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Ein Räuspern ließ uns auseinander schrecken. Erst Sekunden später nahm Jona seine Hand unter meinem Oberteil hervor und ich wunderte mich, wie sie dorthin gekommen war. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie Jonas Hand immer tiefer und schließlich unter den Saum meines Pullovers gewandert war. Wir setzten uns auf und die Blicke unserer Besucher trafen uns ungehindert. Eiskalt, wie der Nordpol.

Vor uns standen ein völlig schockiert drein blickender Raphael sowie mein Dad, der uns einen schmunzelnen Blick zuwarf. Sofort schoss mir die Frage durch den Kopf, ob er und meine Mum wohl auch jemals beim Knutschen erwischt worden waren.

,,Dad..."

Jona hatte als Erster seine Worte wieder gefunden und Raphael erwachte aus seiner Schockstarre. Er schaute zwischen seinem Sohn und mir, seiner Nichte, hin und her. Wir waren Cousin und Cousine, eine Familie und doch liebten wir uns. Wie sollten wir uns auch in jemand anderen verlieben?

Unsere Unsterblichkeit und die unzähligen Familiengeheimnisse machten es uns unmöglich, uns in jemand Normalsterbliches zu verlieben. Es waren die Eigenschaften, die uns verbanden. Obwohl, oder gerade weil, wir eine Familie waren.

,,Jona, Bella, was zum...? Seit wann...?"

Meinen hochroten Kopf vergrub ich in der Decke meines Bettes. Ich hatte Glück, dass Jona das Reden für uns beide übernahm, oder es zumindest versuchte.

,,Wir... ich bin schon länger in Bella verliebt, Dad. Richtig zusammen sind wir aber erst seit ein paar Stunden.

Ein paar Stunden, die mir vorgekommen waren, wie die Ewigkeit. Ich empfand das pure Glück und meine unendliche, vielleicht sogar unsterbliche Liebe zu Jona. Ich konnte die Zeit sicher nicht anhalten, dazu war ich nicht in der Lage. Doch für die Liebe schien sie manchmal stehen zu bleiben. In diesen Monenten, in denen es nur uns beide gab, Jona und mich.

Raphael bekam von Gideon einen kleinen Stoß gegen die Rippen und nickte. Er würde es Leslie erzählen und die würde es Gwendolyn erzählen. Mum wäre enttäuscht von mir, dass ich es ihr nicht selber gesagt hatte. Ich nahm mir vor, genau dies zu tun, jetzt. Gleich wenn wir zuhause waren, würde ich es auch Esra erzählen. Das hatte ich eben total vergessen.

Gerade waren unsere Väter dabei sich umzudrehen und den Raum zu verlassen, doch ich hielt sie auf.

,,Wisst ihr, wo Gwen ist?"

Verdutzt schaute mein Vater mich an, Jona hingegen strich mir beruhigend über den Arm. Er schien zu wissen, was ich vorhatte. Gab es so etwas wie eine Telepathie unter Verliebten?

,,Sie ist eben ins Kaminzimmer gegangen. Ich glaube Leslie und Rose sind auch da."

Ich nickte und stürmte aus dem Zimmer. In der Einganshalle wäre ich fast über sämtliche Koffer gestolpert und es schien, als würden alle nur auf Jona und mich warten.

Voll Tatendrang klopfte ich, wie schon einige Stunden zuvor, an die Tür des Kaminzimmers. Ich lächelte bei dem Gedanken an das, was hier passiert war. Ich öffnete die Tür und schaute vorsichtig in den Raum, auf dessen Sofa drei Frauen saßen. Hinter mir schloss ich halb die Tür und trat ein.

,,Gwen, könnte ich bitte kurz mit dir sprechen?"

Mit gerunzelter Stirn erhob meine Mutter sich von dem Sofa und folgte mir aus dem Raum heraus. Schweigend liefen wir nebeneinander her und nahmen auf einer Treppe am Ende des ganges Platz, an deren Ende sich eine Kellertür befand.

Nervös knetete ich meine Finger. Ich hatte null Erfahrungen damit, seiner Mutter zu sagen, dass man einen Freund hat.

,,Ist alles in Ordnung, süße?"

Ich nickte und sah ihr direkt in ihre blauen Augen , die, so mein Vater, leuchteten wie Saphire.

,,Mum, ich... Es gibt da jemanden, den ich sehr mag und... ich, also wir ... sind zusammen?"

Vosichtig sprach ich es aus und eher wie eine Frage, doch meine Mum verstand natürlich, was ich meinte. Sie lächelte.

,,Möchtest du mir auch verraten, wer dieser Jemand ist?"

Nun lächelte ich auch. Gwen war nicht sauer auf mich, sie freute sich.

,,Jona", sagte ich.

Lächelnd und mit erröteten Wangen senkte ich mein Gesicht. Meine Mum legte ihre Arme um mich und ich legte meinen Kopf an ihre Schulter. Auch wenn ich nun Jona hatte, bei meiner Mutter fühlte ich mich immer noch geborgen und sicher. Leise flüsterte sie in meine Haare: ,, Ihr seid süß zusammen, aber wenn ihr dir wehtut, dann..."

Ich lachte.

,,Dann was...?"

Auch Gwendolyn lachte .

,,Dann mach ich ihn kalt."

Aprupt hörte ich auf zu lachen und sah meine Mutter schockiert an, was sie noch lauter lachen ließ.

,,Süße, das war ein Witz. Das hat meine Tante Maddy damals gesagt, als ich mit Gideon zusammen gekommen bin. Leslie und Nick standen voll auf ihrer Seite und haben sich mit japanischen Küchenmessern eingedeckt."

Die Vorstellung, wie meine Tante Gideon mit dem Messer bedrohte, ließ mich kichern. Mein Dad beherrschte Krav Maga und Degenfeckten, da hätte sie sicher keine Chance gehabt.

,,Aber wie wir sehen hat Dad es ja glücklicherweise nicht gewagt." ,stellte ich fest.

Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen schüttelte Gwen den Kopf.

,,Doch das hat er. Sein Glück war, dass der Plan zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift gewesen ist."

Entsetzt schaute ich meine Mutter an. Mein Vater hatte ihr das Herz gebrochen?

,,Aber wie...? Ihr habt euch doch aber wieder vertragen."

Hinter uns betrat Gideon den Gang und rief nach uns. Wir sollten unser Gepäck in die Autos laden, denn wir wollten nach Hause fahren.

Immernoch lächelte Gwen traurig, doch Gideon war zu weit weg um es zu sehen. Ganz fest drückte ich sie noch einmal, ehe ich aufstand und sie an ihrer Hand mit zog.

,,Ich erzähle es dir später, ja?"

,,Okay."

RosenrosaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt