Dass Dettlaff nicht so ganz überzeugt von meiner Selbstdarstellung war, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ein guter Lügner war an ihm wirklich nicht verloren gegangen, das hatte man ja schon im Spiel bemerkt, doch auch live, echt und in Farbe war er kinderleicht zu lesen. Umso schlechter fühlte ich mich, weil ich dem armen Tropf so viele Lügengeschichten aufgetischt hatte. Aber welche Wahl hatte ich auch? Immerhin konnte ich ihm die Wahrheit schlicht nicht sagen. Sonst hätte ich Geralt schon so einige Dinge diesen Auftrag betreffend erzählt und ihn direkt zu Regis geschickt. Hoffentlich fanden sich die Zwei. Sonst müsste ich die Rolle beider übernehmen und so ganz wohl war mir dabei doch nicht. Ich war weder so effektiv im Umgang mit anderen Leuten wie Geralt, was nicht zuletzt daran lag, dass er einfach mehr Respekt einflößte als ich, noch war ich so weise und klug wie Regis. Der hatte mir ja auch locker ein paar Jahrhunderte voraus.
"Rhena, sie...", begann er zögerlich, stockte dann aber und verstummte. Er hockte da wirklich wie ein Häufchen Elend, sichtich mit sich hadernd, weil er nicht wusste, wo er beginnen sollte, wie er erklären sollte. Allein, dass wir uns bei einem Mordversuch getroffen hatte, machte die Situation schon ein wenig unangenehm. Dass ich ein überaus genaues Bild davon hatte, wie es dazu hatte kommen können, konnte er ja unmöglich ahnen und besser war es wohl auch, wenn ich ihn das nicht wissen ließ.Wie konnte Syanna ihm das nur antun? "Erzähl mir doch einfach, was passiert ist." Dettlaff hatte bis jetzt meinen Blick gemieden, jetzt aber sah er mich an, zögerte wieder und nickte schließlich. "Vor wenigen Wochen erhielt ich eine Nachricht", erklkärte er tonlos, den Blick an mir vorbei auf den Schreibtisch richtend, auf dem Geralt und Regis auch die Zettel mit den Namen gefunden hätten. "Sie zeugte von Rhenas Entführung. Man drohte, sie zu töten, wenn ich nicht..." Dettlaffs Stimme versagte ihm den Dienst. Wieder wanderte sein Blick auf den Boden zu seinen Füßen.
Am liebsten hätte ich ihn in den Arm genommen, so leid tat mir der Vampir vor mir. Die Stadt mochte in ihm das berüchtige Biest von Beauclair sehen, ein grausames Monster, das blutig mordete, aber alles, was ich hier sah, war ein Mann mit gebrochenem Herzen und voller Schuldgefühle. Wie gerne hätte ich ihm einfach alles erzählt. Dass seine Rhena ihn nur für ihren Plan benutzt hatte, dass sie ihn verlassen hatte und jetzt nur Kontakt suchte, weil sie seine übernatürlichen Kräfte für ihre Rache verwenden wollte. Allerdings ahnte ich, dass mir dieser Versuch wohl in erster Linie den Zorn Dettlaffs zugetragen hätte. So traurig es war, Dettlaff war von seiner Liebe zu Rhenawedd - oder vielmehr Syanna - geblendet.
"Dir wurde gedroht, dass Rhena stirbt, wenn du nicht die Personen tötest, die man dir nennt", schloss ich leise. Dettlaff sagte nichts, doch manchmal sagte Schweigen mehr als Worte und ich wusste ja längst, dass ich Recht hatte. Vorsichtig trat ich näher, um eine Hand an seinen Arm zu legen. Eine Geste, die ihn zurückzucken ließ. Ich wusste ja, dass er scheu war, aber als Rhenas Freundin hatte ich gehofft, einen kleinen Vertrauensvorschuss zu bekommen. "Wir finden heraus, wo sie ist und dann wird sich alles klären", versprach ich beruhigend. Innerlich zermarterte ich mir bereits das Hirn, was ich jetzt tun sollte. Eigentlich wäre Dettlaff nicht hierher geflohen und eigentlich hätte Geralt jetzt Regis getroffen, der ihm erklärt hatte, dass Dettlaff nicht das Monster war, für das die Stadt ihn hielt. Uneigentlich konnte ich mich aber jetzt nicht mehr darauf verlassen, dass Regis und Geralt einander gefunden hatten. Vielmehr würde der Hexer jetzt wohl der Herzogin und ihren Leuten berichten, dass er das Biest auf frischer Tat ertappt hatte und es seine Begleiterin entführt hatte. Das konnte ja heiter werden. Jetzt war sogar indirekt selbst ein Problem für Dettlaff geworden, weil mich aufzuspüren einfacher wäre, als ihn. Wenn ich den Laden verließ, bestand also sogar die Chance, dass mich jemand erkannte, nachdem ich ja so eine großkotzige Nummer in der Arena gebracht hatte.
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Blood and Whine (Witcher III)
FanfictionWie man einen Tag ruiniert: Step 1: Streit mit der besten Freundin. Step 2: Von einem Greifen verschleppt werden. Doch genau das passiert mir in diesem Projekt. Diese FF gehört zum Mary Sue-Projekt auf Animexx, das ich jedem nur ans Herz legen kann...