Der Gehängte

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„Hallo?", rief ich, als ich die Türe des Clubs hinter mir schloss. Normalerweise wurde ich von Loreley empfangen, aber sie war nirgends zu sehen. Auch der Innenraum war leer und es waren nicht einmal die üblichen Trainingsgeräte ausgelegt.

„Loreley?" Keine Antwort. „Loki?"

Ein beklemmendes Gefühl überkam mich, während ich die Treppen hinaufstieg. Das war sehr ungewöhnlich, selbst für Loki. 

Ich öffnete die Tür zu dem Hauptflur und sah mich verwundert um. Überall lagen Gegenstände- Kleidung, Flaschen und Teile von Möbeln- es sah aus wie ein Schlachtfeld. Alarmiert öffnete ich die nächste Tür zu dem Raum mit den Vorhängen, durch den ich bei meinem ersten Besuch in Lokis private Räume eingebrochen war. Auch hier bot sich mir ein ähnliches Bild. Ich konnte Musik und Stimmen hören und eilte in den nächsten Raum, das große Hauptzimmer. Dem Zustand nach zu urteilen hätte ich auf einen Kampf getippt aber das Bild, das sich mir bot, war ein gänzlich anderes. Erstarrt blieb ich im Türrahmen stehen und blickte auf das Szenario. In dem Raum befanden sich ungefähr 10 Leute, die kaum bis gar nicht bekleidet waren. Sie tanzten, tranken und nahmen diverse Drogen. Es sah aus wie eine wilde, chaotische, außer Kontrolle geratene Orgie. Die Gefühle, die mir entgegenkamen waren fast ekelerregend. Mein Magen drehte sich um, als ich Loki sah.

Er saß nackt inmitten des Raumes auf der roten Sitzgelegenheit. Auf seinem Schoß saß eine Frau und sein Mund war genüsslich auf den eines Mannes gepresst. Vollkommen perplex stand ich da, nicht in der Lage meinen Blick abzuwenden, auch wenn es mich schmerzte.

„Frischfleisch!", hörte ich eine Stimme neben mir trällern.

Eine Frau, nur mit einem Tanga bekleidet, streckte die Hände nach mir aus und fummelte an meinem Top herum, in dem Versuch, es mir auszuziehen. Das ließ mich aus meiner Schockstarre erwachen und ich schob ihre Hände weg. „Was soll das?"

„Stell dich nicht so an, siehst doch hübsch aus", säuselte sie und griff erneut nach mir.

Diesmal war ich schneller und geschickt wich ich aus und stieß sie von mir. „Was zum Teufel ist hier los?"

Die Augen der Umstehenden waren nun auf mich gerichtet. Wütend starrte ich Loki an, welcher als letzter zu bemerken schien, dass etwas nicht stimmte. Ich konnte ihn kaum ansehen, von meinen Gefühlen überwältigt. Wie in Zeitlupe erstarrte sein Gesichtsausdruck, als er mich erkannte. Seine Lippen formten stumm meinen Namen, doch er sagte nichts.

„Ich störe wohl", sagte ich trocken und machte Anstalten zu gehen.

Blitzschnell sprang er auf, stieß die beiden Anhängsel von sich und durchquerte den Raum. Er stand nackt vor mir und ich benötigte all meine Willenskraft, meinen Blick auf seinem Gesicht zu lassen und ihn wütend anzuschauen.

„Megara, du bist hier?" Er streckte die Hand nach mir aus um mich zu berühren, als müsste er sich vergewissern, dass ich real sei.

Ich stieß seine Hand weg, was ungewöhnlich leicht war. „Wir haben Training. Aber das hat sich wohl erledigt."

„Was?", fragte er und sah mich verwirrt mit glasigen Augen an. „Aber du hast dich verabschiedet. Und bist nicht mehr wieder gekommen."

„Ich habe doch gesagt, ich brauche ein paar Tage für mich", stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Grob legte ich meine Hand an sein Kinn und hob seinen Kopf. „Bist du etwa high?"

Zwar hatte ich ihn manchmal trinken sehen, aber er war immer sehr bedacht gewesen, nicht die Kontrolle zu verlieren. In so einem Zustand hatte ich ihn noch nie erlebt. Distanziert konnte ich tiefen Schmerz und große Verzweiflung verspüren. Dann nahm ich wahr, wie meine Hand kribbelte und schnell ließ ich sein Gesicht los.

Das Spiel des Narren // Loki FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt