10.Kapitel

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»Sucht euch jemanden aus, mit dem ihr den Vortrag bearbeiten wollt. Ihr habt bis nächste Woche Zeit - sucht euch ein interessantes Thema aus, eines bei dem ich bitte nicht einschlafe«, sagte unser Geschichtslehrer und schon ging allgemeines Murmeln los, als alle damit beschäftigt waren ihren Partner zu suchen. Ich hingegen blieb gelangweilt sitzen, früher oder später würde so oder so jemand auf mich zu kommen, da ich der Letzte war der übrig blieb.

»Hättest du Lust den Vortrag mit mir zu machen?« Ich hob meinen Kopf und musterte Luca, der mich mit einem schüchternen Blick ansah und gerade das Gesicht unglücklich verzog. In den ganzen Jahren die ich mit ihm in einer Klasse war, hatte ich nur ein paar Wörter mit ihm gewechselt umso überraschter war ich, dass er von allein mit mir sprach.

»Klar«, sagte ich und schob den Stuhl neben mir ein Stück vom Tisch weg, damit er sich setzen konnte. Er wirkte sichtlich erleichtert und ließ sich auf den Stuhl fallen, dann legte er seine Sachen auf dem Tisch ab.

»Danke«, murmelte er und ich nickte nur kurz, ehe ich mir ein leeres Blatt zur Hand nahm und ihn aufmerksam musterte. Luca war eher still und ruhig, und der einzige Kontakt den er in der Klasse hatte war sein bester Freund gewesen, der allerdings am Anfang des Schuljahres umgezogen war. Auf eine gewisse Art und Weise tat es mir leid, dass er nun so allein war.

»Über welches Thema möchtest du den Vortrag halten?« Er biss sich zögernd auf seine Lippe, dann seufzte er.

»Ich würde gerne über Napoleon halten«, seine Stimme war nur leise und ich nickte.

»Gut, dann Napoleon.« In der nächsten halben Stunde besprachen wir, wie wir den Vortrag machen wollten und machten uns Notizen.

»Hast du heute Zeit? Wenn du willst kannst du mit zu mir kommen, dann können wir weiter an dem Vortrag arbeiten«, schlug ich vor und er wirkte überrascht, doch dann nickte er.

»Gerne. Ich habe nichts vor.«

~~~

»Du bist eigentlich ziemlich nett«, meinte Luca, als wir Stunden später den Vortrag beinahe fertig hatten und ich auf mein Bett sank. Die ganze Zeit über hatten wir noch über ein paar andere Dinge gesprochen und ich merkte, dass er nicht ganz so oberflächlich war wie die anderen aus meiner Klasse. Im Gegenteil.

»Danke«, murmelte ich und das Klingeln meines Handys ließ mich kurz zusammen zucken. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Lippen sich zu einem Lächeln verzogen als ich Nathanaels Namen auf dem Display entdeckte.

»Hey«, sagte ich.

»Willst du rüber kommen? Mein Bruder hat mir vorhin so richtig teure Schokolade und Kuchen mitgebracht.« Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war bereits Abend.

»Du willst als Abendbrot Kuchen essen?«, meinte ich grinsend und hörte wie er seufzte.

»Kommst du nun oder nicht?«

»Ich komme gleich rüber«, sagte ich und legte auf.

Luca musterte mich mit einem aufmerksamen Blick, dann stand er auf.

»Das war mein Stichwort. Ich habe dich noch nie auch nur Lächeln sehen... War das deine Freundin?« Ich schüttelte mit dem Kopf.

»Nein, nur ein Freund. Komm gut nach Hause und verlauf dich nicht«, sagte ich und verabschiedete ihn, wartete einen kurzen Moment bis ich bei Nathanael klingelte.

»Da bist du ja endlich«, sagte er und ich trat ein, folgte ihm ins Wohnzimmer wo er bereits zwei Teller mit Kuchen und zwei Tassen warmen, dampfenden Kakao hingestellt hatte.

»Entschuldige, es war noch jemand aus meiner Klasse bei mir, mit dem ich einen Vortrag gemacht habe«, meinte ich gut gelaunt und setzte mich aufs Sofa, während er sich neben mir fallen ließ.

»Es ist selten dass du so unglaublich gute Laune wie heute hast.« Ich zuckte mit der Schulter.

»Es ist selten, kommt aber vor. Wir war deine Tag gewesen?«

»Ich war in der Stadt, ein paar Dinge erledigen.« Seine Stimme ließ mich vermuten, dass er nicht wollte das ich genauer nachfragte. Ich nahm einen Schluck von dem warmen Kakao und seufzte zufrieden.

»Es gibt in der Stadt ein echt cooles Café, willst du mit mir morgen hingehen?«, hörte ich mich fragen, und biss mir im nächsten Moment auf die Lippe. Ich hatte mich noch nie mit Nathanael draußen getroffen, meist waren wir nur in seiner Wohnung oder gingen einkaufen.

»Gerne. Ich muss sowieso mal wieder nach draußen, mir ist zur Zeit ziemlich langweilig.« Er zuckte mit der Schulter und ich konnte nicht anders, als das sich ein breites Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete.

»Warum unternimmst du nicht etwas mit jemandem der in deinem Alter ist? Warum mit jemandem wie mir? Ich gehöre nicht zu den Leuten mit denen man Spaß hat. Dafür bin ich zu unfreundlich und lache zu wenig.« Nathanael biss ein Stück von seinem Kuchen ab, dann lehnte auch er sich zurück.

»Ich weiß nicht, du bist anders. Damit meine ich nicht, dass du blind bist«, fügte ich hinzu, damit er es nicht falsch verstand.

»Du bist auch anders als die meisten Leute in meiner Umgebung und vermutlich auch anders als die meisten in deinem Alter. Allerdings habe ich mit Menschen in deinen Alter nicht viel zu tun.«

»Warum lässt du so wenig Menschen an dich heran?«, fragte ich und Nathanael atmete seufzend aus.

»Das hat verschiedene Gründe. Es ist nicht nur, weil ich blind bin, sondern es gibt noch andere Dinge... Über die ich nicht sprechen möchte.« Er seufzte, dann stand er auf und ging zum Regal hinüber.

»Wenn wir morgen in die Stadt gehen musst du mir versprechen mich nicht einfach irgendwo stehen zu lassen. Ich bin zwar erwachsen und bekomme nun nicht gleich Panik, aber es ist nicht angenehm. Ich weiß zwar dass du das nicht einfach machen würdest, aber ich wollte es trotzdem sagen. Ich lade dich morgen ein, als Dank dass du mir immer hilfst.«

Ich öffnete den Mund um zu widersprechen, doch er unterbrach mich.

»Sag nichts dazu, ich werde es sowieso machen. Egal ob du willst oder nicht.«

The day we meet (BoyxBoy/Yaoi)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt