Noch bis spät Abends saßen wir an unserem Tisch, obwohl wir schon längst fertig waren mit essen.
Es gab einfach so viel zu erzählen. Ich erzählte ihm, wie ich, als ich noch kleiner war, mit meiner Mutter einen Ausflug ans Meer gemacht hatte und dass es der schönste Urlaub war an den ich mich erinnern konnte. Ich weiss noch, wie wir immer am Strand langspaziert sind und ich habe immer auf den Horizont geschaut und mir überlegt, wie die Erde dahinter wohl weiter geht. Wie die Menschen dort wohl leben und was sie wohl gerade machen. Ich erzählte ihm lustige Geschichten aus meiner Zeit in der 6. Klasse.
Ich erzählte ihm viel. Und er hörte viel zu, aber er konnte gut zuhören. Er unterbrach mich nur, um nachzuhaken.
Immernoch hatte ich ein mulmiges Gefühl im Bauch. Ich kannte Harry kaum und hatte ihm gerade meine ganze Lebengeschichte erzählt.
Seitdem Nick meine Schwester verlassen hatte, hatte ich nicht mehr an Beziehungen geglaubt. Auch Freundschaftliche. Nick hatte mir gezeigt, dass es irgendeinen Augenblick geben wird in deinem Leben, wo du nur an dich selber denken musst. Er hatte mir klar gemacht, dass manche Menschen das zu ernst nehmen. Sie nehmen dann keine Rücksicht mehr auf ihre Mitmenschen. Sie machen einfach was sie für richtig halten. Ich glaubte aber, dass es auch Menschen gab, die in diesem Augenblick, wo sie an sich selber denken sollen, nicht nur an sich selber denken. Dass sie noch ein wenig menschliches Gespür dafür haben, wie es den Anderen geht. Nick hätte sich Gedanken drüber machen können wie es meiner Schwester danach geht, über ihre Gefühle. Aber so war Nick nicht.
Er war keiner von den Menschen, die in diesem Augenblick auch an Andere denken. Ich glaube diese Art von Menschen gab es nur ganz selten. Sie waren etwas Besonderes, sowas wie Engel.
Und irgendwie hatte ich das Gefühl, Harry war so ein Engel.
Ein schweigsamer Engel. Er erzählte nicht viel von sich, aber ich wollte auch nicht aufdränglich sein. Ich wusste wie das war.
Viel zu schnell standen wir wieder vor dem Cafe und Harry begleitete mich nach Hause.
Es war dunkel und Fledermäuse flatterten vereinzelnt im Wald, der nicht weit weg war. Ich hörte sie. Instinktiv ergriff ich seine Hand. Harry sah auf mich runter, "Angst vor Vampiren?", fragte er.
Ich grinste nur und er drückte meine Hand etwas fester. Ich fühlte mich erstaunlich sicher so.
Schweigend gingen wir durch die Stadt, doch als wir nur noch wenige Meter von meinem Zuhause entfernt waren, wurde Harry plötzlich gesprächlich.
"Ich hatte mal einen Vogel.", fing er plötzlich an. "Ach echt?!" Ich wollte wirklich nicht lachen, aber ich konnte es mir verkneifen. Harry merkte was er gesagt hatte. "Ey!",sagte er lachen und boxte mich zum Spaß an die Schulter, weswegen er meine Hand losließ.
Ich schnappte wieder nach ihr und war froh, die schon mittlerweile vertraute Wärme zu spüren.
"Ich meine einen echten Vogel", fuhr Harry fort, "einen Wellensittich." Ich hatte mich wieder eingekriegt und fragte nach: "Was ist mit ihm passiert?" "Er ist gestorben. Er war schon alt." "Oh, das tut mir Leid.", sagte ich mitfühlend. Ich stellte mir vor, wie ich mich fühlen würde, wenn Taps sterben würde. "Ach halb so schlimm. Ich war noch sehr klein, ich wollte nur das Schweigen unterbrechen", sagte er und lachte kurz auf. Ich lachte und er sah mich an. Wir blieben stehen.
Sein Blick war wieder ernst geworden und erstickte mein Lachen.
"Ich muss dir was sagen, Kathi.", sagte er ernst. Es war das erste Mal, dass er meinen Namen ausprach. Es klang wunderschön und mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich sah ihn abwartend an.
Die Situation wäre romantisch gewesen, wenn ich nicht so einer Angst gehabt hätte, vor dem was er mir sagen wollte. Er blickte mich kalt an, doch plötzlich zuckten seine Mundwinkel.
"Wir sind da!", platzte er heraus und fing laut an zu lachen. "Mann Harry!!" Ich boxte ihm in die Seite.
"Gute Nacht", sagte er und grinste mich an. Er drückte seine Lippen auf meine Wange.
Ehe ich noch antworten konnte, hatte er sich schon umgedreht und ging davon. Ich blickte ihm noch hinterher, bis er um die Ecke ging, aber er drehte sich nicht mehr um. "Gute Nacht, Harry", flüsterte ich in die Dunkelheit hinein und ging ins Haus. Das mir dem Verabschieden muss er wirklich nochmal üben.

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Unpredictable |hs|
FanfikceIch war mir nicht sicher ob Leute "für einander bestimmt" sein können, wie es in Geschichten immer so schön gesagt wird. Doch dann traf ich... Nein! das stimmt nicht. Ich möchte euch die Geschichte nicht schönreden. Es war bei Harry keine Liebe auf...