Das waren zu viele Informationen für mich, mein Herz schlägt schon wieder Alarm. Charlotte stürmt in mein Zimmer. "Isabella, was ist los? Ich wollte eh grade vorbeischauen, Frederik kommt auch gleich." War schon wieder eine Stunde vergangen? Das hat sich nicht so angefühlt, wahrscheinlich weil wir die Zeit mit Frau Bauer so genossen haben. Na super, es war grade so schön und dann muss dieses blöde Medizinzeugs wieder dazwischenfunken. Hilft ja eh nicht, Frederik kommt jetzt auch rein. "Hallöchen, was ist denn hier los?" Wir drei müssen lachen. "Ich hab grade etwas sehr aufregendes erfahren, deswegen ist meine Herzfrequenz wieder so schnell, glaub ich.", antworte ich. Doch als er mir in die Augen schaut, schlägt mein Herz noch schneller. "Ah, da scheint sich ja schon jemand auszukennen?!" Er zwinkert mir zu und redet weiter. "Isabella, du musst jetzt nochmal kurz stark sein, wir würden jetzt die Dr….ah, könnt ihr beide mal kurz rausgehen, ich muss da was mit Isi klären." Frau Bauer und Amelie grinsen jetzt noch mehr und zwinkern mir unauffällig zu. Aber ich weiß ja, was Frederik will, deswegen ist mir nicht zum Lachen zu Mute. "Also, du weißt es eh, oder Isi?" Mir kommen die Tränen, ich will das alles nicht. Ich will einfach nach Hause und nicht krank sein. Ich versuche, die Drainage selber aus meinem Brustkorb zu reißen, doch eine große, weiche Hand hindert mich daran. Sanft nimmt Frederik meine Hand und sagt: "Hey, was ist denn los mit dir? Isabella, das ist doch nicht so schlimm, das merkst du fast gar nicht, aber wenn du das jetzt mit Gewalt versuchst, kann das echt ganz schön schief gehen! Bitte lass mich das machen, Mäuschen. Ich bin auch vorsichtig." Da kommt auch schon Schwester Stephanie auf mich zu. Sie streicht vorsichtig meine Haare aus meinem Gesicht. "Hey, meinst du, dass du es ohne Beruhigungsmittel schaffst?" Ich will jetzt keine Heulsuse sein, also nicke ich, vielleicht etwas zu heftig, denn mir wird wieder schwindelig. Steffi hält meine Hand und legt ihre freie Hand auf meine Augen, damit ich nicht mit ansehen muss, was Frederik da macht. "Okey Isabella, ich werde sie jetzt dann gleich rausziehen. Wichtig ist, dass du dabei nicht atmest. Ich zähle bis drei und du holst tief Luft, dann ziehe ich die Drainage ganz schnell raus." Ich kann das nicht, ich fange wieder an zu weinen, doch dieses mal schaffen Freddy und Steffi es sehr schnell, mich zu beruhigen. "Okey Isabella, bereit?" Ich nicke und Frederik zählt schon: "1…2…3…und tief einatmen." Ich befolge, was er mir gesagt hat und er zieht schon am Schlauch. Das war kein schönes Gefühl, aber es hat auch nicht direkt wehgetan. "Hey Isi, das war alles! Jetzt kriegst du noch ein Pflaster drauf und alles wird wieder gut. Ich bin stolz auf dich!" Frederikt geht kurz weg und kommt mit einem pinken Pflaster zurück. Erst als ich ihm klarmache "Frederik, ich bin keine 5 mehr! Willst du mich verarschen?", bringt er mir ein neues Pflaster. Verarschen kann der mich nicht. "Wie siehts aus, bekommst du besser Luft als vorher?", fragt Freddy. "Ja, viel besser!", grinse ich ihn an. Ich bin so froh, dass das jetzt alles vorbei ist. Nach einem abschließenden Ultraschall und einer Untersuchung mit dem Stethoskop kriege ich noch eine Sauerstoffbrille und Frederik und Steffi verabschieden sich. Charlotte bleibt noch, ich weiß aber nicht wieso. Erst als die anderen weg sind, beginnt sie zu reden. "Isabella, ich möchte nochmal mit dir über deine Krankheit reden. Willst du, dass deine Lehrerin und deine Freundin dabei sind?" Warte, was hat sie gerade gesagt? Meine Krankheit? Sie will darüber reden? Die geht ja damit um, als wäre das selbstverständlich darüber zu reden…hat Frederik ihr nicht erzählt, was ich davon halte? "Ich will nicht, dass jemand davon weiß! Wieso soll ich denn jetzt schon wieder darüber reden? Mir reichts, ich will nicht mehr!" Ich schreie und schreie und will einfach weg von allen hier. Charlotte braucht gar nicht mehr versuchen mit mir zu reden! Ich sage kein Wort mehr. Charlotte versucht, mich in den Arm zu nehmen, doch ich wehre ab. Die soll mich nicht mehr anfassen. Was erlaubt die sich eigentlich? Über meine Krankheit reden? Was bringt mir das denn? Und was bringt's ihr? Und wieder einmal kommen mir die Tränen, aber dieses mal ist es so schlimm, dass ich fast nicht mehr atmen kann. "Frederik, komm, schnell!", höre ich Charlotte schreien, während sie eine Spritze aufzieht. Nein, nicht schon wieder dieses Beruhigungsmittel, das macht mich so schlapp. Frederik kommt angelaufen und schaut mich mit besorgter Miene an. "Okey, Isabella, du atmest jetzt ganz ruhig ein und aus….ein und aus…okey? Du schaffst das." Charlotte gibt Frederik die Spritze mit dem Beruhigungsmittel. Ja, Frederik darf es mir spritzen. Aber Charlotte niemals! Die soll mich in Ruhe lassen! Aber bevor er es in meinen Arm drückt, atme ich schon wieder normal. Er legt die Spritze beiseite und schaut uns fragend an. "Na, was war denn los bei euch beiden?" "Diese Ärztin da wollte mit mir über meine Krankheit reden, obwohl sie genau weiß, dass ich das nicht mag!" "Aber Isabella, das hab ich der Charlotte doch aufgetragen. Ich dachte, du willst vielleicht mir ihr darüber reden, wenn du es mir schon nicht erzählen wolltest.",erklärt mir Frederik enttäuscht. "Nein, ich will nicht darüber reden, wieso versteht das denn keiner?! Ich will es einfach nicht! Was ist denn so besonders daran? Wow, ich sehe ein bisschen anders aus, und?" Charlotte und Freddy schauen betreten zu Boden, Charlotte wendet sich Freddy zu und er nickt nur leicht. "Isabella, wir müssen dir da was sagen wegen deiner Krankheit." Was wollen sie denn jetzt eigentlich von mir? Aber na gut, dann hör ich hald zu. Genervt sage ich: "Ja Frederik, was ist denn schon wieder?" Er sucht währenddessen vergebens Charlottes Blick. "Isabella, ich will, dass du jetzt dann nicht ausflippst, wenn ich dir das erzähle, okey?" "Ja okey, jetzt mach schon!" "Also, wie du ja wahrscheinlich weißt, hast du seit deiner Geburt die kutane Form der Mastozytose." Ja, das wusste ich. Oh nein, ich glaube, ich weiß, worauf er hinaus will. "Sag nicht ich hab…." Freddy nickt traurig. "Doch, leider, wir haben festgestellt, dass die Krankheit auch auf deine Organe übergegangen ist." Das war ein Schock für mich. Meine Eltern haben immer gesagt, sie seien froh, dass ich nur die kutane Form habe und nicht die systemische. Aber ich habe Frederik versprochen nicht auszuflippen. Ich reiße mich zusammen und frage: "Aber woher wisst…" Weiter komme ich nicht, denn die Tränen laufen schon wieder. Ganz einfühlsam kommen Frederik und Charlotte noch näher zu mir und neben mich in den Arm. Ich fühle mich so geborgen hier. Viel mehr als zu Hause, da war ich immer alleine, weil sich meine Eltern immer um meine drei Geschwister gekümmert haben, nie um mich. Ich bin so froh, in Frederiks Armen zu liegen, aber auch um Charlotte bin ich froh. Die beiden geben mir einfach das Gefühl sicher zu sein. Einen Augenblick später kommen auch Amelie und Frau Bauer ins Zimmer, Pfleger Tommy hat sie reingeholt. Die beiden kommen gleich zu mir und umarmen mich. Pfleger Tommy ist auch kurz davor, mich in den Arm zu nehmen, doch dann passiert es. Frederik läuft mit Tränen in den Augen aus dem Zimmer und kurz darauf hört man einen lauten Knall. Tommy läuft aus dem Zimmer und schreit: "Charlotte, ich brauch dich hier, Frederik ist zusammengebrochen!" In dem Moment sind mir die Maschinen und meine Krankheit egal, ich stehe auf und laufe zu Frederik, Frau Bauer und Amelie schauen mich ganz verdutzt an. Dann verlassen mich aber auch meine Kräfte und ich setze mich neben ihn auf den Boden. Charlotte klopft ihm sanft auf die Wange. "Hey Frederik, bist du wieder bei uns? Alles ist gut, ganz ruhig." Frederik öffnet seine Augen und als sein Blick zu mir wandert, versucht er ein Lächeln über die Lippen zu bringen. Dann schaut er aber auch schon wieder zu Charlotte, "Schatz, was ist passiert, wie geht's dir?" Frederik wischt sich eine Träne aus dem Gesicht und sagt leise: "Wieso muss das denn alles ihr passieren? Sie ist so ein bildhübsches, liebes Mädchen, was soll denn das? Kann sie nicht einfach gesund sein, ich pack das nicht mehr. Ich will ihr doch einfach nur wieder ein normales Leben ermöglichen." Jetzt weint er wieder stärker. Mit meinen letzten Kräften nehme ich seine Hand. Das einzige was ich mich frage ist ja, wieso Charlotte ihn gerade Schatz genannt hat, das hat sie noch nie getan. Aber das war jetzt auch egal, erst mal musste er wieder auf die Beine kommen. Charlotte fängt wieder an zu erklären: "Frederik, ist jetzt wieder alles gut? Du machst mir Sorgen, ruh dich lieber mal aus. Ich bringe kurz Isabella wieder auf ihr Zimmer und Tommy bringt dich in den Behandlungsraum, ich will dich noch mal untersuchen. "Ich will aber mit!", sage ich zu Charlotte. "Gut, meinst du, du schaffst das? Dann würde ich dir einen Rollstuhl holen. Frederik wäre das ok für dich, wenn Isi mitkommt?" "Ja natürlich ist das okey, Charlotte! Isi ist wie eine Tochter für mich. Außerdem muss ich aufpassen, dass ihr nichts passiert!" Charlotte stellt jedoch richtig: "Freddy, du musst jetzt erst mal gar nichts!" Dann fährt Tommy mit Frederik in den Behandlungsraum und Charlotte ruft Pfleger Deniz, der mich wenig später auch dorthin bringt. Erst warten wir aber vor dem Behandlungsraum, weil wir von der Weite schon hören, wie die zwei sich streiten. "Nein, Frederik, du lässt dich jetzt untersuchen! Wie soll das denn weitergehen, wenn du immer so stur bist? So kannst du nicht zu mir ziehen!" Dann entgegnet Freddy eingeschnappt: "Okey, wenn du meinst." Was war das denn grade? Was meint Charlotte mit 'zu mir ziehen'? Deniz muss lachen. "Die beiden streiten öfters, seit sie zusammen sind.", erzählt er mir. Dann fährt er mich rein.
[Frederiks Sicht]:
Als ich Isabella gesagt habe, dass ihre Krankheit jetzt auch auf ihre Organe übergeht, realisiere ich, wie schlecht sie es eigentlich hat. Mir kommen die Tränen, weil ich sie doch so gerne habe und sie mir so leid tut. Ich renne nach draußen, doch dann wird mir schwindelig. Bevor ich mich setzen kann, wird auch schon alles schwarz vor mir. Als ich wieder aufwache, sitzt Isi neben mir auf dem Flur und Charlotte ist auch da. Sie überredet mich, dass ich mich von ihr untersuchen lasse. Seit gestern waren wir zusammen, am Abend habe ich Charlotte noch gefragt und sie hat sofort ja gesagt, so ganz unromantisch eigentlich. Deniz hat das heute sofort gemerkt, irgendwie hat er ein Gespür dafür. Dann haben wir es ihm natürlich erzählt, aber nur mit der Voraussetzung, dass er es keinem weitererzählt. Aber wir haben uns vorgenommen, es Isabella noch heute zu sagen. Es ist so ein schönes Gefühl, mit der tollsten Person der Welt zusammen zu sein. Wie habe ich das nur verdient? Ich liebe sie über alles.
Jedenfalls untersucht mich Charlotte und als sie das Sono zur Hand nimmt, kommt auch schon Isabella mit Deniz.
DU LIEST GERADE
Mein Leben mit der Krankheit
FanfictionDie 15-jährige Isabella Falk ist mit ihrer Klasse in Bonn, doch die Klassenfahrt endet für sie im Krankenhaus. In der Klinik am Südring ist sie bestens aufgehoben, auch mit ihrer seltenen Krankheit, die sie schon seit ihrer Geburt hat. Es folgt ein...