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Unter Wasser ist es so leise. Dort kann man sämtlichen Stress von sich abwerfen und in den tiefsten Schluchten versenken. Während ich nach unten sinke, denke ich noch einmal über den Traum nach. Doch irgendwann beschließe ich den Traum zu vergessen und mich auf das Tauchen zu konzentrieren. Ich sehe verschiedenste Fischarten an mir vorbeiziehen. Zwischendurch tauche ich auf um mir meine Sauerstoffflasche zu holen, damit ich länger unter Wasser bleiben kann. Ich genieße die Stille. Ich tauche heute tiefer als sonst, was mir aber erst bewusst wurde, als ich meine Hand kaum noch sehen konnte, so sehr habe ich mich auf das Tauchen konzentriert. Ich tauche ein bisschen höher und lasse mich dann vom Wasser tragen.

Ich muss die Zeit vergessen haben, denn als ich auftauche, hat die Sonne bereits ihren Zenith überschritten. Ich trockne mich ab, und schaue auf mein Handy. Luke hat mir geschrieben: "Hey Bro, eigentlich wollte ich mich früher melden, aber hast du Bock morgen mit mir tauchen zu gehen. Treffpunkt am Hafen so gegen 10." Eigentlich will ich Nachrichten immer sofort beantworten, aber mitten auf dem Meer, an einem Riff, kann man wohl kaum erwarten, dass die Mobilfunkanbieter einen Funkmasten aufstellen, damit eine Person nach einem Tauchgang eine Nachricht beantworten kann. Also das wäre ja auch noch schöner. Ich lasse den Motor an und fahre gemächlich dem Land entgegen und genieße die Ruhe. Aber zu früh gefreut: Irgendso ein Schnösel mit seiner ach so tollen Luxusyacht, meint wohl, dass ich ihm mit meinem kleinen Boot den Weg versperre und er jetzt deswegen laut das Nebelhorn betätigen muss. Als ob das Meer nicht groß genug wäre, und man mich überhaupt nicht überholen kann. Genervt drehe ich mich um und zeige ihm meinen Mittelfinger. Anscheinend habe ich damit seine Gefühle verletzt. Oh, das tut mir jetzt aber leid.

Aber er hat jetzt wohl gemerkt, dass er genug Platz zum überholen hat, denn er für mit gefühlt 0,01 km/h mehr Geschwindigkeit an mir vorbei. Als er mit mir gleich auf ist, brüllt er mich mit unverständlichen Worten an. Ich halte meine Hand an mein Ohr um ihm verständlich zu machen, dass ich (leider) überhaupt nichts verstehe. Vor Wut schäumend schaltet er den Motor seiner Yacht aus. Ob ich meinen Bootsschein im Lotto gewonnen hätte, brüllt er mich an. Dann erklärt er mir die Regeln seiner Hierarchien. Dass er, als der Reiche, immer vorrangig behandelt werden muss und ich, als der Arme, mich ihm unterordnen muss.

Ich glaube der Typ ist verrückt. Und da fällt mir sofort

eine Weisheit meiner Mutter ein. Sie sagt immer zu mir: Ben, wenn du später einmal reich sein solltest, denke daran, Geld allein macht nicht glücklich.

Und das schien mir bei diesem Typen voll zuzutreffen.

MeerestiefenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt