Das Aeon

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Während des Morgengrauens beichtete er mir seine Vergangenheit. Von seiner Herkunft, seiner wahren Heimat, seines Wesens, seiner Taten. Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus und es war, als versuchte er mich davon zu überzeugen, wie böse er war. 

Zugegebenermaßen waren die Sachen, die er getan hatte schlimm: er hatte versucht, die zu töten, die er für Vater und Bruder hielt, er hatte seine Heimat und jeden seiner Verbündeten hintergangen und den Alienangriff auf New-York verursacht. Er hatte skrupellos, rücksichtslos und egoistisch gehandelt, betrogen und gemordet. Er war schuld an dem Tod von hunderten von Menschen und unzähligen weiteren Kreaturen. Das war schrecklich und grausam und mein erster Impuls war es, schreiend hinauszurennen. Aber was mich innehalten ließ, war der Selbsthass, der Schmerz und das Leid, welche ich in ihm sah und in seinen Erinnerungen verspürt hatte. Das sollte nichts von dem, was er getan hatte entschuldigen, aber es zeigte, dass er es getan hatte, um sich zu beweisen, stark zu fühlen und seinen Platz zu finden und nicht weil er von Grund auf böse war. Nachdem ich nach dem Tod meiner Eltern in ein Waisenhaus gekommen war, war ich in meiner Jugend an die falschen Leute geraten und hatte aus ähnlichen Gründen Dinge getan, die moralisch und gesetzlich fragwürdig waren und auf die ich bis heute nicht stolz war. Aber es hatte mich zu der Person gemacht, die ich heute war. 

Es machte mir deutlich, was Loki gemeint hatte, als er gesagt hatte, dass er mit der Eröffnung seines Clubs nach seinem Platz in der Welt gesucht hatte. Er hatte etwas gefunden, dass ihm gehörte, wo er er selbst sein konnte und die Kontrolle hatte. Es erklärte das mächtige Gefühl, dass ich verspürt hatte, als ich das erste mal in den Club kam- eine Energie, dass alles und jeden anzog, egal wer oder was man war und einem das Gefühl der Verbundenheit gab.

Er legte den Kopf zurück auf die Rückenlehne der Couch und sah mir endlich wieder in die Augen. Sein ganzer Körper war angespannt und sein Gesicht hatte einen gequälten Ausdruck.

„Du bist noch hier", sagte er mit erstickter Stimme.

„Natürlich."

„Hasst du mich?" Seine Aura verschloss sich, vorbereitet auf meine Antwort.

„Nein, Loki, ich hasse dich nicht", sagte ich sanft.

„Aber wieso?", fragte er verwirrt, die Worte waren kaum hörbar.

„Weil ich dein Leid spüre und es verstehe. Du hast Entscheidungen getroffen, die dir und anderen geschadet haben. Dafür hattest du Gründe" sagte ich vage, da ich nicht zu persönlich werden wollte „und dafür musstest du die Konsequenzen tragen. Aber ich glaube nicht, dass du böse oder schlecht bist. Auch du hast eine zweite Chance verdient."

„Dunkelheit ist immer nur die Abwesenheit von Licht", murmelte er und ich sah ihn perplex an. „Das hast du gestern im Schlaf gesagt", erklärte er.

„Ich rede im Schlaf?", errötete ich. Oh Gott, was hatte ich noch gesagt?

„Ja, es war sehr interessant."

Ich versank beschämt in der Couch. Hoffentlich hatte ich nichts peinliches gesagt. „Meine Mutter hat das immer zu mir gesagt" wechselte ich schnell wieder das Thema „wenn eines der Kinder im Kindergarten gemein zu mir war. Meg sagte sie, wenn sich eine Person schlecht verhält, sagt das alles über die Person aus, aber nichts über dich. Ihre Dunkelheit ist nur die Abwesenheit von Licht." Tränen stiegen mir bei der Erinnerung an meine Mutter in die Augen.

„Es klingt, als wäre deine Mutter eine weise Frau gewesen und als hätte sie dich sehr geliebt."

„Ja", nickte ich, „Und sie hatte Recht. Deshalb gebe ich dich nicht auf."

Das Spiel des Narren // Loki FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt