Im Tal der Elfen

960 4 0
                                    

Die Erwähnung der Orks ließ sie nachdenklich werden. Sie gab nur ein "Mhm!" von sich und schwieg. Sie lag in meinen Armen als würde sie dort hingehören. Obwohl ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich sie nun entführe und sie jetzt meine Gefangene ist, hielt sie das nicht davon ab sich an mich zu schmiegen. Ihr blondes Haar war ganz zerzaust und ihre Uniform war zerfleddert. Der Wacholdergeruch, der mich so triebgesteuert gemacht hatte, war nach unserer Dusche in der Wolke weniger geworden und hinterließ diese feine Vanillenote, die wirklich gut zu ihr passte. Ich hätte sie küssen können als sie beim Aufstieg durch die Wolken vor Freude juchzte. Sie hat so bezaubernd ausgesehen, so glücklich und beseelt. Leider machte mir das grelle Licht zu sehr zu schaffen um es wirklich zu genießen, aber zumindest war anschließend meine Erektion verschwunden. Dafür aber ein warmes Gefühl im Herzen geblieben.
"Du bist so anders als die Amazonen, die ich bisher kennengelernt habe. Woran liegt das?" "Ich bin die Tochter eines Wikingers und nicht die eines Menschen. Ich bin etwas kleiner als die anderen Amazonen, weil ich etwas zu früh auf die Welt gekommen bin. Ich soll bei meiner Geburt nur eine handvoll groß gewesen sein, eigentlich nicht lebensfähig. Doch wie durch ein Wunder habe ich es geschafft und weil sich alle so viel Sorgen gemacht haben, hatte ich immer sehr viele Freiheiten als Kind gehabt." Sie lachte und erzählte weiter: "Außerdem bin ich recht eigenwillig mit meinen Haaren. Sie haben immer versucht mich von einer Glatze zu überzeugen, aber ich liebe meine Haare und habe mich immer dagegen gewehrt." "Hat deine Mutter dich nicht zu einer ultimativen Kampfmaschine ausbilden wollen und dir gesagt, dass man Elfen nicht trauen darf?" witzelte ich. "Nein, ich habe nur meine Großmutter, die mir beigebracht hat, die Welt mit offenen Augen zu betrachten und mir ein eigenes Urteil zu bilden. Sie hat Wert darauf gelegt, dass ich mich nicht minderwertig oder schwach fühle, nur weil ich so anders bin als die anderen." "Was ist mit deiner Mutter?" "Sie starb bei meiner Geburt. Das ist auch der Grund, warum ich so schnell wie möglich ins Felstal wollte. Sie war schon viel zu alt, als sie mich bekam." "Das tut mir leid! Und dein Vater? Kennst du ihn? Kümmert er sich um dich?" "Ich bin sein ganzer Stolz. Ich bin oft zu ihm nach Skannen, wenn ich es in Amazonia nicht mehr ausgehalten habe. Er trägt sicherlich die Schuld daran, dass ich so verzogen bin." "Das ist aber eher unüblich bei euch Amazonen, oder? Sonst sind die Väter doch egal. Zumindest sieht man in Amazonia kaum Männer." "Ich glaube meine Mutter und mein Vater haben sich wirklich geliebt. Warum fragst du eigentlich? Überlegst du, dich als Vater zur Verfügung zu stellen?" Ja! "Nein, wir Elfen sind nicht besonders fortpflanzungsfreudig. Es bedarf ein paar Voraussetzungen bis wir zeugungsfähigen Sex haben. Viele Paare haben erst nach vielen Jahren die Möglichkeit ein Kind zu bekommen." Bei vielen Elfen regt sich das zweite Geschlechtsteil, das zur Fortpflanzung dient, nie. Bei mir regte es sich beim bloßen Anblick einer ungewöhnlichen Amazone im Schlaf.
Sie sah sich fasziniert um. Wir hatten bereits das Regenbogental erreicht. Die Wachen haben etwas blöd geguckt, aber nicht versucht mich aufzuhalten. Ich bin ein Mitglied der königlichen Familie und sie hatten Respekt vor mir. Da ich vor meinem Unfall noch ihr Vorgesetzter war, hatten sie keinen Grund an meinen Absichten zu zweifeln. Aber eine Amazone ins Tal einzufliegen war alles andere als ungefährlich. Sie eskortierten uns unauffällig bis zum Gästehaus. Ich konnte mir ganz sicher sein, dass sie meinem Vater Bericht erstattet hatten und ein Besuch seinerseits zu erwarten war, was mir mehr Unbehagen bereitete als die Anwesenheit der Wachen.
Die ersten Behausungen des Regenbogentals mit ihren Wasserfällen, den typischen Rundbögen und Tubes zum Ein- und Ausfliegen waren zu sehen und meine Amazone ließ ein paar: "Wow"s und "Oh, ist das schön!" hören, bis sie fragte: "Wo geht es hin? Willst du mich in irgendeinen Kerker einsperren oder bringst du mich zum königlichen Palast? Ich könnte eh nicht fliehen, die Hänge sind viel zu steil." "Ich bringe dich in ein Gästehaus am Rande des Tals. Es ist im Augenblick mein zuhause. Vom königlichen Palast halten wir dich erstmal fern. Es wird auch so genug Tumult geben, wegen deines Aufenthalts hier." Wir waren angekommen und ich landete auf einer Plattform vor dem Gebäude. Sanft setzte ich sie ab und sie löste sich etwas widerwillig von mir ohne unseren Blickkontakt zu unterbrechen. "Danke!" flüsterte sie und wären wir ungestört gewesen, hätte sie mich vielleicht aus Dankbarkeit geküsst. Egon der Faun unterbrach uns: "Herr, endlich seid ihr wieder da. Ich habe mir große Sorgen gemacht." Egon machte sich ständig Sorgen um mich und noch mehr seit dem Unfall. Er war es, der mich gesund gepflegt hatte. Meine Mutter überließ gern dem Personal die Pflege ihrer Kinder, insbesondere dann, wenn es aussichtslos war, dass sie überleben werden. Sie ließ nie viele Emotionen zu und zeigte sie kaum. Ich habe mich sehr verlassen gefühlt und Egon war lange Zeit mein einzigster Vertrauter in diesem Tal, daher war ich auch recht gnädig mit ihm bei seinem unangemessenem Verhalten: "Ihr habt einen Gast mitgebracht? Eine Amazone...?" Er rümpfte die Nase. "Ist das Orkgestank? Uih, rieche ich da..." Er sah an sich herunter, auf seine aufkommende Erregung, die sich schlauchartig und rosa aus seinem braunen Fell herauswand. "Mogdul? Ich kümmere mich gerne darum. Ich kümmere mich in diesem Haus um alles!" warb Egon für sich und die Amazone sah ihn mit der selben Begeisterung an, wie sie das Tal bewundert hatte, was mich sehr verärgerte. "Sie ist mein Gast!" sagte ich scharf und zeigte ihm meine Reißzähne "Darum haben sich bereits Zwerge und Orks gekümmert. Ich will nicht, dass sie auch noch von einem Faun belästigt wird, Egon!" "Ich mag Faune sehr! Vielen Dank für dein Angebot!" säuselte sie und reichte ihm die Hand. Egon küsste ihr auf den Handrücken, schmachtete sie an und ließ ihre Hand nicht wieder los. Letztendlich knurrte ich den Faun böse an und zog bedrohlich meine Flügel hoch. Er zuckte zusammen und nahm endlich Abstand zu meinem Gast. "Verzeiht mir, Herr!" sagte er und senkte schuldbewusst den Blick. Ich war kurz davor ihm etwas anzutun als mir eine Hand zärtlich über den Arm strich. "Ich dachte immer, dass Elfen feige wären und nicht so streitlustig." sagte sie liebevoll. Ich straffte die Schultern und ließ meine Flügel hängen. Ein Blick in ihre Augen und alle Wut war verraucht. "Das wäre auch ziemlich feige gewesen, Egon etwas anzutun, nur weil er auf deine Duftstoffe reagiert. Egon, kannst du unserem Gast zeigen, wo sie sich waschen kann. Wenn sie sich frisch gemacht hat, werden wir uns  alle wieder normal benehmen, hoffe ich. Ich muss zu meinem Vater, mich zurückmelden." Schon hob ich ab und flog davon. Feige! Sie hatte recht.

Fluch der Amazone (Geschichten aus AmoraX)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt