Kapitel 10

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Elisabeth

Die letzten Tage hatte ich es kaum geschafft, mich auf meine täglichen Arbeiten zu konzentrieren. Selbst jetzt scheiterte ich bei der einfachen Aufgabe, die Karotten zu schälen. »Mensch, Kindchen, wenn du so in Gedanken bist, solltest du vielleicht die Hände vom Messer lassen«, ermahnte mich Victoria und prompt schnitt ich mir in den Daumen. Jedoch nicht tief. Noch ehe sich das Blut seinen Weg bahnen konnte, versiegte es schon.

»Du hast recht«, seufzte ich. »Es tut mir leid, dass ich die letzten Tage keine große Hilfe war, Victoria.«

Die Ältere schüttelte den Kopf. »Schon gut. Deine Gedanken sind woanders. Du musst dich nicht entschuldigen, dass du dir Sorgen um ihn machst«, entgegnete Victoria vielsagend. Mit betrübten Blick sah ich zu ihr. Ich konnte ihr nichts vormachen.

»Es ist wohl mehr als offensicht -« Ich unterbrach meinen Satz als ich das Glockenläuten vernahm.
Das Zeichen dafür, dass sie zurückgekehrt waren. Automatisch stand ich vom Stuhl auf. Hielt aber jedoch zeitgleich inne.

»Jetzt geh schon!«, wies Victoria an.

Ich schüttelte den Kopf. »N-Nein. Sie haben jetzt andere Dinge im Kopf. Ich lasse sie erst einmal ankommen«, nuschelte ich.

Victoria seufzte schwer auf, trat zu mir und klopfte mir auf die Schulter. »Glaub mir, Kindchen, auch wenn ein Mann es nie zeigt, er freut sich immer seine Liebste zusehen, die nach der Schlacht auf ihn gewartet hat«, flüsterte sie.

Ich blinzelte irritiert. »W-Was? Liebste?« Doch noch ehe ich etwas sagen konnte, schob mich Victoria mit sanfter Strenge zur Tür.

»Geh zu ihm!«, lächelte sie. Mein Herz machte einen Sprung. Bis ich entschlossen nickte und mich auf den Weg zum Platz machte, an dem der Trupp eintraf. Wie ich erwartet hatte, umschlossen Menschentrauben den Weg. Viele Bürger waren über die Rückkehr erfreut und aufgebracht. Andere wiederum zeterten, was für eine Verschwendung von Geldern es doch sei. Zögerlich drängte ich mich durch die Menschen, vorbei an den freudigen Kindern, die ihre Helden bestaunten. Sofort wanderte mein Blick zunächst oberflächlich durch die Reihe des Trupps.

Erleichtert atmete ich aus. Dieses Mal gab es keine Verletzten, oder Karren mit Leichen. Mit dieser Erleichterung wanderte mein Blick gezielt auf der Suche nach Levi. Dieser ritt etwas weiter hinten neben Hanji. Er sah sichtlich erschöpft aus. Doch in erster Linie genervt, weil Hanji ihm, allen Anschein nach, irgendetwas erzählte. Hinter ihnen ritten Eren und Armin. Der Brünette fing leicht anzulachen. Angesichts Levis überstrapazierten Nerven. Prompt drehte sich der Schwarzhaarige um und brachte Eren mit einem kalten Blick zum Schweigen. Auch mir huschte ein Lächeln über die Lippen. Es ging allen gut und diese Tatsache blies all meine trüben Gedanken mit einem Mal fort.

Levi

Abgespannt atmete ich aus. Sobald wir durch die Menschenmenge sein würden, wollte ich erst einmal ein Bad nehmen! Genervt schweifte mein Blick durch die Menge, bis ich Elisabeth am Rand erkannte. Unsere Blicke kreuzten sich. Mit einem Schlag spannten sich meine Muskeln an.

Vierauge ritt etwas näher zu mir heran und stieß mich mit dem Ellenbogen an. »Oh, wie es aussieht, hat sie auf dich gewartet«, trällerte sie grinsend.

»Tcch! Halt doch die Klappe!«, brummte ich tonlos. Jedoch umhüllte eine leichte Wärme meine Brust, als ich sie sah. Diese Wärme verschwand jedoch prompt, als ich diesen Lieferjungen bei Elisabeth sah. Er schien sie gerade entdeckt zu haben und tippte ihr von hinten auf die Schulter. Überrascht drehte Elisabeth sich um. Mehr konnte ich nicht mehr erkennen, als wir weiter ritten.

Meine Brauen schoben sich zusammen.
Hatte Vierauge nicht gesagt, sie hätte den Antrag abgelehnt?

»Allen Anschein will dieser Alfred seinen Korb nicht akzeptieren«, murmelte Hanji nachdenklich.

Ich sah gereizt auf. »Was?« Und blickte zu Hanji. Ihr Kopf war nach hinten geneigt, und ihre Hand bedeckte ihre Augen vor den Sonnenstrahlen. Mit angestrengten Blick schaute sie in die Richtung, in der Elisabeth stand.

»Äh … Hanji? Du solltest nach vorne schauen!«, lachte Alert überfordert. Doch auch ich blickte kurz nach hinten. Meine Muskeln spannten sich an. Elisabeth versuchte überfordert diesen Burschen auf Abstand zuhalten. Dieser jedoch umfasste grob ihre Oberarme und schien lautstark mit ihr zu diskutieren.

Mehr brauchte ich nicht!

»Oii! Vierauge! Hier!«, knurrte ich kehlig und übergab ihr die Zügel.

»Was hast du -«

»Halt die Klappe und führe mein Pferd einfach!«, entgegnete ich gereizt und ließ die Haken meines Manövers zum nächsten naheliegenden Dach sausen. Blitzschnell hob ich mich in die Luft und brauchte nur drei simple Bewegungsabläufe, bis ich bei Elisabeth ankam. Erstaunt, blickten mich einige Bürger an. Ich jedoch landete gekonnt auf den Boden und schritt in Richtung des Burschen und Elisabeth.

»B-Bitte Alfred. Verschlimmere die Situation nicht!«, versuchte sie den Bengel zu beruhigen.

»Ich verstehe deine Ablehnung nicht, Elisabeth! Ist es, weil ich kein Händler der reichen Leute bin? Lehnst du mich desw -« Mit hartem Griff packte ich den Burschen hinten am Kragen und wirbelte ihn herum, während ich ihn von Elisabeth wegzog.

»Oii! Bursche! Denkst du, es ist klug hier in der Menschenmenge so einen Aufstand zu üben? Dazu auch noch in der Gegenwart einer Frau?! Wo sind deine Manieren?«, zischte ich kühl.

Fassungslos starrte mich der Junge an, und ich ließ ihn los. Mit undeutbaren Blick sah er zu Elisabeth und dann wieder zu mir. Angestrengt und wütend, biss er sich auf die Unterlippe und ergriff die Flucht wie ein getretener Hund.

Gereizt atmete ich aus, ehe ich zu Elisabeth blickte. Diese schaute mich zunächst genauso überrascht an, bis sie mir ein warmherziges Lächeln entgegenbrachte.

Schüchtern strich sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Welche Menschenmenge?«, schmunzelte sie leise. Beiläufig blickte ich mich um. Ich hatte gar nicht realisiert, dass die meisten Menschentrauben weiter nach vorne zum Trupp mit gewandert waren. Ich reagierte gar nicht weiter auf ihre Bemerkung, sondern beobachtete sie dabei, wie sie langsam näher trat. Als wäre nie eine leichte Anspannung zwischen uns gewesen, richtete sie mit einem Lächeln meine Jacke.

»Deine Uniform sitzt ja gar nicht mehr ordentlich, weil du so hektisch gehandelt hast«, merkte Elisabeth leise an und sah zu mir auf. »Willkommen zurück, Levi«, flüsterte sie.

Ein undefinierbarer wohliger Schauer durchzog meinen Körper. Bei dem Klang ihrer Stimme und den Anblick ihrer strahlenden Augen.
Ich schluckte schwer. »Ja«, hauchte ich heiser und legte kaum merklich meine Hand auf der ihren, die sie noch an meiner Jacke hatte. »Ich bin zurück.«

ᵃᵗᵗᵃᶜᵏ ᵒᶰ ᵗᶤᵗᵃᶰ ᶠᶠJemand der auf dich wartet •LevixOC• [abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt