Es ist die erste Nacht seit langem, die mir nicht den Schlaf raubt. Die erste Nacht, die nicht hätte harmonischer sein können. Es ist bereits eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich nicht alleine schlafe. Wahrscheinlich ist es nicht die Absicht von Max gewesen neben mir auf der Couch zu schlafen, aber das spielt keine Rolle. Viel wichtiger für mich, ich habe schlafen können. Träumen können. Und das nicht von vergangenen Erlebnissen, die mir mein verkorkstes Unterbewusstsein erneut näher bringen will, sondern von ihm und mir. Was wir erlebt haben. Was wir in Zukunft erleben könnten. Was er mir jeden Tag aufs Neue für Kraft gibt. Es ist nicht wichtig, wie viel Zeit man zusammen verbringt. Das was zählt ist die Liebe, die euch verbindet und die Harmonie, die zwischen euch herrscht, wenn ihr das Privileg erhaltet stundenlang einander genießen zu können. All die Stunden der Einsamkeit, die Max mir in den letzten Tagen beschert hat, scheinen wie ausgestorben. Sie spielen keine Rolle. Das Gefühl neben ihm einzuschlafen und schließlich aufzuwachen macht all das Böse in dieser Welt zunichte. Es fühlt sich an, als könne einen nichts aus dieser Harmonie herausreißen. Nicht einmal der bevorstehende Schultag. "Guten Morgen, Schlafmütze." Grinse ich, als Max sich regt und seine Augen mit seinem Arm verdeckt. Er murmelt etwas unverständliches und dreht sich schließlich auf den Rücken. Ich setze mich auf und wuschel ihm durch die zerzausten Haare, die auf eine lange Nacht deuten lassen. "Wie spät ist es?" Bringt er nach einigen Minuten Halbschlaf über die Lippen, woraufhin ich ihn bloß beruhigend erkläre, dass noch genug Zeit für seine Morgenroutine bleibt. "Ich finde, wir sollten den ganzen Tag im Bett verbringen." Murmelt der Blonde und streicht mir lächelnd über den Kopf, als ich diesen auf seiner Brust ablege und entmutigt seufze. Wenn es doch nur so einfach sein würde. Liegen bleiben und die Stunden genießen. Doch dafür bleibt keine Zeit. Die kostbarsten Momente sind nun einmal am kürzesten. "Bist du heute zuhause, wenn ich aus der Schule komme?" Max überlegt einen Augenblick, ehe er nickt und mir versichert, mich sogar abzuholen. Mit einem verträumten Lächeln und der Hoffnung, dass sich nun alles wieder zum Guten entwickeln würde, schlendern wir gemeinsam ins Badezimmer und machen uns für den Tag fertig. Nach einer kleinen Wasserschlacht, gefolgt von einer Rangelei vor dem Spiegel, um die perfekte Frisur zu erschaffen verzichten wir schlussendlich auf das Frühstück und steigen samt Tuko ins Auto. "Wenn du möchtest, fahren wir heute Nachmittag zu Rico. Er hat vorgeschlagen uns eine Dinner zu zaubern." Schmunzelt Dad und schaut an der Ampel zu mir rüber. Wie schon bei unserer ersten Autofahrt bin ich damit beschäftigt Tuko zurück auf die Rückbank zu schieben und stimme lachend zu. Rico und ein Dinner? Das kann ja was werden. "Habt ihr euch wieder vertragen?" Mit großen Augen schaue ich den Blonden an, der verbissen auf seiner Unterlippe zu kauen beginnt. "Ich schätze schon. Wir haben nun einmal ab und an verschiedene Ansichten." Ich nicke stumm. Es hätte mich von sehr gewundert, wenn die beiden sich wegen einem Hundekommando gestritten hätten. Dennoch fühle ich mich schuldig, denn ohne mich wäre es schließlich zu keiner Auseinandersetzung gekommen. "Versprich mir bloß, dass du bedacht handelst. Tuko kann nicht entscheiden, wann so eine Art von Handlung angebracht ist und wann nicht. Ich möchte weder, dass du dich selbst in Gefahr bringst, noch dass er davon Schaden nimmt." Seine Augen funkeln mich ernst an. "Versprochen." Entgegne ich bloß und schaue aus dem Fenster. Die Erinnerung an die Situation im Boxclub schmerzt doch mehr, als ich erwartet habe. Die Tatsache, dass Max wohl bis heute nicht begriffen hat, warum ich so gehandelt habe macht das Ganze nicht weniger schlimm, aber erträglich. Besser ist es, er weiß nichts, als dass er aus voller Absicht so reagiert. Unwissenheit ist nicht immer ein schlechtes Gut. "Soll ich dich begleiten?" Ich schrecke aus meinen Gedanken hoch und erkenne erst jetzt das düstere Schulgebäude, dessen Ansicht meinen Magen umdreht. "Nein, das schaffe ich schon." Stottere ich und greife schweren Herzens nach meinem Rucksack. Gerade als ich aussteigen will, greift Max nach meiner Hand und lächelt ermutigend, als ich verängstigt vor dem bevorstehenden Tag zu ihm schaue. "Niemand dort kann dir etwas anhaben. Du bist meine Tochter, Jacky Diehn. Also Kopf hoch und denk daran, ein Anruf und ich schicke diesen Abschaum ins Nirwana." Es ist als höre ich den Stein auf meinem Herzen fallen. So simple Worte und doch tragen sie eine unbeschreibliche Kraft in sich. "Danke, Paps." Entgegne ich und umarme ihn noch einmal, ehe ich aussteige und direkt von Miles empfangen werde. Ein letzter Blick zurück und schließlich betrete ich den Ort, der meine größten Feinde beherbergt.
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Mein Vater der Rapper und der Hund namens Tuko 2
Fanfiction"Ich gab dir mein Herz, weil ich dachte, dass du bei mir bleibst!" Es ist zwei Wochen her, dass Jacky ihren Vater zuletzt gesehen hat. Zwei Wochen voller Erlebnisse, die sie begleiten werden. Dass das Wiedersehen nach zwei Wochen nicht so verläuft...