Die Zeremonie

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Es dauerte nicht lange, bis sich der komplette Empfangssaal füllte. Nachdem hunderte von Schülern den Saal betraten, sah er nicht mehr so fürchterlich groß aus. Man fühlte sich nicht mehr klein und im Ohr dröhnte es nicht mehr. Diabel quetschte sich in die vorderen Reihen durch, um besser zu sehen. Sie schaute sich um, um andere Schüler, aus älteren Stufen zu sehen aber im Saal waren nur die ersten Stufen und viele Professoren. Sehr viele. Sie alle standen verstreut im Saal, verschieden im Aussehen und Alter aber gleich im einem – sie waren Kampfmagier. Es war unglaublich, wie viele es schon von ihnen gab und Diabel wunderte sich, wie viele Schüler wohl die anderen Akademien dazubekommen haben. Es würden bestimmt weniger sein, als Roberstein. Als Diabel den Gedanken zu Ende brachte, merkte sie, wie es immer leiser wurde. Wenn sie zum Podest hinsah, ging eine ältere Schülergruppe die Treppe hoch und stellte sich ein wenig abseits der Mitte in eine Linie. Zwischen denen war auch Milier und er stand rechts vom Mittelpunkt – wie es zu einem Vizevorsitzenden gehörte.

Das muss der Schülerrat sein.

Es waren insgesamt sieben Leute. Alle hatten die gleiche Kleidung an und alle sahen wie vom Tron aufgestanden aus, poliert und stolz, hatten dennoch aber keine herausstechende Aura. Nicht so eine, wie die Person in der Mitte. Ein Mädchen- nein, schon eine junge Frau, schlank und elegant. Ihre gold-grünen Augen strahlten wie die Sterne und trugen Wissen in sich. Großes Wissen. Solches Wissen, was nicht zu ihrem Alter passte. Ihre ganze Statur rief nach Aristokratie und ihre Haltung zeigte eine ausgesprochene Erziehung. Die junge Frau hatte etwas Kühles an sich, was nicht gerade unangenehm war aber auch nicht wirklich einladend. Sie trat ein wenig vor aus der Reihe und ihre Lippen formten sich zu einem leichten aber unehrlichen Lächeln. Sie verlangte förmlich um die Aufmerksamkeit, die eine Vorsitzende bekommen müsste. Diabel seufzte gerade zu Ende, als plötzlich schwere Schritte zu hören waren. Sie hallten durch den eigentlich überfüllten Raum, als ob niemand da wäre. Das Echo füllte den Saal und manche Schüler erschauderten. Die Türen von dem nördlichen Eingang öffneten sich lautlos und eine große Figur trat in den Saal ein. Es war ein Mann, Mitte vierzig, vielleicht Anfang fünfzig, mit einem Bart und einem breiten Körperbau. Er strahlte kalte, bloße Stärke aus. Wie ein Krieger. Er ähnelte ihrem Vater dabei ziemlich stark. Diabel war an dieses Gefühl gewohnt. Der Mann hatte ein sehr markantes, viel zu grobes Gesicht, was ihn eher unangenehm in den Augen der anderen darstellte. Einige Kinder fingen an zu tuscheln und sie merkten nicht, wie es immer lauter und lauter wurde.

Was macht ihr da.

Diabel hielt sich nicht davon ab, ihre Augen mit einer Hand zu verdecken.

Der Akademieleiter taucht auf und ihr könnt nichts besseres tun, als sich über ihn in SEINER Gegenwart zu unterhalten?!

Der Mann schien den ganzen Lärm nicht zu merken und marschierte entspannt auf den Podest zu. Laut trat er die Treppen hoch und stellte sich vor dem Schülerrat. Seine dunklen Augen überflogen den ganzen Saal, bis seine grobe, tiefe Stimme den Lärm durchschnitt.

„Liebe Schülerinnen und Schüler."

Man könnte eine Nadel fallen hören.

„Ich heiße euch alle herzlich willkommen an der Akademie Roberstein. Ab diesem Tag seid ihr die offiziellen Schüler der Roberstein Akademie. Ab jetzt habt ihr alle eine Aufgabe zu erfüllen – lernen, um der Welt später zu dienen. Stärker werden – um zu beschützen."

Und euren Platz zu kennen.

„Ich, als der Akademieleiter empfinde es als eine Pflicht, euch über eure Zukunft an dieser Akademie zu informieren und euch darauf vorzubereiten." Der Mann verstummte und schaute über seine Schulter nach hinten zu dem Schülerrat. Das Mädchen in der Mitte lächelte und nickte ihm leicht zu.

„Bevor es dazu kommt, möchte ich euch noch unseren Schülerrat vorstellen. Zu diesen sieben Leuten könnt ihr immer kommen. Seien es Probleme, Bitten oder Vorschläge in organisatorischen Bereichen oder innerhalb eures Hauses, sind diese Schüler für euch da. Delina Roberstein, die Vorsitzende des Rats ist immer für euch da." Das Mädchen in der Mitte verbeugte sich und strich die kastanienbraunen Locken aus dem Gesicht.

Roberstein...?

Diabel neigte ihren Kopf leicht zur Seite. Hatten die Gründer der Akademie noch so deutliche Nachfolger, dass sie dessen Namen tragen durften?

„Milier Acel ist unser Vizevorsitzender und ist im Falle immer eine Variante des Ansprechpartners."

Mit einem schwer aufgezogenen Lächeln, verbeugte sich der junge Mann leicht. Diabel konnte ihn verstehen, sie würde auch nicht bei solchen Worten ehrlich lächeln können. Der Typ wurde gerade indirekt runtergemacht. Oder auch direkt. Tatsache bleibt, er tat ihr leid.

„Bei unseren zwei Sekretären werdet ihr immer ein Termin vereinbaren können."

Ein Mädchen und ein Junge links von Delina verbeugten sich gleichzeitig. Als Diabel ihren Blick zu den beiden wendete, merkte sie, wie ähnlich sie sich eigentlich waren. Beide hatten blonde Haare, die gleiche hellblaue Augenfarbe und... eher durchschnittliche Gesichtszüge. Das Mädchen trug zwei stark geflochtene Zöpfe, während der Junge – der wahrscheinlich ihr Bruder war, wenn nicht ihr Zwilling – die Haare streng nach hinten gekämmt hatte. Die zwei sahen wie echte Vorbilder aus, die Schüler, die immer die besten überall waren und immer den Regeln folgten. Klischee, nicht wahr? Ihr Gesichtsausdruck war auch nicht freundlich und akzeptierend, eher...disziplinarisch vielleicht? Wie eingeübt, nicht natürlich – wie bei jedem aus dieser Bande. Sie sahen alle nicht gerade fröhlich aus, was auch immer der Grund bei den anderen sein könnte. Diabel konnte nur mit ihren Schultern zucken.

Die anderen drei Schüler wurden komischerweise nicht vorgestellt, die schien es aber auch nicht zu interessieren. Zwei relativ reife Mädchen und ein fast schon erwachsener Mann standen an den Rändern und zeigten mit ihrer ganzen Haltung, dass sie hier eigentlich nichts anging und sie überhaupt nicht wussten, was sie hier machten.

So viel zu Verantwortungsbewusstsein und gutem Vorbild, dachte sich Diabel sofort.


Silver Heart and Grey WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt