Rico

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Habe leider dieses Kapitel übersehen und übersprungen, also nun diese Veröffentlichung und dann das Folgekapitel "stronger than you"!


"Du hörst mir nur zu, wenn ich Worte sag, die dir gefallen.."

"Du hast was gut bei mir." Murmelt Miles leise, als ich die Wohnungstür aufschließe. Ich habe ihn nicht nachhause gehen lassen können. Sein Vater würde ihn in tausend Fetzen zerreißen und mal wieder einen seiner Vorträge halten, der sein wichtiges Image in dieser Stadt darstellt. Miles ist nicht die Art von Sohn, die sein Vater haben will. Er hat noch nie in die Unternehmerrolle gepasst und ich habe auch wenig Hoffnung, dass sich das jemals ändern wird. "Ich bin egoistisch, aber kein Unmensch." Der Blonde nickt bescheiden und hat Mühe auf den Beiden zu bleiben, als Tuko ungestüm an ihm hochspringt. Rico scheint noch nicht zurück zu sein, was ich aus der Stille schließe, die herrscht. "Ich dachte schon, ich müsste mir einen plausiblen Grund für den Zigarettengestank ausdenken." Seufze ich erleichter, ziehe mich um und wasche meine Hände, um auch die letzten Geruchsnuancen zunichte zu machen. "Ich dachte, dein Onkel ist total entspannt?" Fragt Miles neugierig, während ich den Ofen anstelle und eine Pizza aus dem Gefrierfach nehme. "Bei Drogen kennt er kein Erbarmen." Erkläre ich knapp und schiebe daraufhin bereits die Pizza in den Ofen, um mich neben meinem besten Freund auf die Couch zu werfen. Der sucht eifrig nach einem geeigneten Unterhaltungsprogramm auf Netflix und streichelt nebenbei den Kopf von Tuko, der auf seinem Schoß liegt. "Bin ich froh, dass mein Alter kein Problem mehr mit dem ganzen Zeug hat." Ich schweige. Ausgerechnet sein Vater interessiert sich nicht für den Drogenkonsum seines Sohnes? Bisher ist ihm sein Image und das seiner Familie doch so wichtig gewesen? Eine weiße Weste hat Miles zu jeder Zeit tragen sollen. Keinen einzigen Fleck hat er je geduldet. Nicht umsonst lässt er regelmäßig seine guten Kontakte spielen, um den Direx Geduld einzuhauchen. Geduld, die Miles seit der Mittelstufe nicht mehr verdient hat. Ohne den Einfluss seines Elternhauses würde er schon längst nicht mehr auf diese Schule gehen. Wieso also, ist der Drogenkonsum kein Problem? Wie oft müssen die beiden aneinander geraten sein, dass ausgerechnet sein Vater aufgegeben hat? Das gleicht einem Wunder. "Immerhin hast du ein Ventil, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Das habe ich nicht." Es klingt beinahe trauernd, wie mein bester Freund mir gut zu zusprechen versucht und mich dabei mühsam anlächelt. Ein Ventil, ja. Wenn nicht mit Drogen, welchen Weg gibt es dann, um mir Gehör zu verschaffen? Alles andere ist gescheitert. Dass Miles selbst diesen Weg nicht einschlagen kann, zeugt von einer riesigen Schlucht, die ihn und seinen Vater wohl schon seit langem trennt. "Drogen sind keine Lösung für so etwas." Der Blonde zuckt desinteressiert mit den Schultern. Eine Reaktion, die ich erwartet habe. "Mein Alter wird mir zwar den Kopf abreißen, aber immerhin ist meine Schullaufbahn nicht gefährdet. Du solltest aufpassen, was du dort fabrizierst. Nicht, dass ich dein Verhalten schlecht reden möchte, es ist absolut mein Reden gewesen, aber ob dich das glücklich macht?" Ich beiße mir auf die Unterlippe. Glücklich machen? Mich? Das habe ich seit Jahren aufgegeben. Ich bin nie glücklich gewesen. Nie, ohne ihn. Erst als Max in mein Leben gekommen ist, hat es sich zum Guten gewandt. Ich war und bin nun einmal einfach kein Mensch, der allein glücklich sein kann. Ich habe schon immer jemanden an meiner Seite gebraucht. Ganz gleich, was das für meine Zukunft heißen mag, ich werde nicht alleine glücklich werden können. "Ich wehre mich bloß gegen Ungerechtigkeit, nichts weiter." Damit ist dieses Gespräch beendet und wir starten die Serie. Bis auf kurze Kommentare, auf den Inhalt der einzelnen Folgen bezogen, sprechen wir kein einziges Wort. Nicht, dass ich das als negative erachte, nein. Es ist uns einfach nicht vergönnt über positive Thematiken zu sprechen. Negatives wird uns bereits morgen früh wieder begegnen, wozu also auch noch zusätzlich über so etwas sprechen? 

"Nein, definitiv nein." Wütend verschränke ich die Arme vor der Brust. "Warum nicht?" Keife ich meinen Gegenüber an, welcher verzweifelt seufzt, sich durch die Haare fährt und mich schließlich eindringlich anschaut. "Weil ihr beide in Kombination auf lange Sicht den Nachkommen Satans gleicht." Meine Augen weiten sich. Mit solch einer klaren und beleidigenden Antwort habe ich nicht gerechnet. "Und deswegen schläft jeder bei sich zuhause. Es reicht schon, dass ihr euch in der Schule begegnet." Verärgert stämme ich meine Fäuste in die Seiten und blitze Rico an. "Das ist nicht dein Ernst, oder? Ich dachte, du wärst cool!" Der Schwarzhaarige lacht auf, ehe er wieder ernst wird und tief durchatmet, ehe er einen neuen Versuch startet, mir sein Anliegen näher zu bringen. "Ich bin cool, aber leider kenne ich eure Geschichten und das macht es mir sehr einfach." Geschichten. Er kennt unsere Geschichten. Na klasse. Das ist also heutzutage schon ein Grund, um einen unschuldigen Jungen vor die Tür seines zynischen Vaters zu setzen? Vielleicht ist er nicht ohne, aber das hat Miles nicht verdient. "Holst du nun die Vergangenheit hoch, weil du sonst keine Argumente gegen ihn findest, oder was ist dein Plan?" Keife ich und erwarte eine zustimmende Antwort, doch das Gegenteil ist der Fall. Rico ist nun einmal nicht auf den Mund gefallen. "Ich bin nicht geistig gehandicapt, Jacky. Oder denkst du wirklich, dass ich nicht weiß, was ihr vor dem Hotelfrühstück angestellt habt? Mit Tuko spazieren gehen und dann frühstücken? Dass ich nicht lache." Ich schweige. Damit habe ich nicht gerechnet und vergessen habe ich die ganze Misere sowieso schon, also wieso erinnert sich Rico noch daran? Wir haben ihn schließlich erst am Vormittag getroffen. "Ich weiß, wie du dich angetrunken verhältst, wie blass du bist und vor allem, dass man nicht ohne jeglichen Alkoholkonsum zufälligerweise nach Alkohol riecht, Jacky." Ich beiße mir auf die Unterlippe. Verdammt. Wie habe ich nur glauben können, das Ganze sei an allen spurlos vorbei gegangen? "Dementsprechend solltet ihr beide den Ball flach halten, ansonsten bleiben meine Lippen deinem Vater gegenüber nicht mehr verschlossen und der reagiert auf einen nächtlichen Ausreißer, der sich mit seinem Drogenkumpel die Birne zukippt nicht sonderlich aufgeschlossen." Das hat gesessen. Selbstbewusst rauscht Rico an mir vorbei und lässt mich wie einen begossenen Pudel stehen. Ich schätze, die Sache ist damit klar. Miles schläft nicht bei uns. 

Mein Vater der Rapper und der Hund namens Tuko 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt