Ankunft in die Alte Stadt

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Es war spät in der Nacht, als plötzlich ein Geräusch von der oberen Etage zu hören war. Diabel war kurz vor Einschlafen und lag schon gemütlich im Bett, als sie ein dumpfes Geräusch hörte, als ob irgendwas auf dem Boden genau über ihr landete. Die Wände waren überall ziemlich dünn und obwohl die oberen Etagen weit weg von dem Lärm der unteren waren, konnten sie sich nicht komplett isolieren, also konnte man jegliche Geräusche über oder unter dem einen gut hören. Das Mädchen öffnete ihre Augen und setzte sich auf. Es dauerte nicht lange, bis Stimmen zu hören waren. Diabel versuchte, sich noch mal hinzulegen und die Stimmen auszublenden, um einschlafen zu können aber als es dann nicht besser wurde, warf sie die Bettdecke von ihr und stand auf. Sie ging ins Außenzimmer und setzte sich auf den Stuhl. Es war beschlossen, noch ein paar Minuten zu warten, wenn die Leute da oben noch immer so einen Tumult machen würden, würde Diabel höchstpersönlich nach oben gehen und sie „beruhigen". Obwohl sie einen hohen Stand hatte und sich eigentlich nicht so vulgär benehmen sollte, gerade war niemand aus ihrem Haus dabei und niemand wusste, wie die Tochter von Cai aussah, also hatte sie keinen Grund, ruhig zu bleiben. 

Kann diese Fassade der ruhigen Adelstöchter im Feuer brennen, dachte sie und spuckte zum ersten Mal ein Schimpfwort aus, welches sie von dem Gärtner ihres Hauses mal gehört hatte. Es fühlte sich dreckig und befriedigend an.

Also wartete sie zehn, fünfzehn, zwanzig Minuten...als dann eine halbe Stunde vergangen war, und irgendetwas dort oben zerbrach, stand Diabel ruckartig auf. Der Stoß verursachte den Stuhl mit einem Krach auf dem Boden zu fallen. Das Mädchen stampfte zur Tür und schlug sie auf. Sie versuchte nicht leise zu bleiben, sondern machte bewusst klar, wie gereizt und bereit sie war, jemanden für die gestörte Ruhe eine reinzuhauen. Sie stieg die Treppen hoch bis zu der oberen Etage. Diese unterschied sich eigentlich äußerlich nicht viel von der siebten, es waren aber nur zwei Räume da, die definitiv von der besten Qualität waren. Diabel wurde sofort klar, dass die Stimme - anscheinend eine weibliche – aus dem linken Zimmer kam, also begab sie sich schnellstmöglich dahin. Sie beschloss erstmal die Tür nicht sofort aufzuschlagen, sondern klopfte laut daran. Die Stimmen schienen verstummt zu sein und nach ein paar Sekunden waren schnelle Schritte zu hören. Diabel war schon bereit eine Triade anzufangen, als die Tür aufgeschlagen wurde. Vor Diabel erschien ein zierliches Gesicht, eines kleinen Mädchens, ungefähr ihres Alters. Das Mädchen hatte schwarze, schulterlange Locken und ihre dunklen Augen schossen Blitze.

„Nicht jetzt!", schrie sie auf und knallte die Tür Diabel vor der Nase.

Was zum-?!

Das Mädchen stand erstarrt vor der Tür, hinter welcher sich schon wieder ein Konflikt auslöste. Diabel spürte, wie Wut drastisch schnell in ihr aufstieg. Diese brodelte wie ein Geysir und würde Diabel ihre Augenfarbe ändern können, würden sie schon dem Feuer ähnlich sein.

„Ich zeig dir, was NICHT JETZT bedeutet!"

Sie holte es mit ihrem Bein aus und trat die Tür ein. Diese schlug mit einem lauten Krach gegen die Wand, was die zwei Mädchen im Zimmer aufschrecken ließ. Diabel sah das Mädchen, welches sie vor kurzem anschrie, vor einem anderen Mädchen stehen, welches genau so wie sie aussah. Förmliches Spiegelbild. Diabel hatte aber keine Zeit, den Zwilling zu betrachten – ihre Wut war genau auf den anderen Zwilling ausgerichtet.

„Hör mal her du kreischende Bestie. Wenn ich noch einen Mucks von dir oder deiner Schwester höre, wird die Tür nicht das einzige sein, was ich einschlage! Sieht ihr eigentlich, dass es verdammt noch mal Nachts ist?! Ihr seid hier nicht alleine!", sie war so wütend, dass sie nichts mehr sagen konnte. Es war diese Wut, die einen einfach sprachlos machte. Und obwohl Diabel noch mehr von ihrer Meinung über diesen Lärm rausgeben wollte, hatte sie irgendwie ihren fast ganzen Wortschatz vergessen. Also schoss sie noch einen Blitz mit den Augen in die Richtung der erstarrten Mädchen, ergriff die Türklinke und knallte die Tür hinter sich zu. Man konnte hören, wie sie die Treppen wieder runterstampfte und das Schließen der benachbarten Tür wurde von diesem Geräusch verschluckt.

Es dauerte ein paar Momente, bis die beiden verstanden hatten, was eigentlich passierte.

„Hat sie mich gerade Bestie genannt?!", kreischte die ältere Zwillingschwester auf und schoss aus dem Zimmer, hinter der dunkelhaarigen her. Die jüngere Schwester, die die ganze Zeit ziemlich gelassen am Tisch saß, konnte nur auf den Eingang starren und sich den Anblick des schönen Mädchens im Kopf speichern. Sie war sich sicher, es würde nicht ihr letztes Treffen sein.

Diabel schloss ruhig die Tür hinter sich zu. Es war schon ziemlich schade, dass sie nichts mehr sagen konnte und ihr verbaler Angriff war auch nicht besonders stark und bissig aber was getan war, war getan. Sie hatte sich schon beruhigt und konnte von da an entspannt schlafen gehen.

Nur hatte sie nicht bemerkt, wie das schwarzhaarige Mädchen noch gute zehn Minuten sie auf allen Etagen gesucht hatte und wie sie vorher auf der achten Etage von zwei dunklen Augen aus dem rechten Zimmer beobachtet wurde.

                                                                                      * * *

Am nächsten Morgen stand Diabel relativ früh auf und begab sich sofort zu ihrer Tasche. Ihr Vater hatte schon vorher durch seine Bekannten erfahren, dass die Akademien ziemlich ähnlich im Sinne von Material waren, also war es nicht viel, was sie brauchte. Speicherkristalle, die Akademieplatte, ein Messerdolch und ein mittleres Teleportkristall.

Teleportkristalle, ihre Aufgabe wurde schon im Namen erklärt, waren was sehr Wertvolles und Teures. Sie konnten nur von hochrangigen Magiern erschaffen werden, denn es kostete sehr viel Kraft, ihr Material war sehr selten und noch dazu waren die Teleportstrecken alle verschieden. Ein kleiner Teleportkristall konnte höchstens zwei Leute auf maximal zweihundert Meter teleportieren, ein mittleres konnte schon bis zu vier Menschen auf den Abstand von fünfhundert Meter bringen und ein großes Teleportkristall konnte es bei sechs Menschen und auf ein Kilometer bringen. Die Größenangaben waren nur zum Unterscheiden da, die Teleportkristalle konnte man nur im Material unterscheiden. Der mittlere Teleportkristall in Diabels Hand hatte die Farbe eines leuchtend blauen Jadeits. Er war bestimmt hunderttausende Kristallmünzen wert und das Mädchen konnte ihrem Vater nur innerlich vom ganzen Herzen danken. Niemand würde einfach so sowas Wertvolles weggeben. Als letztes war ein kleines Täschchen, welches ein tausend Kristallmünzen in sich hatte. Und obwohl Diabel diese in der Akademie, wie auch in der Akademiestadt nicht brauchen würde, konnte Cai sie nicht so ohne Geld wegschicken.

Diabel verstaute alles in die Geheimtaschen und holte eine einfache Bürste raus. Ihr Haar war wie eine wellige Mähne, die ihr eigenes Leben hatte und man müsste sie immer gut durchkämmen, damit das Mädchen am Ende nicht wie eine vom Wind geliebte aussah. Sie hatte genug Zeit, um sich vor der Landung noch zu entspannen und ein Bad zu nehmen.

                                                                                      * * *

Genau als sie schon durch ihre fast getrockneten Haare kämmte, klopfte es an der Tür. Diabel rannte zur Tür und machte sie auf, um eine lächelnde junge Frau zu sehen.

„Sehr geehrte, wir werden in kürze landen. Bitte gehen Sie nicht auf den Balkon. Ich würde gerne jetzt die Fenster zu machen."

Die Frau verbeugte sich.

„Machen Sie sich keine Sorgen, ich werde sie selber schließen."

Diabel lächelte ihr zu.

„Dann kann ich mich nur bedanken und Sie nicht mehr stören. Ich wünsche Ihnen alles Gute," sagte die Frau wie eingeübt.

„Gleichfalls," antwortete Diabel im gleichen Ton und schloss die Tür hinter sich. Nach den ganzen Erwartungen, endlich war der größte Teil dieser Reise hinter ihr. Ihr Herz fing von der ganzen Aufregung schnell zu schlagen und sie lächelte unkontrolliert. Egal, auf welche Akademie sie kommen würde – es war ein komplett neuer Abschnitt in ihrem Leben und wer würde nicht aufgeregt sein. Sie wusste, dass sie mit ihrem Schicksal klarkommen musste.


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Ich möchte eigentlich die nächste Kapitelüberschrift spoilern aber was gibt es da eigentlich zu spoilern? Alles passierte schon ja ;D

Silver Heart and Grey WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt