20. Dezember

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In der letzten Nacht hatte ich wieder kaum ein Auge zugemacht und dementsprechend sah ich am Morgen auch aus. Ich hatte tiefe Augenringe und konnte mich nicht mal dazu aufraffen mir die Haare vernünftig zu machen.

Ich zog irgendeinen Pulli und eine Jeans an und ging direkt in den Flur, um mir Jacke und Schuhe anzuziehen.

Dann wartete ich allein auf der kleinen Bank, die im Flur stand auf meine Geschwister und meinen Vater.

Zum Glück waren meine Geschwister dann endlich soweit und wir konnten los.

Je näher wir der Schule kamen, desto schlimmer wurde die Angst, dass Josh nicht da sein würde. Mit zitternder Hand öffnete ich die Tür zu unserer Klasse und starrte hoffnungsvoll in das Klassenzimmer.

Es war niemand da.

Ich schloss die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Ich wollte auf jeden Fall warten bis die Stunde begann für den Fall, dass er doch noch käme.

Die nächste halbe Stunde war genauso schrecklich wie gestern Morgen. Jedes Mal, wenn die Tür aufging, blickte ich hoffnungsvoll zur Tür, nur um sofort bitter enttäuscht zu werden.

Noch bevor es zur ersten Stunde klingelte, schnappte ich mir meinen Rucksack und ging ins Sekretariat, um mich abzumelden.

Zu Hause öffnete mir meine Mutter die Tür, noch bevor ich meinen Schlüssel rauskramen konnte und sah mich verwirrt an.

,,Er ist nicht da", murmelte ich und stolperte ins Haus.

Jetzt zeigte sich das erste Mal eine Sorgenfalte auf ihrer Stirn.

,,Ich rufe deine Vater an", sagte sie bloß und verschwand in die Küche.

Ich ließ mich auf einem Stuhl nieder und lauschte den Worten meiner Mutter.

,,Dein Vater nimmt sich den restlichen Tag frei und kommt hierher, dann überlegen wir, was wir tun können", erklärte meine Mutter, während sie wieder zu mir ins Esszimmer kam.

,,Kann er das denn einfach so?", fragte ich.

,,Natürlich, es ist doch eine Familiensache. Das versteht sein Chef", sagte meine Mutter bestimmt.

Ein kurzes Lächeln verweilte auf meinem Gesicht, aber dann dachte ich wieder daran, dass Josh verschwunden war und fragte mich, wo er steckte.

Das Warten auf meinen Vater machte mich ganz verrückt. Erst um halb zwei kam er durch die Tür und sofort sprang ich auf. Er stellte seine Tasche ab und sah uns eine Weile an, während er nachdachte.

,,Ich denke, wir sollten erstmal mit seiner Pflegefamilie sprechen, bevor wir zur Polizei gehen. Vielleicht ist er ja dort", sagte mein Vater.

Ich bezweifelte, dass Josh dort war, doch ich sagte nichts. Ich war froh, dass wir was unternehmen würde, also sprang ich auf und zog mir meine Jacke wieder an.

,,Ich zeige dir, wo sie wohnen", sagte ich.

Mein Vater nickte zustimmend und wenige Minuten später saßen wir im Auto.

Zwanzig Minuten vergingen ehe mein Vater das Auto vor der langen Einfahrt der Reinhardts parkte. Schnell stieg er aus, ging mit großen Schritten voran und drückte ohne zu überlegen auf die Klingel.

Wieder öffnete der große dunkelhaarige Mann die Tür. Dieses Mal trug er bloß ein weißes Hemd und eine Anzughose. Mit gehobenen Brauen sah er uns an. ,,Ich habe doch gesagt, du sollst dich hier nicht mehr blicken lassen", erklärte der Mann unfreundlich und stierte mich böse an.

,,Guten Tag", sagte mein Vater, ohne auf seine Worte einzugehen. ,,Wir wüssten gern ob Joshua in den letzten Tagen hier gewesen ist."

Der Mann starrte uns ausdruckslos an und schüttelte dann verärgert den Kopf.

WichtelnWo Geschichten leben. Entdecke jetzt