Wir hatten alle Handynummern ausgetauscht und sogar einen Gruppenchat erstellt. Einmal trafen wir uns in einem Café in der Stadt. Die Chemie in der Gruppe stimmte einfach. Und die zwischen mir und Felix auch. Wir telefonierten fast jeden Abend. Das seltsame war, dass ich ich es tatsächlich schaffte, die Sache zwischen uns auch zwischen uns zu lassen. Natürlich hatte ich Paul davon erzählt, aber anders als sonst posaunte ich nicht bei allen möglichen Menschen herum, wann ich mich mit wem traf oder wer mir was geschrieben hatte. Das hatte ich eine Zeit lang immer getan und oft genug bereut. Nicht einmal mit Mandy hatte ich darüber geredet, aber eigentlich redete ich mit ihr über gar nichts mehr. Dabei könnte ich sie gerade eigentlich gut brauchen. Klar, es war eindeutig, dass Felix mich auch mochte, aber was, wenn es von seiner Seite aus doch nur freundschaftlich war? Machte ich mir falsche Hoffnungen? Dachte er überhaupt so oft an mich wie ich an ihn? Was wenn er denkt das ich hässlich bin? Oder vielleicht findet er meinen Charakter schrecklich? Mandy hätte mir jetzt alle Momente aufgezählt, die das Gegenteil beweisen. Auf einmal vermisste ich sie schrecklich. Es war im übrigen gerade Donnerstag, vierte Stunde. Wir hatten unterschiedliche Kurse aber ich wusste, dass sie gleich eine Freistunde hatte. In der Pause rief ich sie an. Einmal, zweimal, dreimal.
Sie ging nicht ran. "Hey... hier ist Hope", sprach ich enttäuscht auf die Mailbox, "es tut mir leid, willst du reden?"
Oh Gott hört sich das bescheuert an. Aber jetzt war es zu spät. Aus einem Bauchgefühl heraus rief ich Felix an. Als ich seine Stimme hörte lächelte ich direkt wieder und ein warmes Gefühl umgab mich. "Hättest du Lust Freitagabend mal bei mir vorbeizukommen?", fragte er und mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich ahnte worauf das hinauslaufen würde, aber ich hatte nichts dagegen. Im Gegenteil.
Gerade hatte ich aufgelegt, da vibrierte mein Handy. Felix?
Nein. Überrascht stellte ich fest, dass es Mandy war, die mir eine Nachricht geschrieben hatte.
'Ich hab jetzt echt kein Bock mit dir zu reden aber kannst ja am Wochenende mal vorbeikommen'
Gut. Ihr Haus lag nicht weit von Felix Wohnung entfernt. Ich würde dann wahrscheinlich Samstagvormittag zu ihr gehen. Es verletzte mich ein bisschen, dass sie nicht mit mir reden wollte, aber vermutlich hatte sie das Recht dazu.
Als ich mich am Freitag auf den Weg zu Felix machte war es kalt und windig. Davor war das Wetter ziemlich schön gewesen, aber seit Mittwoch ging es bergab. Seit wann machte ich mir überhaupt Gedanken über das Wetter? Zuhause lief alles so vor sich hin. Mal ging es besser, Mal weniger gut. Ich hatte zumindest nicht mehr das Gefühl, von dort wegzuwollen oder dass ich sie im Stich ließe, wenn ich das tat. Es war unglaublich wie sehr sich mein Leben in den letzten Wochen verändert hatte. Ich hatte so viele neue Menschen kennen gelernt. Nette Menschen. Sie waren anders als die Leute in meiner Schule, nicht so langweilig. Sie hatten Leidenschaft für das was sie taten. Es war, als hätten sie bereits herausgefunden, wer sie wirklich sind und was sie vom Leben wollen. Wahrscheinlich dachten andere das Gleiche von mir, aber für mich war es nicht so. Genau so, wie all diese Leute wahrscheinlich von sich sagen würden, sie wüssten nicht wer sie sind oder was sie besonders macht. Ab jetzt, beschloss ich, wollte ich jeden Tag so Leben, wie es sich richtig anfühlte. Was bleibt einem sonst vom Leben? Es kann schließlich jeden Moment vorbei sein. Es wäre Ironie des Schicksals gewesen, wenn ich jetzt bei Rot über die Straße gelaufen wäre und das Auto mich umgefahren hätte, aber das passierte nicht. Stattdessen wartete ich, bis es grün wurde, überquerte die Straße, lief bis zu dem Haus in dem Felix Wohnung war, blieb stehen und klingelte.
Es war eine Zweizimmerwohnung, ähnlich wie die von Paul, nur viel ordentlicher. Und anders eingerichtet. Wie sein Kleidungsstil war auch die Einrichtung eher minimalistisch gehalten, was die Gemälde an den Wänden noch besser zur Geltung kommen ließ. Es waren Kopien von wertvollen Ölgemälde aus dem Impressionismus und der Romantik. Ich betrachtete gerade ein Bild von einem Segelschiff im Sturm, als Felix von hinten die Arme um mich schlang. Ich drehte mich um und erwiderte sein breites grinsen. Ohne lange zu zögern begann ich, ihn zu küssen. Er erwiderte den Kuss und schon seine Hände unter mein T-Shirt. Auf einmal hörte er auf. Wir sahen uns verlegen an. War es zu früh gewesen? Sicher dachte er, er wäre zu weit gegangen. Dann fragte er: „Willst du vielleicht einen Film gucken oder so?"
„Ja, was für Filme hast du?"
Wir entscheiden uns schließlich für „the dreamers". Er hatte den Film zwar schon mehrmals gesehen, aber er meinte, es sei einer seiner Lieblingsfilme und dass er den auch gerne öfter guckt. Besonders für mich. Wir machten es uns auf dem mit schwarzem Stoff bezogenen Sofa gemütlich. Der Film war zwar wirklich toll, allerdings lag mein Fokus eher auf etwas anderem. Wie sollte ich sitzen? Ist es so okay oder berühre ich ihn zu sehr? Bin ich zu anhänglich? Als hätte er gewusst was ich dachte, berührte Felix vorsichtig meine Hand. Ich ließ mich darauf ein. In den nächsten Minuten kamen wir uns immer näher. Schließlich lag ich in seinen Armen und es hätte kaum besser sein können. Er begann mit meinen Haaren zu spielen. Dann strich er mir sanft übers Gesicht. Dabei sagte er kein Wort. Das musste er auch nicht. Seine Berührungen sagten genug. Ich liebe dich. Du bist wunderschön. Das alles hat viel weniger Wirkung wenn man es einfach ausspricht. Der Film war vorbei. Der Abspann lief. Ich drehte mich so, dass ich sein Gesicht sehen konnte. Er zog mich an sich heran. Dieses Mal küsste er mich. Der Kuss war leidenschaftlich, nicht so zärtlich wie davor. Irgendwie schaffte er es, mein T-Shirt auszuziehen, ohne aufzuhören mich zu küssen. Denn Rest kann man sich denken...
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When the night is over
Genç KurguTrigger Warning ⚠️: Self harm, alcohol and substance abuse Für die 15-jährige Hope hat das Leben in letzter Zeit einige unschöne Wendungen genommen, doch genau das zeigt ihr, dass man jeden Tag in vollen Zügen genießen muss. Es könnte schließlich d...