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[Frederiks Sicht]:
Es ist Samstag, das heißt, ich habe heute Nachtschicht. Eigentlich müsste ich also erst um 18:00 Uhr ins Krankenhaus. Trotzdem versuche ich, mich irgendwie aus dem Bett zu rappeln. Es ist mittlerweile 9:00 Uhr und irgendwie will ich so schnell es geht wieder in die Klinik. Als ich dann endlich mal aus dem Bett komme, suche ich mir schnell mein Hemd und eine passende Hose in meinem, wie immer, nicht aufgeräumten Schrank. Die pinken Socken dazu sind auch die einzigen, von denen ich grade zwei finde. Zum Frühstück esse ich nur schnell einen Toast und trinke ein kleines Glas Wasser, das muss reichen. Hunger hab ich eh keinen. ^Oh, meine Haare muss ich noch machen.^ Und meine Brille liegt auch noch im Schlafzimmer, jetzt weiß ich auch, wieso ich nichts sehe. Leise gehe ich wieder nach oben, ich will Mike und Lee nicht wecken. Seit einem Jahr wohne ich mit den beiden in einer WG hier in Köln, ich hab sie in der Klinik kennenglernt. Und wenn sie mal nicht arbeiten müssen, dann schlafen sie immer sehr lange. Na gut, meine Brille hab ich jetzt auch gefunden. Ich gehe noch kurz ins Bad und mache meine Haare. Wie immer bleibt natürlich die eine Locke nicht da, wo sie hingehört, aber das hab ich mittlerweile aufgegeben. Gut, jetzt bin ich also fertig, suche noch schnell meine Sachen für die Klinik zusammen und fahre los. Verschlafen hole ich mir noch kurz einen Kaffee an der Tankstelle. Zehn Minuten später bin ich auch schon angekommen. Gleich gehe ich auf die Intensivstation und treffe auf Charlotte. Diese schaut mich ganz komisch an. ^Ach ja, ich müsste ja eigentlich noch gar nicht hier sein.^ Natürlich fragt sie mich also, wieso ich denn schon da bin. Doch unter ihrer Frage fängt sie schon an zu grinsen. "Ah, ich verstehe, du willst zu Isabella oder?" Eigentlich wollte ich zu Isabella, aber jetzt, wo Charlotte vor mir steht, merke ich, dass ich vielleicht auch ein bisschen wegen ihr da war. Das sage ich ihr natürlich nicht. Das ist jetzt schon etwas länger so. Charlotte kam vor zwei Monaten zu uns in die Klinik, sie ist auch noch sehr jung und noch nicht so erfahren, wie ich also. Irgendwie fahre ich seitdem noch lieber in die Klinik. Ich gehe schnell zu Isabella und sie sieht schon wieder besser aus. Ich schaue sie eine Zeit lang an, irgendwann spüre ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehe mich um und es ist Charlotte. "Frederik, ich würde Isabella heute gerne wieder extubieren, ich denke sie ist stabil genug." Ich freue mich natürlich darüber, aber andererseits habe ich Angst, dass Isabella ohne die Maschinen, die ihre Atmung übernehmen, zu schwach ist und wieder etwas passiert. Trotzdem stimme ich Charlotte zu und frage, wann sie die Extubation geplant hätte. "Ich weiß es nicht, ich dachte, du entscheidest das lieber." Okey, ich muss also entscheiden, was ich mit Isabella mache, obwohl ich es selber nicht weiß, super. Deswegen bitte ich Charlotte dann doch um Hilfe. Zusammen kommen wir zu dem Entschluss, Isabella noch ein paar Stunden schlafen zu lassen, um ihr den ganzen Stress erst mal noch zu ersparen. Wir checken noch kurz zusammen die Herzfrequenz von Isabella und alle Geräte, die sie zum Atmen braucht. Alles passt perfekt und sie liegt da so friedlich. Also holen wir uns kurz einen Kaffee und setzen uns in die Schwesternkanzel. Da gerade nichts los ist, kann ich mich eine ganze Weile mit Charlotte unterhalten. Wir reden über einiges, auch über die Zeit hier. ^Okey, irgendwann muss ich es ja tun.^ Ich rutsche näher zu Charlotte, es ist gerade keiner da. "Charlotte, ich mag dich…also…i…ich…ich mag dich sehr gerne." Glücklich dreht sich Charlotte zu mir. "Ich dich auch Freddy." Langsam lege ich meine Hände um ihren Kopf und ziehe sie leicht zu mir. Charlotte kommt näher und wir küssen uns. Nach fünf schönen Minuten hören wir Schritte im Gang. Unsere Lippen lösen sich wieder voneinander. Charlotte sieht jetzt noch glücklicher aus: "Das war so schön, Frederik!" Das war der schönste Moment meines Lebens. Und bald wird auch noch Isabella aufwachen, heute kann nur ein guter Tag werden. Ah, die Schritte waren die einer Schwester sie kommt angelaufen und informiert Charlotte: "Du musst schnell in den OP kommen, Not-OP!" Charlotte springt schnell auf und verlässt mit der Schwester die Kanzel. Jetzt bin ich also alleine, trotzdem könnte ich nicht glücklicher sein im Moment. Ich verbringe noch eine Stunde in der Schwesternkanzel und dann mache ich mich auf den Weg, Charlotte zu suchen. Irgendwie finde ich sie aber nicht, wahrscheinlich ist sie noch im OP. Da mir gerade eh langweilig ist, fahre ich mit dem Aufzug in die Notaufnahme, um ihnen ein wenig zu helfen. Dort ist sehr viel los, ich helfe bei ein paar Patienten mit und einige Kleinigkeiten behandle ich auch alleine. Dann sehe ich auch schon ein Mädchen, das ungefähr so alt ist wie Isabella. Sie bricht vor meinen Augen zusammen. ^Oh nein, nicht noch eine.^, denke ich mir kurz, aber ich merke, dass ich zu Isabella von Anfang an eine andere Bindung hatte. Schnell hole ich einen Rollstuhl und bringe das Mädchen in den Schockraum, dort war eh grade keiner. Schnell wacht sie wieder auf. Ich schaue mir alles an, überprüfe den Puls und den Blutdruck, die Pupillen sind auch isokor und ihr scheint es schon wieder besser zu gehen. Also kann ich sie gleich wieder entlassen. ^Wenn das bei Isabella nur auch so einfach wäre…^ Apropos Isabella, ich muss mal wieder nach oben gehen, das mache ich jetzt auch. Dort treffe ich gleich auf Charlotte, die entgegnet mir: "Hey Freddy, ich hab dich schon gesucht! Ich würde jetzt gerne die Isabella extubieren." Generell finde ich das ja ganz gut, nur muss ich noch schnell zu Isabellas Lehrerin und ihrer Freundin. "Ja, gute Idee! Aber ich hole noch schnell die Leonie und Amelie.", erkläre ich Charlotte. Diese nickt verständnisvoll und begleitet mich. Ich klopfe kurz an deren Zimmer und öffne die Türe, Charlotte ist immer noch hinter mir. Amelie und Leonie sitzen auf einem Bett und spielen Karten. Ich fange an zu reden: "Hallo, alles gut bei euch? Wir würden jetzt gerne Isabella wieder extubieren, also den Schlauch aus ihrem Hals entfernen. Wollt ihr dabei sein?" Die beiden richten ihren Blick auf mich und entgegnen mir: "Ja, sehr gerne!" Okey, dann wäre das geklärt, ich gehe mit Charlotte und den beiden zu Isabella. Wir prüfen kurz, ob bei ihr alles in Ordnung ist und schon spritzt Charlotte ihr das Medikament, das sie wieder aufwachen lässt. Als alles so weit wieder funktioniert und sie selbstständig atmen kann, entferne ich vorsichtig den Tubus aus Isabellas Hals. Ich weiß, dass das sehr unangenehm ist und genauso leidend sieht Isabella gerade aus. Als der Tubus entfernt ist, macht Isabella auch schon die Augen auf. Sie lächelt mich schwach an und ich lächle zurück, das hält aber nicht lange an, denn Isabella macht plötzlich den Eindruck, als müsste sie sich gleich übergeben. "Leonie, Amelie, bitte geht mal kurz raus! Charlotte, schnell, eine Nierenschale!" Es ist nicht ungewöhnlich, dass Patienten sich nach der Extubation übergeben, doch als mir Charlotte Isabellas Erbrochens zeigt, läuten bei mir alle Alarmglocken. "Schon wieder Blut gespuckt.", seufzen wir fast gleichzeitig. Ich überlege kurz und als Isabella dann auch wieder sehr schnell und flach atmet komme ich zu dem Schluss, dass wir schnellstens ein Röntgenbild ihrer Lunge machen müssen. Das teile ich dann auch Charlotte mit. "Meinst du, sie hat einen Pneumothorax?" Ich murmle langsam vor mich hin: "Das kann gut sein." Schnell schicken wir Isabella also ins Röntgen. Nach 20 Minuten wird sie von zwei Schwestern wieder zu uns gebracht.

Mein Leben mit der KrankheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt