XXIII

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"Solange ich in Zukunft keinen Ärger mehr deswegen bekomme, kann ich damit leben. Ich will das Ganze einfach hinter mir lassen, verstehst du?", seufzte Thaddeus und klang dabei so unglaublich müde, "aber sowas kann man kaum verheimlichen, vor allem die Zeitungsberichte, die teilweise ohne Genehmigung veröffentlicht wurden."

"Deshalb der falsche Name?", wollte Ardy wissen. Thaddeus nickte und ergänzte: "Wahrscheinlich eh unnötig, aber ich war einfach paranoid, dass jemand meinen Namen hört und direkt rausposaunt, was er irgendwo gelesen oder gehört hat." Verwirrt hob Ardy eine Augenbraue. "Weshalb unnötig?" Thaddeus sah ihn zögernd an und seufzte leise. "Naja, erstens hab ich dir davon erzählt, also kann ich einen kompletten Neustart vergessen. Aber es geht eher um die anderen. Entweder sie finden es nie raus, dann brauche ich auch keinen Decknamen. Und sollten sie irgendwann doch auf etwas stoßen, werden sie es auch so rausbekommen. Eigentlich müssen sie nur einen alten Schulkameraden von mir anschreiben, was in Zeiten von Facebook und Instagram kein Problem ist. Die Kontakte kommen einem ja förmlich zugeflogen, Luna ist der perfekte Beweis", erklärte Thaddeus und seufzte. "Ich kann eigentlich nur hoffen, dass sie die Sache auf sich beruhen lässt und einfach hinnimmt, dass ich einen falschen Namen angegeben habe. Aber so wie ich sie einschätze, wird sie sich damit nicht zufrieden geben." Er warf einen hoffnungsvollen Blick zu Ardy, immerhin kannte dieser Luna länger, doch er wurde von dessen Antwort enttäuscht. "Nein, sie wird auf jeden Fall versuchen herauszufinden, warum. Und vor allem, warum deine alten Schulkameraden so abweisend reagiert haben - wahrscheinlich macht sie das misstrauischer als der falsche Name." Ardy seufzte herzzerreißend. "Ich werde nochmal mit ihr reden, aber...wir können nur hoffen, dass sie einfach irgendwann aufgibt", murmelte er und stützte sein Kinn auf seine Hände. Er schloss die Augen, um nachdenken zu können. Thaddeus beobachtete den Braunhaarigen zunächst interessiert und schnell schlich sich eine Wärme in seinen Blick, die all die frisch durchlebten, schlechten Erinnerungen verdrängte. Stundenlang hätte er Ardy so anschauen können, doch dieser öffnete nach kurzer Zeit wieder die Augen.
"Wollen wir gehen?"
"Lass uns noch ein wenig bleiben, okay?"
"Okay. "
Sie blieben noch zwei Stunden auf den kühlen Kieseln sitzen, ehe der einsetzende Regen sie vertrieb.

Nachdem Ardy sich von ihm verabschiedet hatte, schloss Thaddeus die Haustür auf und entließ Pipi mit einem letzten Tätscheln auf den überdimensionalen Fledermauskopf. "Ach, lassen wir uns auch mal wieder zu Hause blicken?" Frank stand mit vor der Brust verschränkten Armen in der Küchentür, als hätte er auf Thaddeus gewartet. Wahrscheinlich hatte er sogar genau das getan.
"Hast du wieder gekifft?"
"Ich wüsste nicht, was dich das angehen sollte. Aber falls es dich glücklich macht: Nein, hab ich nicht."
"Sicher? Bei dir weiß man ja nie." Die von ihm eingelegte Pause, stimmte Taddl bereits auf die folgenden Provokationen ein und er seufzte entnervt. "Ich verstehe sowieso nicht, warum du überhaupt noch alleine draußen rumlaufen darfst." Es war nicht eindeutig zu sagen, ob Frank seine Aussage komplett ernst meinte oder ob er absichtlich übertrieb, um Thaddeus zu verletzen. "Wenn du meinst." Mit einem Schulterzucken schob er sich an Frank vorbei in die Küche, wo er sich ein Glas mit Wasser füllte und in einem Zug austrank. Als er sich umdrehte, stand der Schmierlappen immer noch unverändert da und beobachtete ihn mit seinem glasig-trüben Blick. "Ist noch was?", spie Thaddeus gereizt aus und füllte das Glas nochmals auf. "Warum sind wir denn so gereizt? Ich denke, ich weiß, warum." "Ach, dann bist du bestimmt liebend gern dazu bereit, mich zu erleuchten", entgegnete Thaddeus verächtlich und nahm einen Schluck kaltes Wasser in der Hoffnung, es würde ihn beruhigen. "Ich glaube, dass du eine kleine Freundin hast. Vielleicht willst du die ja auch vergewaltigen, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall bist du gestresst, weil bald rauskommen wird, was du getan hast. Dann werden alle wissen, was für ein Monster du bist. Und irgendwann wird auch deine Mutter einsehen, dass ihr Sohn ein Vergewaltiger ist."

Das Glas zerschellte klirrend, als Thaddeus es auf die Arbeitsfläche donnerte. Eine Scherbe bohrte sich in seine Handfläche, doch das war im Moment nebensächlich. "Was ist dein verdammtes Problem?", schrie er beinahe. Dann atmete er tief durch und brachte mit zitternder Stimme hervor: "Reicht es nicht, dass ich alles verloren habe, was ich jemals hatte? Musst du auch noch Mama gegen mich aufbringen?"
Frank bedachte den Blauhaarigen mit einem sanften Lächeln.
"Ich will nur, dass du bekommst was du verdienst."

Pechjunge - [tardy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt