Zukunft aufgeschrieben

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„An unserer Akademie wird es nicht leichter, als an den anderen sein. Vielleicht sogar schwerer. Wir sind nicht so wie anderen. Wir sind mehr und wir sind anders. Wir haben schwerere Kämpfe und beängstigende Konkurrenz. Das Leben an einer Akademie ist die Vorbereitung für den kommenden Kampf und unsere Aufgabe ist es, darauf vorzubereiten. Im ersten Jahrgang ist es noch ziemlich ruhig für euch, ihr werdet euch mit der Lebensweise von hier kennenlernen, sowie auch versuchen, in die Klassen zu integrieren. Vielleicht werdet ihr nicht mal mit den älteren Klassen kämpfen müssen. Aber in den zweiten und sechsten Jahrgängen findet in jeder der drei Akademien eine Besuchsveranstaltung statt. Ihr werdet die anderen Akademien besuchen müssen und dort an den Kampfveranstaltungen teilnehmen müssen. Dies ist als Pflicht angesehen."

Diabel verzog eine Miene. 

Wieso das denn? Worin besteht der Grund?

 „Der dritte Jahrgang ist für euch wahrscheinlich der am meisten zu erwarten ist."

Ein fröhliches Geflüster überflog den Saal. Ein paar Schüler fingen an zu kichern und manche machten sogar stumme Jubelrufe nach. 

„Ihr alle wisst, dass unsere Vorfahren keine Menschen, Magier oder Kämpfer waren. Wir alle stammen von den Biestern ab. Die Biester, die seit trilliarden von Jahren unsere Welt bewohnen, die die Form eines Biestes, sowie eines Menschen annehmen können. Und obwohl wir gelernt haben, Biester zu bezwingen, dürfen wir nicht ausschließen, dass wir mal ein Teil von ihnen waren. Wir werden immer diesen einen Teil in uns tragen, der besonders stark sein wird. Und seit langem haben wir aus herausgefunden, wie man ihn nutzen kann. Als einen getrennten aber dennoch eigenen Teil. Eure Kraft wird euch beiden gehören. Euer Seelenspiegelbild – euer Seelenbiest wird in diesem Jahrgang erweckt."

Ein lautes „Ja!" war aus dem einen Ende des Saals zu hören, ein fröhlicher Aufschrei aus dem anderen Ende und Diabel sprang beinahe hoch. Sie legte ihre Hand auf die Brust und schaute sich um. Die Kinder schienen sich nicht beruhigen zu können, dennoch fuhr der Mann laut fort.

„Egoismus regiert die Welt", hatte ihr Vater mal gesagt.

„Das vierte Jahr wird komplett eurer zukünftigen Waffe zugewidmet, die ihr auch selber erschaffen werdet. Alles, vom Material, bis zu der Art und dem Magischen Attributen wird auf euch liegen. Größe, Gewicht, Farbe, Form. Ihr werdet Monate dafür brauchen und am Ende werden wir von euch ein Ergebnis erwarten. Im fünften und siebten Jahr werden unsere internen Kämpfe stattfinden, was zum Standartprogramm gehört. Schüler gegen Schüler, Klassenkammerrade gegen Klassenkammerrade, Freund gegen Freund. Diese sind für euren innerlichen Einblick da. Ihr werdet Berichte über eure Kampftechniken, Fehler und Probleme schreiben müssen, sowie eure Entwicklungen. Wir nennen es auch Prüfungsphase. Diese Kämpfe sind Pflicht für jeden unter euch. Wenn ihr es bis zur siebten Stufe schafft."

...schafft?

„Im siebten Jahr wird auch Besuch in das Kollusium stattfinden."

Kollusium...Diabel wusste noch immer, wie sich die Enttäuschung anfühlte, nur einen einmaligen Besuch in das Kollusium machen zu können. Es war eine Heilige Insel mit einem Heiligen Tempel und nur einem Meister. Umgeben von alten Ruinen und einer ungeheuren spirituellen Kraft. Man konnte dort nur selten landen und keiner wusste, wie man diesen Ort – ohne der Meister zu sein – mehrmals besuchen könnte. Wie man den Meister dazu überreden konnte. Wie es die Akademien geschafft hatten, war für viele ein Wunder aber niemand wagte es genau zu hinterfragen - besonders die Akademien. Um dort länger zu bleiben musste man eine fast komplett reine spirituelle Energie haben. Den Segen der Götter war einer der sichersten und von höchster Priorität.

„Und im letzten Jahr wird euch eine fast jährige Prüfung erwarten. Nur die stärksten werden sie...überstehen," sagte der Mann ein wenig angespannt. Er konnte nur schwer diese Worte von sich geben, anders war dieser Jahrgang aber nicht erklärbar.

Diabel spürte, wie ihr Herz flatterte und nahm die seltsame Pause in der Rede des Akademieleiters nicht wahr. Ihre Gedanken waren voll und ganz bei der finalen Prüfung. Erinnerungen krochen hervor – die Erzählungen ihres Vaters über seine letzte Prüfung und wie schwer die war. Wie viel er überstehen musste, um seine Stärke zu beweisen und zu gewinnen. Es war unglaublich, gefährlich und Atemberaubend.

„Mehr werdet ihr nicht wissen müssen. Jetzt würde ich bitten, euch zu eurem Haus zu begeben, um auf die Zimmer und Klassenräume verteilt zu werden. Ihr seid entlassen."

Der Mann drehte sich um und verließ leise den Saal, hinter ihm der Schülerrat. Die Schüler standen alle langsam auf, während sie nicht die Möglichkeit verpassten, das ganze Geschehen noch mal zu kommentieren. Die Gruppe von mehreren hundert Leuten wurde von Professoren in das Lerngebäude der ersten Klassen geführt und dort eingeteilt. Diabel schaute auf das hauchdünne Papier in ihrer Hand. Zimmer sechzig, Klasse ausstehend, Klassenraum vier.

„Ihr werdet später dementsprechend in die Klassen eingeteilt, nachdem wir über eure Kampfkenntnisse erfahren. Gerade wurdet ihr einfach per Namen in die jeweiligen Klassenräume eingeteilt. Nächste Woche wird alles bestimmen. Nun bitten wir euch auf eure Zimmer zu gehen. Dort," die junge Professorin, die ihnen alles erklärte deutete zu ihrer rechten Seite: „befinden sich die Zimmer eins bis einhundertfünfzig  und dort," sie deutete zu ihrer Linken: „die Zimmer einhunderteinundfünfzig bis dreihundert. Die Zimmer dürft ihr nur bei bestimmten Angelegenheiten tauschen. Die Kantine befindet sich im Lehrgebäude unten und ist immer offen, die festgelegten Essenszeiten liegen bei euch als Plan auf dem Tisch im Zimmer, so wie eure Uniformen und Stundenpläne. Ihr dürft gehen."

Die Kinder fingen an, sich auf dem Platz zu verteilen. Manche suchten ihre Freunde, manche machten sich auf dem Weg in die Zimmer und Diabel stand und schaute auf das Gebäude, welches ihr Zuhause für ein Jahr sein wird. Es sah wie ein Ameisenhaus, der aus den Felsen gebaut wurde, schwer und dicht. An sowas war das Mädchen gar nicht gewohnt und sie merkte, wie ungemütlich sie sich eigentlich fühlte. Es war ungewohnt und es war viel. Aber sie musste damit klarkommen, also begab sie sich in das Innere des Hauses.

Das Erste, was sie sah waren Treppen. Zwei monströse Treppen, die jeweils in die jeweiligen Flügel des Gebäudes führten. Wenn man nach oben sah, merkte man, dass alle Etagen ziemlich offen waren. Innen war es nicht besonders heller oder...freundlicher. Alles wurde relativ streng gehalten die untere Etage sah ziemlich leer aus, abgesehen von den anderen Kindern.

Diabel fand die Tafel mit den Zimmern sehr leicht und ging die linke Treppe hoch. Sie hatte mehr oder weniger Glück, nur drei Treppensätze zu laufen und schon bei ihrem Zimmer anzukommen, welches ziemlich weit am Ende des linken Gangs war. Das Mädchen bemerkte, wie alle bewohnbaren Zimmer an der Ausgangsseite des Hauses waren, dennoch gab es an der Innenseite auch Türen. Wofür sie da waren hatte sie dennoch keine Ahnung.

Ihre Zimmertür unterschied sich nicht von den anderen. Sie auch war aus dunklem Holz und hatte eine goldene Platte mit der Zimmernummer drauf. Diabel legte ihre Hand auf die Türklinke und spürte plötzlich einen leichten Schmerz, der durch das Gelenk lief.

Ein Erkennungszauber?

Sie drückte die Klinke leicht nach unten und die Tür öffnete sich ohne Geräusch.

„Oh, da bist du ja. Jetzt sind wir vollständig."



Silver Heart and Grey WingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt