18.Kapitel [x]

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"Was auch immer dich bedrückt, du solltest es klären", meinte Luca, als ich nun schon seit über einer Woche nichts mehr von Nathanael gehört hatte und immer schlechtere Laune bekam. Ich hatte sämtliche Versuche von ihm, Kontakt zu mir aufzunehmen, abgeblockt. Natürlich war mir klar, dass mein Verhalten bescheuert war, aber ich hatte zu große Angst vor seiner Reaktion und dem, was er sagen würde. 

Die Tage hatte ich dafür genutzt, ebenfalls über die Sache nachzudenken und mir klar zu werden, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Er war besonders für mich und ich hatte realisiert, dass ich schon seit längerem diese Gefühle für ihn hegte. Ich sehnte mich danach, ihn noch einmal zu küssen und dann zu umarmen. Doch was war, wenn er mich zurückweisen würde? Ich wüsste gar nicht, was ich tun sollte. Aber vielleicht wies er mich auch nicht zurück, sondern hatte ebenfalls Gefühle? Ich würde es nie wissen, wenn ich nicht mit ihm sprach. 

"Du hast ja Recht, aber so einfach ist es in dem Fall nicht", murmelte ich. Schon öfter hatte ich darüber nachgedacht Luca davon zu erzählen, aber ich war es nicht gewohnt mit jemandem über so etwas persönliches zu reden und ließ es daher.

"Ich kann dir zwar wahrscheinlich nicht helfen, aber vielleicht geht es dir besser, wenn du mal mit jemandem darüber redest", meinte Luca und ich atmete geräuschvoll aus.

"Ich bin dir wirklich dankbar für das Angebot, aber ich denke dass ich die Sache erst selbst klären muss." Er nickte nur verstehend und ließ das Thema wieder fallen. Die restlichen Stunden Unterricht vergingen wie im Flug und ich war unendlich froh als ich nach Hause gehen konnte. Die ganzen letzten Tage hatte ich oft etwas mit Luca unternommen, doch dieser hatte für das gesamte Wochenende etwas geplant, was hieß dass ich alleine zu Hause rumsitzen würde, da meine Schwester das Wochenende über ebenfalls außer Haus war. Vielleicht war das eine gute Gelegenheit, das Gespräch mit Nathanael zu suchen. 

Zu Hause angekommen ging ich direkt in mein Zimmer, wo ich mich aufs Bett warf und die Decke anstarrte. Die Ruhe hielt etwa zehn Minuten an, bis meine Schwester schwungvoll meine Zimmertür aufriss. 

"Ich hoffe du hast nicht vergessen, dass ich das Wochenende über nicht da bin. Ich habe dir etwas zu Essen in den Kühlschrank gestellt, dass kannst du dir heute Abend warm machen. Geld liegt auf dem Küchentisch", meinte sie und ich nickte.

"Danke. Bis Sonntag dann", sagte ich und hörte kurz darauf wie die Wohnungstür ins Schloss fiel. Ich schloss meine Augen und versuchte die Ruhe zu genießen, als es klingelte. Genervt stöhnte ich auf. Bestimmt hatte meine Schwester wieder etwas vergessen - in dem Fall wohl den Schlüssel - und war deswegen noch einmal zurück gekommen. Ich öffnete die Tür, doch vor mir stand nicht wie ich erwartet hatte meine Schwester, sondern Nathanael.

Ich hatte mich emotional noch gar nicht auf ein Aufeinandertreffen eingestellt, weswegen ich so überrascht war, dass ich nicht wusste was ich sagen sollte. Ein einfaches "Hi, lang nichts gehört" würde ziemlich blöd ankommen, nachdem ich ihn fast zwei Wochen lang ignoriert hatte.

Mir blieb nicht wirklich viel Zeit mir irgendetwas zu überlegen oder zu reagieren, da er mit seinen Händen schon nach meinem Kopf tastete und ihn runter zog um mich zu küssen. Es war kein vorsichtiger Kuss, sondern mehr als wolle er mir damit etwas beweisen. Mit einem Seufzen lösten wir uns wieder voneinander.

"Wenn du Dinge schon anfängst, dann bring sie auch richtig zu Ende", sagte er nur völlig ungerührt, doch mit einem verräterischen Zucken um seine Mundwinkel. 

"I-Ich denke wir müssen reden, kommst du rein? Meine Schwester ist nicht da", stammelte ich und wieder zuckten seine Mundwinkel, als er meine Nervosität bemerkte. Er folgte mir nach drinnen, wo er sich sehr langsam voran tastete, dann setzte er sich auf mein Bett, während ich auf dem Schreibtischstuhl ihm gegenüber Platz nahm. 

"Es tut mir leid, dass ich mich die letzten Wochen nicht gemeldet hatte", begann ich. "Ich wusste nicht, was ich tun sollte und war selbst überrascht, weil ich selbst nicht wusste warum ich dich geküsst hatte und ich war unsicher, was du darüber denken würdest. Ich wollte nicht, dass du mich hasst oder sich zwischen uns etwas negativ ändert, im Falle du solltest meine Gefühle nicht erwidern. Es ist ja sicherlich nicht angenehm, wenn man urplötzlich von einem Freund geküsst wird, der dazu auch noch ein Mann ist..." Ich atmete geräuschvoll aus und hätte durchaus weiter geredet, wäre Nathanael nicht aufgestanden. Er blieb vor mir stehen, streckte die Hand aus und suchte sich einen Anhaltspunkt, was in dem Fall meine Schulter war. Behutsam tastete er sich mit den Fingern vorwärts, zuerst über meine Halsbeuge, dann meinen Hals hinauf und fuhr mit seinen Fingerspitzen meine Gesichtszüge nach, als würde er versuchen daraus etwas zu lesen, dann wuschelte er mir sanft durch die Haare.

"Es ist mir aufgefallen, dass du mich ab und an anschaust, gerade wenn du denkst dass ich schlafe. Ich war zwar überrascht, gerade auch wegen deiner plötzlichen Flucht, aber ich kenne dich gut genug um zu wissen, was in deinem Inneren vorging. Auch ich habe über die Situation nachgedacht und kein einziges Mal habe ich über den Kuss als etwas negatives gedacht, im Gegenteil, es hat mich gefreut. Es ist seltsam zu sagen, aber ich empfinde jede deiner Berührungen als angenehm, deine Stimme als sehr beruhigend. Ich vermisse dich schon, wenn du nur wenige Tage nicht bei mir bist und die zwei Wochen waren schlimmer für mich, als ich selbst für möglich gehalten habe. Also, was denkst du darüber?" 

Ich zog ihn an mich, sodass ich mit meinem Kopf genau auf seiner Brust lag und schlang dann meine Arme um ihn.

"Ich habe mich in dich verliebt." Ich konnte zwar sein Gesicht nicht sehen, aber er drückte mich näher an sich und strich mir noch einmal durch die Haare.

"Du hast einen furchtbaren Geschmack", meinte er dann.

"Nun, vielleicht bin ich ja in Wahrheit ziemlich hässlich", entgegnete ich dann und lehnte mich zurück um ihn ansehen zu können. Seine Finger glitten erneut über mein Gesicht, diesmal aber schneller und nicht so vorsichtig.

"Ich glaube nicht. Mir gefällt was ich da fühle", meinte er und gab mir einen Kuss auf die Stirn, dann zog er mich nach oben.

"Jetzt wo deine Schwester nicht da ist, haben wir das ganze Wochenende Zeit etwas zu machen."


The day we meet (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt