey, ich wollte noch was trinken", beschwere ich mich bei Leslie.

„Du hattest für heute genug Kaffee. Ich will nicht, dass du später total neben der Spur bist. Du solltest den restlichen Tag bei Wasser bleiben", rät sie mir.

„Ich glaube, dass kann ich selbst entscheiden", zicke ich sie an und nehme ihr die Tasse wieder weg.

Im nächsten Moment tut es mir leid, dass ich sie so angefahren habe, aber als ich mich entschuldigen will, ist Leslie schon weg. Seufzend nehme ich mir noch etwas Kaffee.

Eine halbe Stunde später stehen alle versammelt in der Lobby und reden laut durcheinander, was es für mich schwer macht durchzuzählen. Es dauert länger als gedacht, bis ich festgestellt habe, dass alle da sind und wir los können. Leslie bleibt etwas auf Abstand zu mir, aber Marc klebt förmlich an mir. Er redet auch mich ein und scheint mich zu seiner neuen besten Freundin auserkoren zu haben mit der über Frauen reden kann. Na super. Leslie und Gonzales gehen vorne weg und Marc und ich bleiben hinten um darauf zu achten, dass wir niemand verlieren.

„Kannst du aufhören mich mit so privaten Fragen zu löchern? Ich werde dir keine Antworten geben", mache ich ihm genervt klar. „Wenn es dich so sehr interessiert, dann geh ins Internet und frag Google nach antworten."

Der Museumsbesuch ist ziemlich langweilig. Ich fand solche Dinge schon früher langweilig, aber irgendwie gehören solche Sachen immer zu Klassenfahren. Wahrscheinlich weil man beinah einem Ausflug etwas lernen soll. Als wir endlich in der Innenstadt ankommen, teilt Leslie allen mit, dass wir uns in zwei Stunden wieder hier treffen werden.

„Und was machen wir jetzt?", fragt Marc mich.

„Keine Ahnung", erwidere ich und werfe einen Blick in Leslie's Richtung, die mich beobachtet.

Schnell sehe ich weg. Ich sollte mich entschuldigen. Ich habe es nicht so gemeint und wollte nicht so gemein sein.

„Wollen wir zusammen etwas die Stadt erkundigen?", fragt Herr Gonzales Marc, der damit einverstanden ist.

Das ist mein Moment mit Leslie zu reden, bevor sie einen Abgang macht.

„Leslie", beginne ich und sehe ihr in die Augen. „Es tut mit leid, dass ich heute früh so gemein zu dir war. Ich war einfach ziemlich durcheinander."

„Ist schon okay. Willst du über das reden, was dich so beschäftigt."

„Nein, aber wie wäre es, wenn wir uns in ein Café setzen?", schlage ich vor.

Ich werde mit Leslie nicht darüber sprechen, dass ich sie mag und mir vorstelle, wie es wäre ihr näher zu kommen. Das geht einfach nicht. Außerdem habe ich eine Freundin, die zuhause auf mich wartet.

„Na gut, aber du kriegst keinen Kaffee mehr", bestimmt sie.

„Geht klar", sage ich grinsend.

Wir suchen uns ein süßes, kleines Café und setzen uns dort an einen Tisch. Wir bestellen uns Kuchen und Tee.

„Und was hälst du bisher von der Fahrt?", will Leslie von mir wissen.

Ich schiebe ein paar Küchenkrümel auf dem Teller hin und her und überlege, was ich sagen soll.

„Es ist anstrengender als erwartet und Marc geht mir auf die Nerven", antworte ich ehrlich.

Leslie muss lachen, womit ich nicht gerechnet habe. „Ich dachte ihr zwei würdet miteinander ausgehen, aber da lag ich wohl falsch."

„Marc und ich? Niemals", sage ich lachend. „Ich habe kein Interesse an Männern."

Habe ich das gerade wirklich gesagt? Ich sehe auf die Straße und weiche Leslie's Blick aus. O Gott. Was wird sie jetzt nur von mir denken? Ich wollte ihr das eigentlich gar nicht sagen.
Wieso kann ich nicht die Klappe halten, wenn ich es sollte?

„Gut zu wissen."

Ich nicke, da ich nicht noch etwas sage, was ich für mich behalten sollte. Nicht das ich ihr noch sage, dass ich auf sie stehe, aber vielleicht wäre das der richtige Augenblick, um zu erwähnen, dass ich eine Freundin habe. Nur tue ich das nicht. Ich kann es nicht. Irgendein total dummer Teil meines Hirns hört nicht auf sich Hoffnungen zu machen, was Leslie betrifft.

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