Der Stern

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Distanziert nahm ich eine Hand auf meiner Schulter wahr und versuchte blinzelnd ins Hier und Jetzt zurückzukehren. Ich musste meine Augen geschlossen haben, denn die Lichter blendeten mich und warfen verzerrte Schatten auf Fannys Gesicht, die mich besorgt ansah.

Auf einmal merkte ich, wie schwer ich atmete und wie sehr mich die Eindrücke überwältigt hatten und versuchte mich auf Fannys Hand auf meiner Schulter zu konzentrieren. In dem Moment war ich so dankbar dafür, dass sie da war und mich so gut kannte, dass sie direkt wusste, wie sie mit mir umgehen sollte.

Ohne ein Wort schob sie mich sanft aber bestimmt durch die Menge, die ich nur noch als Schatten und Schemen wahrnahm, durch schwarze Vorhänge und einen Korridor zu einer Tür, die uns in die dunkle, stille Nacht entlies.

Ich lehnte meinen Kopf an die kühle Mauer während sich die Tür hinter uns schloss und die Musik aussperrte, sodass nur noch ein dumpfer Bass zu hören war. Ich atmete mit geschlossenen Augen tief ein und aus und begann langsam wieder zu mir zu kommen. Als ich den Kopf hob sah ich Fanny, die an der gegenüberliegenden Wand auf einem leeren Bierkasten saß und rauchte. Sie sah besorgt aus, hatte jedoch gelernt damit umzugehen, wenn ich einen meiner Anfälle hatte.

„Danke", sagte ich und setzte mich neben sie.

„Es ist meine Schuld", sagte sie. „Ich hätte wissen müssen, dass es zu viel für dich ist mit alldem" sie machte eine ausladende Geste in Richtung Tür. „Gehts wieder?"

„Es geht mir schon viel besser, dank dir", sagte ich und lächelte sie beruhigend an. „Und es war nicht so wie sonst. Es war nicht negativ. So etwas habe ich noch nie erlebt, es war wie...", ich suchte nach den richtigen Worten um das Gefühl zu beschreiben.

„Ekstasisch?", schlug sie vor.

„So ähnlich. Wie ein einziger, lebender Organismus", auch hier versagten meine Worte und sie sah mich verständnisvoll an.

„Das ist es. Hier ist es egal wer ich bin oder woher ich komme. Wir sind eine Einheit". Sie nahm den letzten Zug an ihrer Zigarette und drückte den Stummel mit ihrem Schuh aus.

„Jetzt verstehe ich was du meinst", sagte ich strahlend und spürte immer noch die Nachwirkungen in meinem Körper. Ich war froh, dass uns niemand hier in dem Hinterhof, der als Wareneingang diente, sehen oder hören konnte, denn wir mussten uns anhören, als wären wir verrückt.

„Ich hatte schon befürchtet, dass es dir nicht gefällt", gestand sie kleinlaut, was für sie nicht üblich war.

„Es ist umwerfend. Im wahrsten Sinne des Wortes", wir lachten und ich drückte ihre Hand. Es berührte mich immer wieder zu sehen, wie viel ich ihr bedeutete. Auch wenn sie nach außen hin meist eine taffe Fassade hatte und nichts auf die Meinung anderer gab, war sie umso zutraulicher und liebevoller zu mir. Was selbst mit unserer Vorgeschichte nicht selbstverständlich war.

Die Tür uns gegenüber flog auf und Jessica rauschte mit einem Schwall lauter Musik zu uns hinaus.

„Wo wart ihr?", fragte sie aufgebracht, „Ihr seid einfach so abgerauscht, ich musste den ganzen Laden nach euch absuchen".

„Ich musste mal an die Luft", nahm Fanny mich in Schutz. Sie wusste, dass Jessica nichts von meiner Situation verstehen würde und wollte sich wahrscheinlich einfach die Diskussion ersparen.

Jessicas Blick viel auf unsere verschränkten Hände und ich bemerkte, wie sich ihre Lippen kurz zu einer schmalen Linie zusammenpressten. War sie eifersüchtig? Kurz kam mir der Gedanke, dass die beiden etwas miteinander hatten, auch wenn meine Intuition eher auf Mo getippt hätte.

Das Spiel des Narren // Loki FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt