Grelles Licht kommt mir entgegen als ich meine Augen öffne. Ein unwohler Geschmack liegt mir auf der Zunge und mein Hals fühlt sich trocken an. Ich kneife meine Augen ein kleines bisschen zusammen, um mich an das helle Tageslicht zu gewöhnen. Leicht lehne ich meinen Kopf zur Seite und erkenne in groben Umrissen ein Fenster. Nach mehreren Malen Blinzeln wurde meine unscharfe Sicht klarer. Ich räuspere mich und setze mich vorsichtig auf. Mein Körper fühlt sich schlapp und schwer, anderseits auch schwach an.
Ich schaue um mich und erkenne neben dem Fenster Gemälde. Neben den überaus schönen Bildern, man bemerkt die Ironie, erblicke ich eine gewöhnliche Tür. Die Fensterscheibe, welche von seidenweißen Vorhängen bedeckt ist, hindert kaum die Sonnenstrahlen davon ab in den Raum zu scheinen. Zu meiner rechten Seite stehen ein verlassener Stuhl und ein kleiner Nachttisch, der etwas mitgenommen aussieht. Auf ihm steht eine Vase mit verdorbenen roten Rosen. Wie ich Rosen liebe. Wer sie mir wohl gebracht hat? Links von mir stehen verschiedene Geräte mit denen ich durch Schläuche verkabelt bin. Erst jetzt bemerke ich den komischen abstandmäßigen Piepst-Ton in dieser einsamen Stille. Die ungewöhnlichen Maschinen neben mir geben respekteinflößende Geräusche von sich. Ich versuche zuerst zu begreifen, wo ich bin und was ich hier zu suchen habe.
Plötzlich wird die Tür geöffnet. Ein etwas älterer Mann tritt in das Zimmer. Er trägt einen weißen Mantel und eine gefüllte Aktenhülle mit sich. Mit einem Lächeln im Gesicht schließt er sanft die Tür und nähert sich meinem Bett. Anstatt mich zu begrüßen mit einem „Hallo", richtet er seine volle Aufmerksamkeit der durchsichtigen Hülle. Als er sie vorsichtig auf den Fuß meines Bettes legt, erkenne ich die Beschriftung der Mappe: Dove Kathleen Edwards. Ich bin froh darüber, dass ich wenigstens noch meinen Namen erkenne. Durch die ganzen Merkmale, die meinen Verdacht bestätigen, kommt mir der Gedanke im Krankenhaus zu sein.
Ich kam aus dem Schulgebäude und dann..... Dove streng dich an! Was ist passiert? Um Antworten auf meine Fragen zu bekommen, blicke ich hilflos zu dem Typen im schneeweißen Gewand. Unsympathisch sieht er nicht aus. Aber der Umhang lässt ihn gruselig erscheinen.
"Was ist passiert?", frage ich leise und mit gebrochener Stimme. Mir scheint diese Frage jetzt am sinnvollsten, denn ich kann mich nur mehr an ein männliches Gesicht erinnern. Zwei männliche Gesichter. Und der blaue Himmel. An das Gefühl will ich mich nicht mehr zurück erinnern.
„Ein Auto hatte sie erwischt. Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht erwartete, dass sie je wieder aufwachen", dabei sieht er mich mitleidig an und richtet sich wieder den Akten zu. Ich verstehe nicht. Es ist nie geplant gewesen, dass ich je wieder aufwache. Je wieder? Mir wurde klar, dass jede Menge Zeit vergangen sein muss. Ich weiß nicht weshalb, aber ich will wissen wie lange es her war. Wie lange war ich weg?
„Wie lange war ich weg?", frage ich mit zitternder Stimme. Zugleich habe ich Angst, das es zu lange war. Vielleicht sogar so lange, dass Menschen die ich liebe mich vergessen haben. Der weiße Mantelträger blickt von den Unterlagen auf. "Ein volles Jahr und Einundneunzig Tage", dabei wirft er mir wieder einen bemitleidenden Blick zu und sein Lächeln wurde schwach.
Seit ich gefragt habe, starre ich auf die wolkenweiße Bettdecke. Ich habe um mein Leben 'gekämpft' und es geschafft, und am Ende wird mir gesagt wie lange. Es war zu lange und es fühlt sich nicht geschafft an, sondern einfach verändert. Als wäre ich eine neugeborene Seele in einem erwachsenen Körper. Alles fühlt sich so surreal an.
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After One Year and 91 Days
Mystery / ThrillerDove Kathleen Edwards wacht nach einem Jahr und einundneunzig Tagen von einem künstlichen Koma auf. Ihr Arzt, Dr. Anderson bringt ihr schonend bei, dass sie einen Tumor hat, der ihr gefährlich werden könnte. Dove versucht wieder in ihren üblichen Al...