9. Wer Anderen eine Grube gräbt... ist ein Grubengräber

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Alea war alles Andere als erfreut, als sein Berater ohne den kleinen Spielmann wiederkehrte. Auch konnte Gustav keinerlei Auskunft über den Verbleib des Gesuchten finden, noch nicht einmal Maria oder Jean und Till wussten, wo Luzi sich befand. Die beiden anderen Spielmänner hatten zwar gesehen, wie er aufgewühlt das Herrenhaus verlassen hatte, aber auch das schien schon eine ganze Weile her zu sein.

Voller Sorge erhob sich der Graf von seinem Platz. Er schritt um seinen Schreibtisch herum und geradewegs auf die Tür zu, vorbei an seinem Berater, als sich eben jene Tür öffnete. Für einen Moment hoffte der Adlige, es würde sich um den vermissten Rotschopf handeln, doch stattdessen war es Maria, die fast schon atemlos vor ihm stand.

„Er ist weg", keuchte sie.

„Ich weiß, Liebste. Deswegen bin ich ja auf dem Weg. Ich werde den Wachen sagen, dass sie mein Gut durchforsten und die Stadt durchkämmen sollen. Vermutlich hat es deinen Bruder nur in die nächste Taverne verschlagen, also mache dir keine Sorgen", versuchte er seine Verlobte zu beruhigen. Auch wollte er sie in seine Arme schließen, doch sie wich ihm aus.

„Nein... du verstehst nicht. Er ist weg. Till und Jean haben in seinem Gemach nachgesehen... es fehlen Sachen. Sein Dudelsack fehlt. Alea, er wird davongelaufen sein."

„Maria", er schnellte nach vorne und ergriff ihre Hände mit den Seinen. „Dafür gibt es keinerlei greifbare Beweise. Vielleicht hat es ihn doch nur in die Stadt verschlagen, oder ein Stück in die angrenzenden Ländereien, wo er seine Ruhe hat... Liebste, male nicht den Teufel an die Wand. Wir werden ihn schon finden."

„Und wenn nicht?" sie war panisch. Ihr Bruder würde nie einfach so gehen, ohne wenigstens seinen Spielmannskollegen Bescheid zu sagen, oder sich zu verabschieden, wenn er eine seiner unzähligen Reisen antrat. Aber er hatte Keins von Beiden getan und nun sorgte sie sich um ihren großen Bruder.

„Das werden wir", der Ziegenbärtige klang zuversichtlich und während er sich an seiner Verlobten vorbeidrückte, hielt er dennoch eine ihrer Hände fest. Dementsprechend musste die baldige Gräfin ihrem zukünftigen Gemahl aus dem Arbeitszimmer folgen.

„Was ist überhaupt geschehen? Dein Berater meinte nur, dass ihr Luzi suchen würdet und das Etwas vorgefallen wäre. Genaueres wollte er mir nicht mitteilen."

Ein kurzer Blick nach hinten verriet dem Edelmann, dass Gustav nicht hinterher kam. „Wie du weißt, habe ich Luzi zu meinen neuen Berater ernannt... Nur lief dieser Tag alles Andere als geplant. Ich fürchte, wir sind diese Angelegenheit falsch angegangen und nun versuche ich die Fehler wiedergutzumachen. Dafür müssten wir Luzi aber zunächst einmal finden."

„Luzi ist eigentlich Niemand, der vor seinen Problem davonläuft", meinte die junge Frau. Sie musste sich konzentrieren beim Abstieg der Treppen, da Alea ein beachtliches Tempo an den Tag legte.

„Ich weiß... und das bereitet mir die größten Sorgen", gab er schließlich zu, als sie den Eingangsbereich erreicht hatten. „Wachen!" rief er.

Es dauerte nur einen Augenblick, da standen seine Wachen, seine Garde und Leibwächter, um ihn herum. Jedoch nicht Alle, manche Posten blieben stets besetzt, zu jeder erdenklichen Stunde. Damit eben niemand Unbefugtes das Landgut betrat und dennoch, wenn man die nötigen Wege kannte, kam man ungesehen hinein und hinaus. Durch das Heckenlabyrinth zum Beispiel. Es gab aber auch einen geheimen Tunnel unter Tage, der bis hinter die Mauern der Stadt führte. Der vorherige Besitzer hatte diese Tunnel wohl anlegen lassen, da er einen Aufstand der Bürger befürchtet hatte. Auch Wagner hatte diese Wege wohl gekannt, als er damals eingedrungen war und Katharina entführt hatte.

„Mein Graf?" der Hauptmann seiner persönlichen Wachen trat vor. Es handelte sich bei ihm um einen älteren Mann und außerdem auch noch einen Freund von dem Hauptmann der Stadtwache. Er war ein Vertrauter Aleas und mehr als dazu in der Lage, die paar Männer die direkt im Dienste des Grafen standen, zu befehligen.

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