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Die Szenerie war erschreckend. Entlang der Gitterstäbe wurden wir durch den schmalen Gang geführt. Diesen Teil des Gebäudes zu betreten, war uns bisher strengstens untersagt gewesen und so begriff ich zuerst nicht, warum Gideon uns in eine dieser grauenhaften Zellen stecken wollte.

Der Grund war jedoch schnell klar Gewesen.

Aufgrund des Aberglaubens der Wächter war in den dreizehnten, in den letzten Kerker am Ende des Ganges, nie jemand eingesperrt worden. Diese Zelle stand seit Jahrhunderten leer, obwohl die anderen oftmals überfüllt waren, brachte dies nie jemand über das Herz.

Niemand hatte diese Zelle je betreten, und so waren wir dort sicher und das egal wohin wir springen würden.

Dass jedoch nur wenige Meter entfehrnt hinter den wenige Meter dicken Wänden die schlimmsten Feinde der Loge und Verbrecher gefangen gehalten wurden, beruhigte mich nicht im geringsten.

Gideon versicherte uns zwar mehrmals, dass nie irgendjemand von hier entkommen war, doch es gab laut Raphael auch fehlende Seiten in den Aufzeichnungen der Wächter.

Dieser bekam für diesen Kommentar, welcher nicht nur mich sondern auch Esra, welche für gewöhnlich vor nichts und niemandem Angst hatte (Was sie laut meiner Mutter von Lady Arista, der Urgroßmutter von Gwendolyn geerbt hatte) zum weinen brachte.

Ich für meinen Teil weinte aus nackter Angst, aus der Verzweiflung über mein Leben und auch aus der Hoffnung auf Mitleid, sodass wir nicht in diese scheußliche Kammer gesteckt werden würden.

Doch alles bitten und betteln, sowie das stätige Einreden von Gwendolyn auf meinen Vater brachte nichts. Er blieb stur und als er mich zum Abschied umarmte, was mich keinesfalls in irgendeiner Weise gut heißen ließ was er tat, hatte selbst er winzige Tränen in den Augen und flüsterte mir zu, dass es nur zu unserem Besten sei.

Ich sah mich um und blickte über meine Schulter den Gang zurück, über welchen wir gekommen waren. Es war keine Seltenheit, dass hinter den Gitterstäben, welche ausschließlich die Tür einer jeden Zelle bildeten, Schädel und Knochen zu finden waren.

Ich schauderte und musste an die verlorenen Seelen der Verstorbenen denken, welche mit Sicherheit hier herumspukten. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und erneut flossen meine Tränen.

Wir waren schon fast am Ende des Ganges angekommen, mussten um eine einzige Ecke biegen, doch ich hielt es nicht mehr aus. Ich sank auf dem Boden in mich zusammen und begann bitterlich zu schluchzen.

Ich wusste mein ganzes Leben lang, dass der Tag kommen würde, an dem ich in der Zeit reisen können würde, doch nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass es so schrecklich werden würde, dass ich wie eine Schwerverbrecherin in das Verließ der Loge gebracht werden würde.

Dass mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt werden würde, war mir bewusst, doch ich war mir schon immer unsicher gewesen, ob es das Wert ist, diesen Preis zu bezahlen. Den Preis, nie mehr ein normales Mädchen sein zu können.

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