Ich kann nicht

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Es sind Stunden vergangen, als mich schlussendlich meine Mutter von dem Polizeirevier abgeholt hat. Sie war nicht sehr begeistert von mir, aber sie nahm es hin. Ich erfuhr noch, dass Jayden bis zum Gerichtstermin, zu dem ich auch erscheinen muss, auf Bewährung ist. Durch ein Gespräch zwischen dem Kommissar und einem Polizisten konnte ich lauschen, dass Max ebenfalls auf Bewährung sein soll.

„Mrs. Edwards, ihre Tochter muss am 13. März um 08:00 Uhr in die New Orange Street 113, im dritten Stockwerk im Saal 5 anwesend sein, um ihre Zeugenaussage vor dem Richter und den Geschworenen zu äußern... und..." Meine Mum bekommt noch die nötigen Informationen von einer Polizistin erklärt. Jayden wird am Eingang des Reviers von dem Kommissar entlassen. Er wird von seinen Eltern nicht abgeholt, das wohl daran liegt, dass er schon volljährig ist. Er erblickt mich noch ein letztes Mal und verlässt das Gebäude. Was er jetzt wohl vor hat? „Schatz?" „Hm, ja?", ich blicke fragend zu ihr. „Deine Sachen" Die junge Beamtin reicht mir meine Tasche und mein Handy. „Äh, danke", lächle ich sie gezwungen an.

„Was hast du dir dabei gedacht?" „Mum, ich kann dir das erklären..." „Das brauchst du nicht, der nette Herr, ich denke das war der Kommissar, der hat mir alles erzählt" Wir steigen in ihr Auto. „Und?" „Dieser Junge..." „Jayden?", helfe ich ihr auf die Sprünge. „Ja, dieser Jayden, er muss dich ganz schön lieben" Ich habe jetzt eher erwartet, dass sie mir verbietet ihn zu treffen, denn sie meidet die Kriminalität. „Wie kommst du denn darauf?" „Erstens der Kommissar ist nicht blöd, zweitens ich bin auch nicht blöd und drittens du bist, glaub' ich, die Dümmste von uns" Sie grinst mich schelmisch an. „Du verbietest mir nicht ihn zu treffen?" „Schatz, das Leben ist kurz, und ich meine jetzt nicht deinen Tumor, sondern allgemein. Verschwende nicht deine Zeit diesen Scott oder wie der heißt hinter Gitter zu bringen, oder über den Krebs nach zudenken. Genieße das Leben so lange man es genießen kann" Der Motor brummt auf, als sie den Schlüssel umdreht und sie gibt Gas. „Ich tue doch Jayden damit weh, wenn ich nicht mehr da sein sollte" „Du tust ihm schon damit weh, wenn du jetzt nicht bei ihm bist", antwortet sie darauf. Sie hat recht. Der Zorn hat mich eindeutig überschnappen lassen. „Was ist überhaupt aus deinen Freunden geworden?" „Ehm, nicht viel" „Du hast es ihnen nicht erzählt?", fragt sie mich, dabei zieht sie ihre Augenbrauen nach oben. „Woher weißt du das?" „Mutterinstinkt, Schatz. Mutterinstinkt", lacht sie. „Willst du mir jetzt auch noch sagen, dass ich ihnen davon erzählen soll?" „Sieh' an, dieser Jayden ist sogar vernünftig", redet sie mit sich selbst. Ich schüttele meinen Kopf nur. 

Sollte ich ihn jetzt anrufen oder zu ihm fahren? Ich sollte eine Nacht mal darüber schlafen. Morgen sehe ich ihn sowieso in der Schule. Ich umklammere meine Decke und versuche zu schlafen. Ich höre ein Rütteln am Fenster, drehe mich aber nicht um, da es wahrscheinlich der Wind ist. Plötzlich spüre ich einen Luftzug der mir eine Gänsehaut bereitet. Ich wende mich zum Fenster und es ist offen. Hatte ich es nicht gut genug verschlossen? Auf einmal sehe ich eine große Hand, die sich am Fensterrahmen festhält. Schon bald klettert eine männliche Gestalt durch die Fensteröffnung. Mein Herz beginnt schnell zu schlagen. Oh Gott, das muss Max sein. Er hat erfahren, dass ich gelogen habe. Ich will zur Tür rennen, aber ich habe mich mit meinen Beinen in der Decke verwickelt. Hektisch versuche ich mich im Dunkeln von dem Laken zu lösen. Die Person kommt näher und ich krieche bis an das andere Ende meines Bettes. „...bitte nicht...", flüstere ich. „Hey, alles ist gut", spricht er sanft zu mir. Im Mondlicht, das durch das offene Fenster herein blendet, kann ich Jayden erkennen. Es ist nur Jayden! 

„Spinnst du, mir solche Angst zu machen!", schreie ich ihn an. „Nicht so laut", er hält mir mit seiner Hand meinen Mund zu und muss lachen. Wir warten ob jemand sich im Haus rührt, doch es bleibt alles ruhig. Ich kann deutlich seine Fahne riechen. Hat er sich etwa angetrunken? Er nimmt seine Hand wieder zu sich und zieht sich seine Lederjacke aus. „Was tust du hier?" „Ich hatte Sehnsucht", lallt er, während er versucht seine Schuhe auszuziehen. „Du bist angetrunken hier nach oben geklettert? Du hättest tot sein können, Jayden!", jammere ich hektisch, aber bleibe beim Flüstern. „Babe, ist doch nichts passiert" Babe? „Nenn' mich nicht so", antworte ich darauf streng. Max hatte mich immer so genannt... „Wieso? Gefällt dir doch...", grinst er und kommt mir näher. „Jayden, du bist betrunken", mache ich ihn darauf aufmerksam. „Wirklich? Also ich finde du bist verklemmt" Er sieht mich geistlos an. Ich nehme seine Hand und ziehe ihn mit mir mit ins Bad. „Oh, wir treiben es jetzt im Bad? Gefällt mir...", lacht er. Ich sehe ihn böse an. „Dafür das du Jungfrau bist...ich mein ja nur", lallt er wieder. „Nein, wir treiben es ganz bestimmt nicht hier" „Aber wir werden...", grinst er mich süß an. Ich muss mich gewaltig zusammen reißen, um nicht zu lächeln. Ohne darauf zu antworten, ziehe ich sein Shirt aus. „Ah, du hast es dir anders überlegt" Selbst wenn er mit einer betrunkenen Stimme zu mir spricht, ich verliebte mich in sie. „Nein", dabei versuche ich seinen nackten Oberkörper zu ignorieren, während ich ihn unter die Dusche stelle. „Und jetzt?", fragt er mich neugierig. „Viel Spaß beim Nüchtern werden" Ich drehe das kalte Wasser auf und er stöhnt auf. Geschwind wendet er das Wasser auf rot. „Dove! Was soll das?!" Er streicht sich durch seine nassen Haare und über sein Gesicht. „Ich hol' dir ein Glas Wasser" Ich verlasse belustigt das Badezimmer. Es wundert mich, dass meine Mutter nichts gehört hat. Mein Vater ist alleine auf Geschäftsreise, das eigentlich nicht üblich ist. Ich blicke durch einen kleinen Spalt in das Schlafzimmer meiner Eltern und ich sehe das gemachte Bett. Was macht sie um diese Uhrzeit noch draußen? Nicht so wichtig, so kann ich mich wenigstens ausgiebig um Jayden kümmern.

Er hat selbst die Kraft genommen und hat sich ausgezogen und sich geduscht. „Hier", ich stelle das Glas auf den Klodeckel. „Dove?" Gerade eben will ich die Tür wieder hinter mir schließen. „Hm?" „Willst du mit mir zusammen sein?" Ich öffne die Tür etwas, aber nicht ganz. „Sag' schon nein, halb nüchtern tut es nicht so sehr weh", sagt er, als ich nicht antwortete. Ich will mit ihm zusammen sein, aber... „Norbert...", flüstere ich durch den Spalt der Tür. „Vergiss' ihn. Ich will jetzt mit dir Zeit verbringen und nicht warten müssen...denn wenn ich umsonst gewartet habe, könnt' ich mir das nie verzeihen...nicht um dich gekämpft zu haben", flüstert er. Er liebt mich wirklich. Meine Mutter hatte recht. „Jayden...?" „Dove..." „Ich kann nicht..." Warme Tränen rinnen mir über meine Backen. Ich höre ein Weinen hinter der Tür. Er macht jetzt die Tür komplett auf und ich sehe ihn erschrocken an. Er bleibt vor mir stehen und wischt sich seine Tränen weg. Er hatte wieder seine Klamotten an und ohne noch etwas dazu zu sagen verlässt er das Haus. Das Wasser, was ich ihm brachte, hat er nicht angerührt. Als er schon längst weg ist, entdecke ich seine Jacke auf meinem Bett. Er hat sie liegen lassen. 

Er hat geweint. Das bricht mir das Herz.

After One Year and 91 DaysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt