Roberstein

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Das Erste, was Diabel sah, war die Mauer. Ein hohes, graues Steinwerk, welches die Akademie von einer Seite von der Außenwelt trennte. Die Mauer hatte keine Verzierungen und sah grob und leblos aus. Die zwei schweren Tore aus Metall standen komplett offen und man konnte spüren, wie die Schule von einem Schutzzauber umgeben war, würde man durch sie treten.

Die Akademie Roberstein wurde von ein paar tausend Jahren gegründet, was als relativ jung angesehen wurde. Als schon zu viele Kampfmagier auf der Welt waren, wurde beschlossen, sie irgendwo unterzubringen. Und so wurde einer der größten Berge, im Nord-Westen auf der Kulun-Insel ausgesucht. Hoch ragte dieser Berg in die Wolken und war von einem dicken Nebel und dichtem Wald umgeben. Man würde nicht genug Zeit haben, den Berg einmal hoch- und runterzugehen, er war gleichzeitig stabil und gefährlich, da noch zu viele Biester sich in seinen Wäldern befanden. Also beschlossen die Magier mit einer Armee, zusammen mit den Kämpfern die Biester einzufangen oder auszulöschen, eine halbrunde Delle in den Berg einzuschießen und die Akademie fast in den Berg zu bauen. Die Akademie wurde auf viele Ebenen unterteilt und floss fast in den Stein ein – grau und bedrückend - wie ihre entsprechende Farbe. Wenn man nicht genau hinsehen würde, könnte man dieses monströse Werk auch überschauen. Als Diabel in den Innenhof mit ihrer Gruppe reinkam, verlor sie sich bei dem Einblick auf das Hauptgebäude. Es war bestimmt, das größte Werk, was sie in ihrem Leben je gesehen hatte. Es hatte weder Fenster, noch Balkons aber seine Glastüren waren bestimmt einige Meter in der Höhe. Die Kuppel des Gebäudes war aus einem leuchtend blauen Stein – das einzige Stück Farbe, was zwischen all den Grautönen zu erkennen war. Drinnen bewegten sich Gruppen, die schon vor ihnen angekommen sind.

Eine ältere Frau kam auf die Gruppe von der Seite zu. Sie lächelte als sie die überraschten Gesichter sah und klatschte leicht in die Hände.

„Willkommen in die Akademie Roberstein, Kinder! Die Akademie für Kampfmagier wird für die nächsten acht Jahre euer Zuhause sein. Mein Name ist Professorin Elcaz und ich unterrichte die dritten Klassen dieser Akademie, werde euch aber heute rumführen. Wir sind leider ein wenig im Zeitmangel, weswegen es schnell gehen muss. Also seid ruhig und brav und rennt nirgendwo hin weg, sonst werdet ihr bestraft," sie zwinkerte ihnen kurz zu und ging voraus auf das Hauptgebäude zu. Diabel erschauderte. Die Kinder waren alle zu erstaunt, um irgendwas sagen zu können, also konnten sie nur alle brav hinter der Professorin her gehen. Diabel schaute sich um, konnte aber nichts außer der Mauer erkennen. Wie sehr sie auch versuchte, das komische Gebäude hinter dem Hauptwerk zu erkennen, der Nebel legte sich wie eine Decke darüber und erschwerte die Sicht.

„Das Gebäude vor euch ist das Hauptgebäude. Es ist hauptsächlich für den Empfang der anderen Akademien da, aber auch hier befinden sich die Professoren den ganzen Tag, wenn es mal keinen Unterricht oder Kampf gibt. Wenn ihr also irgendjemanden sucht, wird derjenige höchstwahrscheinlich hier sein. Hier wird auch später das Treffen der ganzen ersten Klassen mit dem Direktor sein aber erstmal wird euch alles gezeigt."

Die Glastüren wurden mit Schwung geöffnet und die Schüler traten in einen runden, hellen Saal ein. Als Diabel nach oben schaute, sah sie, wie gigantisch die Kuppel eigentlich war. Man fühlte sich außerordentlich klein in diesem Saal und ein Schauder lief ihr den Rücken hinunter. Der Saal war voller Stühle, die in einem Halbkreis um ein großes Podest gestellt wurden.

„Wie ihr sehen könnt, ist alles schon vorbereitet, also können wir hier nicht so leicht hin und her wandern. Der Saal hat zwei Ausgänge, einen nördlichen und einen südlichen. Es gibt vier Treppen, die aber immer in einen anderen Saal nach oben oder unten führen und vier Flure, die euch auch in die Lehrerzimmer führen werden. Für mehr wird er auch nicht benutzt. Mir hinterher."

Die Gruppe umging die Stühle und trat aus dem nördlichen Ausgang in das „Innere" der Akademie. Als sie wieder draußen waren, hatte sich nicht viel geändert – es war noch immer alles grau und...auf eine seltsame Weise leer. Sie waren noch keinen der anderen Schüler begegnet, nur den anderen Gruppen.

Ein breiter Pfad führte zwischen zwei hohen, steilen Felsen ein wenig abwärts und nach ein paar Minuten, sah Diabel, wie sich ein riesengroßer Platz vor ihr öffnete. Es war wie eine große Grube mit mehreren – bestimmt über fünfzig aber man konnte nur schätzen– runden Arenen. An den Seiten waren Gebäude mit Treppen in die Felsen eingebaut. Und ganz vorne, auf der nächsten Seite war noch ein großes Bauwerk zu sehen, was aber wirklich wie ein Teil des Berges aussah. Unten, genau in der Mitte davon war noch ein Durchgang zu sehen.

„Dies sind die Kampfarenen für die drei oberen Klassen. An den Seiten könnt ihr die Wohnheime der siebten und achten Klassen sehen."

Die Gruppe ging unten durch die Arenen hindurch zu dem nächsten Ausgang durch das Gebäude.

„Die Arenen sind nur in bestimmter Zeit benutzbar. Wie ihr schon wissen müsst, könnt ihr hier später Punkte verdienen, mit welchen ihr später die oberen Etagen der Bibliothek besuchen könnt – zum Beispiel. Es gibt natürlich viele Möglichkeiten, wie ihr sie noch nützen könntet. Aber auf diesen Arenen dürft ihr noch nicht kämpfen – wie gesagt, sind sie für die oberen Klassen. Eure sind weiter am Ende. Das Gebäude, welchem wir uns gerade nähern ist das Schulgebäude für diese beiden Klassen. Der hohe Turm rechts ist die Bibliothek – für euch ist sie aber nur begrenzt – ihr dürft nur auf die ersten drei Etagen kostenlos. Alles andere würde euch ab drei Punkten und mehr kosten."

„Wie viel würde denn die höchste Etage kosten?", erklang eine Mädchenstimme aus der Runde. Da Diabel ganz vorne stand, konnte sie nicht sehen, welche Person das gesagt hatte aber auch sie war an den Kosten interessiert. Die Professorin lächelte leicht aber fuchsig und sagte ganz entspannend, als ob es ganz normal wäre: „Sechs tausend Punkte."

Innerlich viel Diabel das Kinn auf den Boden.

„Sechs tausend Punkte?!", die Schüler fingen an, wild hin und her zu wispern.

„Wie kann man solches überhaupt erreichen?!"

„Das geht doch nicht," warf ein Junge rein.

Die Frau lachte auf und drehte sich um.

„Oh doch, es geht. Man muss nur den richtigen Weg zum Verdienen finden."

Diabel wusste nicht, wie sie diese Nachricht einordnen könnte. Sechs tausend Punkte waren eine unmenschliche Summe – wie unglaublich müssten die Bücher da oben sein, um mehr Wert als dein ganzes Leben auf der Akademie zu kosten?

Sie versuchte sich auf die nächsten Worte der Professorin zu konzentrieren, was nur schwer ging.

„In diesem Gebäude sitzt auch der Schülerrat. Ihre Schlafzimmer und Sitzungszimmer sind im linken Flügel, mit den besten Schülern der Akademie. Ich werde euch ein kleines Geheimnis verraten – die Zimmer dieser Schüler sind viel besser, als irgendwo anders und auch sie selber bekommen einen kostenlosen oder günstigeren Zugang zu manchen Sachen – und auch zu den ersten hundert Etagen der Bibliothek. Also bemüht euch, wenn ihr solche Privilegien haben wollt. Nun ja, weiter geht's."

Diabel gefiel die Idee aber der Mangel an dieser Information machte sie misstrauisch, deswegen beschloss sie, selber die Frage zu stellen: „Und ab welchem Jahr ist das alles möglich?"

Die Frau schaute sie an und ihr Lächeln wurde noch breiter.

„Ab jedem."

Ein roter Blitz fuhr Diabel durch die Seele, was sie beinahe ersticken ließ.

Silver Heart and Grey WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt