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Freudig riss ich die Zimmertür auf und ließ mich auf mein geliebtes Bett fallen. Zuhause war es wirklich am schönsten, das hatte ich begriffen. Es war schon spät und ich würde am nächten Tag früh aufstehen müssen, weshalb ich meinso lang vermisstes Reich verließ, um mich im Bad für die Nacht fertig zu machen.

Ich tropfte ein wenig Augenmakeup Entferner auf ein Wattepad, um es am Auge zu verreiben, doch kurz bevor ich mein Auge schloss, nahm ich einen Schatten am Fenster des Badezimmers wahr. Als ich mich umdrehte um genauer hinzusehen, war der Schatten bereits verschwunden.

Entweder war es ein Vogel gewesen, was im Winter doch eher untypisch war, oder ich wurde paranoid. Vermutlich letzteres. Die Paranoidität schob ich auf den toten Mann in der Vergangenheit. Bei dem einfachen Gedanken an ihn bekam ich nach wie vor eine Gänsehaut und ein kalter Schauer lief mir über den Körper. Möglicherweise war ich auch einfach nur müde.

Schlurfend bewegte ich mich zurück in mein Zimmer, wo ich das Licht losch und totmüde ins Bett fiel. In den letzten Tagen war so viel passiert, dass ich nicht einmal gemerkt hatte, wie müde ich war. Ich saugte den vertrauten Geruch nach mir selbst auf und fühlte mich geborgen in den unzähligen Kissen und Decken. Ich liebte es in ihnen zu versinken und gerne auch auszuschlafen und seufzte jedes Mal tief, wenn ich das Bett verlassen musste. Meine Augen schlossen sich wie von selbst und beinahe war ich schon eingeschlafen, als die Tür sich öffnete und ich ein zartes Flüstern vernahm.

,,Gute Nacht meine Große, ich hab dich lieb."

Ich hatte meine Mum auch lieb, sie verstand mich und half mir wann immer sie konnte.

*

Gerade in einen tiefen, traumlosen Schlaf fallend bemerkte das Mädchen nicht die Kreaturen, die sich seit Stunden vor ihrem Fenster tumelten. Es waren zwei Dutzend und mehr, wie sie lachten und sich im Flug überschlugen.

Sie spielten, denn für sie war ein großer Teil ihres Lebens ein Spiel und so hatten sie auch die ihnen erteilte Aufgabe mehr als Spiel gesehen, als dass es für sie Realität wäre. Nur wenige von ihnen verstanden das wahre Ziel des Auftrags, der ihnen vor schon so langer Zeit aufgetragen wurde. Die Zahl derjenigen unter ihnen, die dieses Ziel erreichen wollten stieg an und es war ihnen ein Leichtes zu beginnen, dieses Ziel zu verfolgen. Ihr Oberster, ein Dämon mit spitzen Eckzähnen und gewaltigen Klauen erhob das Wort.

Er befahl ihnen das Mädchen zu erschrecken, ihr Angst einzujagen. Jede Nacht solle ihr nun ein weiterer Teil des teuflischen Plans übermittelt werden, den ein längst toter Mann mit ungeahnten Fähigkeiten seiner Zeit geschmiedet hatte. Das Ziel war groß, viel größer als sich ein jeder vorstellen konnte und sie würden es erreichen, davon gingen sie aus.

So teilten sie sich auf und das Mädchen, das war eingeschlafen und würde aufwachen, wenn der Horror beginnt.

*

Ich schlief , träumte nicht, schlief tief und fest. Es war schön dem Zeitreisestress in der Welt des Schlafes entgehen zu können, doch es hielt nicht lange an. Bald wachte ich auf, denn ich nahm erneut ein schwaches Flüstern wahr.

,,Mum? Du hast mir schon Gute Nacht gesagt. Ich habe dich auch lieb, aber jetzt würd ich gerne schlafen."

Das Flüstern schwoll an und schien aus mehreren Ecken des Zimmers zu kommen. Garantiert war es nicht Gwen, die hier flüsterte und so öffnete ich langsam meine Augen. Die Augenlider klebten aufeinander, doch schnell riss ich meine Auugen noch weiter auf, als ich sah, wer mich besuchte. Etliche Dämonen und Geister schwebten durch mein Zimmer und immer mehr krachten durch meine Wand, lautlos, wie der Wind.

Nur ein leisen Flüstern, das immernoch anschwoll und doch nicht laut wurde. Ein einziger Chor und immer dassellbe Mantra.

,,Befolge unseren Rat, Verfolge unser Ziel. Oder willst du tot sein, sterben, ein Geist sein, wie wir?"

Die Geister kamen näher und ich versteckte mich unter meiner Decke, bis ich feststellte, dass dies nichts bringen würde.

,,Was ist euer Ziel?"

Ich erhielt keine Antwort, woraufhin ich versuchte, sie mit meiner Hand zu vertreiben. Die Hand zitterte, wie auch mein restlicher Leib und verscheuchen ließen sie sich davon auch nicht. Ich schlug mit dem Kissen auf sie ein, warf mit Büchern, doch sie verschwanden nicht.

Ein entfehrnter Kirchturm schlug Zwölf und ein Geist nach dem anderen verließ mein Zimmer auf dem gleichen Weg, wie ein jeder hereingekommen war. Durch meine Wand. Sie verschwanden lautlos wie der Wind in der Dunkelheit und ließen mich zitternd zurück.

Hier konnte ich nicht wieder einschlafen, konnte es nicht, zumindest nicht heute Nacht. Ich stand auf und bewegte mich so leise wie möglich auf den knarzenden Dielen unseres Hauses. Die Treppe ließ ich hinter mir und war einen Stock tiefer angekommen, wo ich feststellte, dass das Oberlicht zu Jona's Zimmer geöffnet war. Vorsichtig klopfte ich an seine Tür und öffnete sie.

,,Jona, bist du wach?"

Erst regte sich nichts, bevor schließlich eine Decke zurückgeschlagen und das Nachtlicht angeknipst wurde. Ein verschlafen blinzelner Jona, bekleidet mit T-Shirt und Boxershorts saß aufrecht auf seiner Bettkante. Als er mich erkannte, legte er sich wieder hin und rückte zur Seite, mit der Hand auf die Stelle neben sich klopfend. Lächelnd legte ich mich zu ihm, zu meinem Freund, und löschte das Licht wieder. Ein Arm legte sich liebevoll um mich und ich kuschelte mich eng an seine Brust, wo ich schließlich wieder einschlief.

Diesmal träumte ich. Ich träumte von ihm und mir, einem Strand und dem Sonnenuntergang. Sanft nimmt er meine Hand und küsst mich.

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RosenrosaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt