violence

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"The real violence I realised was unforgivable"

Die Stunden vergehen trotz meiner unruhigen Schlafphasen wie in Zeitlupe. Ich liege einfach nur da, starre an die Decke und denke an nichts als belangloses Zeug. Die Tränen sind mittlerweile getrocknet und lassen nur einen winzigen Punkt auf meinem Pullover zurück. Ich friere bereits seit einer Stunde nicht mehr. Ich weine nicht. Ich bin nicht enttäuscht. Ich bin nicht traurig. Ich fühle nichts. Absolut nichts. Es ist, als existiere ich nicht. Als wenn ich im Wachkoma liege. Alles um mich herum lebt weiter, nur meine leere Hülle bleibt zurück. Sie verbleibt in dem Zustand, in dem sie vorher gewesen ist. Sie verändert sich nicht. Das Einzige, das sich verändert ist der Geist. Die Seele, die in der Hülle gefangen ist und zu schwach für einen Kampf gegen sie ist. Er würde dort verweilen. Grau und alt werden, bis letztendlich nichts mehr von ihr übrig ist.

"Prinzessin, du hier?" Fragt Max, als er die Wohnung betritt und neugierig zu mir herüber schaut. Es scheint zu regnen, zumindest tropft er aus allen Nähten. Die Schuhe hat er bereits vor der Tür ausgezogen und dort auch abgestellt. Seine Jacke hängt er über die Heizung und versucht seine triefenden Haare zu einer ansehnlichen Frisur zu richten, während ich keine Reaktion hervorbringe und ihn wortlos anschaue. Etwas in mir ruft nach ihm, nach seiner Nähe. Ruft nach seiner warmen Haut, seinen Armen, die mich umschließen und stillschweigend trösten. Mich vor meinen Problemen beschützen. Mich von meinen Sorgen lösen. Ich verharre in meiner Position, warte den Augenblick ab, in dem er neben mir steht und seine Hand über meinen Arm streicht. Meine Augen fallen erschöpft zu und ehe ich es verhindern kann, drifte ich ins Traumland ab. Alles was ich spüre in dieser Nacht, alles was ich höre und vor meinem inneren Auge sehe, macht es mir nur noch schwerer am darauffolgenden Morgen aufzustehen und dem Tag eine Chance zu geben. Vielleicht ist das alles nur ein Versehen gewesen. Vielleicht wird dieser Tag schön. Vielleicht interessiert es niemanden, was gestern geschehen ist. Ich liege etwa eine halbe Stunde regungslos in meinem Bett, ehe mein Körper sich dazu überwindet es zu verlassen und sich ins Badezimmer schleppt. Meine zerzausten Haare weisen auf eine unruhige Nacht hin. Eine Nacht, die ich am liebsten vergessen würde. Stattdessen plagen mich die vergangenen Träume weiter in meinen Gedanken und auch der negative Flair geht nicht vorüber. Ich fühle mich so ausgelaugt, als ich mich selbst bei meiner morgendlichen Routine im Spiegel beobachte und würde nicht glauben, was ich tue, wenn ich es nicht sehen würde. Es geschieht alles automatisch. Nichts fühlt sich davon richtig an. Im Bett liegen bleiben und abwarten, das erscheint mir eine gute Lösung zu sein. Warum also stehe ich hier, putze meine Zähne und bändige meine Haare? Warum verkrieche ich mich nicht einfach im Selbstmitleid und verbringe den Tag mit depressiven Stimmungen? "Ist alles in Ordnung? Du wolltest unbedingt, dass ich heim komme, weswegen? Ist etwas in der Schule vorgefallen?" Max steht im Türrahmen und schaut mich neugierig an. Er ahnt nichts und das ist auch gut so, denn ich habe nicht vor, ihm etwas davon zu erzählen. Ich habe nicht vor, mich in etwas hineinzusteigern, was vielleicht gar nicht da ist. Bestimmt habe ich einfach überreagiert und alles wird wieder wie vorher sein.

Das ist es nicht. Nichts ist wie vorher. Als ich aus dem Wagen aussteige schaue ich unsicher umher, ehe ich das Schulgelände mit zittrigen Händen betrete und mir eingestehen muss, dass ich nun den gesamten Tag auf mich allein gestellt sein werde. Mit gesenktem Blick versuche ich möglichst unauffällig das Gebäude zu erreichen, doch werde schon hier mit dem Getuschel der anderen konfrontiert. Sie schauen mich an, als würde ich eine ansteckende Krankheit haben. Die einen scheinen Mitleid zu empfinden, die anderen Ekel. Die einen mustern mich bloß stumm und gehen dann wieder ihre eigenen Wege, andere beginnen aufgeregt zu tuscheln. Als ich den Klassenraum betrete und mich neben Emily auf meinen Sitzplatz niederlasse, haben sich etwa 500 Schüler bereits mit mir auseinandergesetzt und auch meine Klassenkameraden scheinen von etwas zu wissen, von dem ich bisher noch immer keinen blassen Schimmer habe. "Miles und ich haben das Geschmiere entfernt, also keine Sorge. Ab jetzt geht alles wieder seinen gewohnten Gang." Ich nicke kalt. Alles geht wieder seinen gewohnten Gang..

Mein Vater der Rapper und der Hund namens Tuko 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt