Der Wagen

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Ich wimmerte leise und begann zu weinen. Meine Mutter drehte sich auf dem Vordersitz zu mir um und warf mir einen besorgten Blick zu. Sie streckte die Hand nach mir aus und berührte mich sanft am Bein, „Was hast du, Liebes?"

Verkrampft begann ich in meinem Sitz hin und her zu wippen. „Papa", schluchzte ich. Das schmerzhafte, einengende Gefühl in meiner Brust wurde immer intensiver, während das Auto an Geschwindigkeit gewann.

„Jonathan", hörte ich meine Mutter sagen, „bitte fahr langsamer, Meg hat einen Anfall".

Ich begann zu schreien, kurz bevor mein Vater im Fahrersitz zusammensackte und unser Auto unkontrolliert über die Fahrbahn raste.

„Jonathan!", schrie meine Mutter und ich sah, wie sie versuchte den schlaffen Körper meines Vaters zu bewegen und das Lenkrad des Wagens zu fassen zu bekommen. Doch wir rasten bereits mit voller Geschwindigkeit auf die Gegenfahrbahn zu. Das Echo der zusammenprallenden Autos hallte in meinem Kopf wieder und katapultierte mich in die Dunkelheit.

Angst, Schuld und Einsamkeit waren alles, was ich spürte.

Ich war allein. Ich wusste, dass meine Eltern fort waren. Und es war meine Schuld. Auf einmal spürte ich weitere Emotionen, die mir unbekannt waren. Sie mischten sich zu den Gefühlen und zogen mich in einen Strudel von Wut, Hass und Rache.

Wut, Hass, Rache.

Ich sah einen älteren, weißhaarigen Mann dessen eines Auge von einer Art Augenklappe bedeckt war. Sein Gesicht tauchte in verschiedenen Szenarien auf, veränderte sich jedoch kaum. Ich spürte, wie es mein sehnlichster Wunsch war, seinen Stolz zu erlangen, wie ich alles dafür tat, seine Aufmerksamkeit uns seine Liebe zu gewinnen- vergebens. Wenn er mich ansah, entdeckte ich Zurückhaltung in seinem Blick, Unzufriedenheit und vereinzelt sogar Furcht.

Wut.

Ich erkannte einen weiteren Mann, in goldener Rüstung, schulterlangem, blondem Haar, einen Hammer und einer Ausstrahlung, durch die alle ihn bewunderten. Meine Loyalität und meine Liebe zu ihm wurden langsam von Eifersucht und dem Gefühl, fehl am Platz zu sein, überschattet.

Wut, Hass.

Und dann war da noch das Gesicht einer Frau, deutlicher als alles andere. Sie war wunderhübsch, engelsgleich, mit einer beruhigenden, verständnisvollen und warmen Aura. Sie streckte die Arme nach mir aus und ich empfand das Gefühl, bedingungslos verstanden und akzeptiert zu werden. Doch kurz bevor ich in ihre Arme fiel, verschwand sie, wie Rauch im Wind, nahm alles um sich herum mit und lies mich alleine in der Dunkelheit zurück.

Rache.

Wut, Einsamkeit, Rache, Schuld, Angst, Hass.

Wut, Einsamkeit, Rache, Schuld, Angst, Hass.

Fanny.

Ich ergriff ihr Licht wie eine ertrinkende und zog mich aus der Dunkelheit.

Ich saß in einem Bus, Kopfhörer in den Ohren, aber ohne Musik. Ich sah aus den Fenstern hinaus auf die grauen Straßen und wurde aus meinem Tagtraum gerissen, als sich jemand auf den Platz neben mir setzte. Die Präsenz der Person war so unendlich traurig und verletzt, dass ich mich zuerst nicht traute, mich zu ihr zu drehen. Ihre Energie schrie mir eine Sache entgegen: Gleich ist es vorbei. Erschreckt über diese bittere Entschlossenheit nahm ich meine Kopfhörer ab und wandte mich um. Neben mir saß ein junges, unscheinbares Mädchen, ungefähr 16 Jahre alt. Sie hatte dunkle, lange Haare und ihr Gesicht wirkte blass und eingefallen. „Hey" sagte ich und lächelte sie freundlich an.

Ihr Gesicht veränderte sich und plötzlich saß ich mit ihr auf einer Parkbank. Wir ließen unsere Füße baumeln und betrachteten die Tattoos, die wir uns hatten stechen lassen. Ein Yin und Yang Symbol, das Eine in Form einer Sonne und das Andere der eines Monds. Leise gestand sie mir dabei, dass sie sich an dem Tag, als wir uns kennen gelernt hatten ihr Leben hatte nehmen wollen. Ich umarmte sie.

Licht.

Und ich erwachte.

Und ich erwachte

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Anmerkung:

"Sun & Moon Yin Yang" von Liam Ashurst. Gefunden auf: https://www.instagram.com/liamashurst/

Das Spiel des Narren // Loki FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt