10. Kapitel

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Summer:
Um Punkt 13.00 Uhr schlüpfte ich in die Reithalle, wo schon ein paar Schüler zusammen standen und sich unterhielten. Ich erkannte ein Mädchen aus unserem Jahrgang - Molly? -  und Liam. Außerdem noch anwesend ein dunkelhaariger Junge, zwei Mädchen aus der Abschlussklasse, eine Freundin von Sunshine und Spring - glaubte ich zumindest - und ein weiterer Junge. Ich gesellte mich zu ihnen: "Hey Leute!" Nach allgemeiner Begrüßung stellten sich alle vor.
Das Mädchen hieß wirklich Molly und der Dunkelhaarige Francesco. Francesco, hm? Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, die beiden würden echt super zusammenpassen. Vielleicht lässt sich da ja noch was machen, immerhin sind Kiera und ich die Superkuppler! Da kam auch schon unser Reitlehrer, ein junger Mann, Mitte 20 vielleicht. Er wirkte sehr sympathisch, auch als er sich mit uns bekannt machte: "Hallo. Manche von euch kennen mich ja bereits, aber für die Neulinge: Ich bin Carl und werde euch trainieren."
Abermals wiederholten wir die Vortstellungsrunde, Carl nickte und hakte auf seiner Liste die Namen ab, dann kamen wir endlich zur Reiteinteilung. Carl holte eine weitere Liste hervor - er war also einer dieser Listenmenschen - und fing an sich von oben nach unten durchzuarbeiten: "Sally und Amanda, ihr habt eure beiden ja hier", die Mädchen nickten und warfen ihre Haare hoheitsvoll über die Schultern, ich konnte mir das Augenrollen gerade noch verkneifen, "Liam, du nimmst wieder Hestia und Monica Candy." Ohne aufzuschauen notierte er das auf dem Blatt und weder Liam noch Monica schienen etwas einwenden zu wollen.
"Und jetzt", verkündete unser Lehrer dramatisch, "zu den Neuen. Summer, mir wurde zugesteckt, dass du gerne Glanni reiten würdest?" Ich nickte erfreut und schaute dann zu Liam, der mich angrinste. Da richtete Carl seinen Blick auf etwas hinter mir: "Oh, hallo! Du stehst gar nicht auf der Liste, möchtest du trotzdem mitmachen?" "Nein, danke, ich bin nur zum Zuschauen gekommen", antwortete eine süßliche Stimme, bei deren Klang ich Gänsehaut an den Armen bekam. Sie schon wieder.
Aber ich gab ihr nicht die Genugtuung, meinen Ärger zu sehen und drehte mich nicht um. Carl nickte sie ab und teilte den anderen auch noch ein Pferd zu. "Solltet ihr aus irgendwelchen Gründen nicht zurecht kommen, könnt ihr natürlich noch tauschen. Und nun zeige ich euch mal die Stallungen und alles andere, danach lohnt es sich wahrscheinlich nicht mehr, noch zu reiten, aber mit den Pferden könnt ihr euch dann bekannt machen." Wir sahen uns also nochmal den Stall und den Rest an. Valerie klebte die ganze Zeit an Liam, deshalb versuchte ich ein bisschen mehr von Francesco zu erfahren. Er schien ein netter Typ zu sein, ob er Mädchen oder Jungs mochte, war ich mir allerdings nicht ganz sicher, ich würde mich später mal umhören, was andere sagten.
Glanni schien auf den ersten Blick einer von diesen ganz Lieben zu sein, aber mal schauen, meistens hatten die es ja faustdick hinter den Ohren. Am Ende der Stunde teilten wir noch die verschiedenen Dienste ein, verabschiedeten uns und Liam begleitete mich zurück. Ich konnte Valeries Todesblick förmlich in meinem Rücken spüren, aber ausnahmsweise war es mir egal. "Was machst du eigentlich als zweite AG?", fragte ich Liam. "Ich helfe im Schulgarten", meinte er leicht verlegen, "und du?" Er wurde etwas rot, was sehr süß aussah, deshalb musste ich ihn einfach anlächeln. "Ich habe einen weiteren Kunstkurs belegt." "Ähm, Summer? Kennst du den da?" Er wies auf Lend, der etwas weiter vorne stand und aus dem Winken und Hüpfen gar nicht mehr rauskam. Ich musste lachen und hielt bei ihm angekommen eine Hand hoch, damit er einschlagen konnte.
Aber er zog mich in eine feste Umarmung: "Hi, Summer!" "Was machst du?", flüsterte ich verwirrt und Lend erwiderte gelassen: "Ich helfe dir bloß", bevor er mich wieder losließ. Als ich Liams Gesichtausdruck sah, musste ich meinen besten Kumpel einfach vorwurfsvollen Blick zu werfen. Das war aber echt ein bisschen fies! Ich versuchte ihm irgendwie zu übermitteln, dass Lend keine Konkurrenz war, es gelang mir allerdings nicht so gut, weshalb ich einfach verkündete: "Liam wollte mich gerade zu meinem Zimmer begleiten, wir sehen uns später, Lend!" Damit zog ich ihn weg und Lend blieb etwas verdutzt allein zurück. Vor der Zimmertür verabschiedete ich mich dann von Liam und ging hinein, wo ich Kiera antraf, die so wirkte, als wollte sie etwas erzählen.

Kiera:


Als Summer zurück kam, erzählte ich ihr sofort wie meine erste Stunde in der AG war. ,,Ein Date? Das ist doch super!"rief sie und zwinkerte mir zu. ,,Ja, du musst mir unbedingt helfen ein Outfit auszusuchen!",erwiderte ich. Als sie mir von ihrer etwas komischen Begegnung mit Lend erzählte, grübelten wir beide, was es wohl zu bedeuten hatte. ,,Du hast gesagt, er wollte dir helfen???" Sie nickte. ,,Am besten fragen wir ihn morgen mal, was genau er damit meinte. Vielleicht wollte er auch Francesco eifersüchtig machen oder so...", schlug ich vor und damit war unser Gespräch fürs erste beendet. Am nächsten Tag tauchte Lend nicht in der Cafeteria auf und wir begannen uns Sorgen zu machen. ,,Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen!", sagte Summer besorgt. ,,Ja, aber vielleicht trifft er sich auch mit Francesco...hoffen wirs mal." Nach dem Mittagessen gingen wir zurück auf unser Zimmer und ich holte alles, was hübsch aussah oder für ein Date tauglich war aus meinem Kleiderschrank heraus. ,,Wie findest du das?" Ich hatte eine gelbe Bluse und einen pinken Rock angezogen und Summer betrachtete das Outfit mit einer hochgezogenen Augenbraue. ,,Nett", sagte sie knapp. ,,,Sag doch gleich, dass es scheiße aussieht!" Wir beide mussten lachen und ich zog mich sofort um. In der hintersten Ecke des Kleiderschranks fand ich ein Kleid, dass ich letztes Jahr gekauft, aber noch nie getragen hatte. Es war ein schlichtes lila Kleid mit Ärmeln aus Spitze. Versuchen kann ichs doch mal! Ich zog eine schwarze Strumpfhose unter das Kleid und Summer machte mir eine schicke Flechtfrisur. ,,So, jetzt bist du perfekt!", sagte sie stolz auf ihr Werk. ,,Danke für deine Hilfe! Du kannst ja Lend suchen während ich weg bin. Wir sehen uns später!" ,,Ja, bis dann!" Ich schlüpfte zur Tür hinaus und lief den Korridor im Schulgebäude, der zu den Musikräumen führte, entlang. Die Tür zum Musikraum 3 war angelehnt, also ging ich hinein und fand James mit einer einzelnen roten Rose in der Hand vor. ,,Hey Kiera! Da bist du ja!" Er überreichte mir die Rose und ich lächelte ihn an. ,,Danke, wirklich nett von dir!" ,,Sie sieht echt gut aus...ich hatte schon Angst sie würde nicht kommen...", hörte ich James Stimme, obwohl sich seine Lippen nicht bewegten. Hab ich mir das etwa bloß eingebildet? ,,Also...wollen wir anfangen?", fragte er mich mit einem abwartenden Gesichtsausdruck. ,,Was? Du willst wirklich einen Song schreiben?" ich fing unwillkürlich an zu lachen. ,,Ja, klingt ziemlich lahm, was? Ich hätte mir etwas anderes ausdenken sollen..." verunsichert wuschelte er sich durch seine hellbraunen Haare. ,,Ich habs! Wir könnten einen Spaziergang im Wald machen und uns unterhalten," schlug er vor. Ich wollte seinen Vorschlag nicht ablehnen, obwohl mir bei dem Gedanken an den Wald ein bisschen mulmig wurde. Nicht, weil ich Angst vor Bäumen oder den Tieren, die dort leben, hatte, sondern davor, was Summers Schwestern damals angedeutet hatten. ,,Okay, gehen wir spazieren", antwortete ich schließlich und überspielte meine Besorgnis mit einem Lächeln. Anscheinend hatte James noch nichts über die Gerüchte gehört. Als wir aus dem Schulgebäude hinaus und in den Wald hineingingen, hakte ich meinen Arm bei James ein und ich meinte zu sehen, wie er bei dieser Geste ein wenig errötete. Wir unterhielten uns über alle möglichen Dinge und James brachte mich immer wieder zum lachen. Auch als wir immer tiefer in das Waldgebiet hineingingen, machte ich mir keine Sorgen, denn James war an meiner Seite und würde mich beschützen. Ein kalter Wind bließ und ich fröstelte, da ich mir keine Jacke mitgenommen hatte. James schien es zu bemerken und reichte mir sofort seine Jacke, die ich dankend annahm. Auf einmal hörten wir knackende Äste und raschelnde Blätter. Wie von einer Tarantel gestochen kam Nathan aus dem Wald gerannt und riss mich im Rennen zu Boden. ,,HEY!", schrie ich ihn an. ,,Kiera was machst du hier? Du musst hier schnell verschwin-" James unterbrach ihn mit einer wütenden Stimme:,, DU! Runter von ihr, aber schnell!" Nathan stand langsam auf und setzte seine normale düstere Miene auf. ,,Und jetzt hau endlich ab!", knurrte James und wandte sich zu mir. ,,Geht es dir gut?" Ich nickte bloß und bemerkte, dass Nathan immer noch da stand und uns beobachtete. ,,Worauf wartest du noch?", fragte ihn James immer noch wütend. ,,Ich lass mir doch von DIR nichts befehlen. Wenn du schlau bist, verschwindet ihr jetzt besser auch. Der Wald ist nicht, was er zu sein scheint" Nathan wandte sich zum gehen, drehte sich aber nochmals um und schaute mich eindringlich an. ,,Bitte, Kiera, lauf weg so lange du noch kannst!" Ich zuckte überrascht zusammen und sah wie Nathan hinter den Bäumen verschwand. ,,Lass uns lieber gehen, der Wald ist mir nicht geheuer", sagte ich zu James, der mich besorgt anblickte. ,,Lass dir doch von dem keine Angst einjagen! Ich kenne Leute wie ihn: Große Klappe, aber nichts dahinter." Ich konnte ihm ansehen, dass er unseren Spaziergang um alles in der Welt fortsetzen wollte, aber Nathans Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. ,,Gehen wir zurück und wärmen uns auf. Du musst doch sicher frieren, ich fühl mich schuldig, weil du mir deine Jacke überlassen hast." Dazu konnte er auch nichts mehr einwenden und so machten wir uns auf den Weg zurück zur Schule. Er brachte mich noch bis zur Zimmertür und ich gab ihm einen Kuss auf die Wange zum Abschied. ,,Hier, deine Jacke!" ,,Danke, es war echt ein toller Tag mit dir. Das müssen wir unbedingt wiederholen!" sagte er lächelnd. ,,Ja, das müssen wir." Ich blickte ihm noch nach, als er den Korridor entlang um die nächste Ecke verschwand, ehe ich in mein Zimmer ging, um Summer von der unheimlichen Begegnung mit Nathan zu erzählen.

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