Kapitel 12

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„Wer bist du? Und was willst du hier?" fragte ich jetzt, weil mir nichts besseres einfiel. Würde dieses etwas da draußen mich töten wollen, dann wäre ich jetzt vermutlich schon längst nicht mehr hier. Trotzdem blieb ich sehr skeptisch.

„Wo ist Finn?"

„Was willst du von ihm?"

„Ich muss mit ihm sprechen!"

„Tja, leider ist er gerade nicht da." Sagte ich und wurde dabei schon wieder etwas wütend.

„Was hast du mit ihm gemacht? Und wer bist du überhaupt?!" fragte sie jetzt etwas hysterisch. Es war eine weibliche Stimme die da mit mir sprach. Es klang so, als wäre sie nicht viel älter als ich. Aber was bildete die sich eigentlich ein mir zu unterstellen, ich hätte irgendetwas mit Finn angestellt?!

„Ich habe gar nichts gemacht. Ich wüsste nur gern wer du bist und was du hier willst. Woher kennst du Finn überhaupt?"

Jetzt nahm sie die Kapuze ab. Ich blickte in zwei Augen, die mit den verschiedensten Blautönen durchzogen waren. Vor mir stand ein Mädchen, nicht viel älter als ich. Sie war sehr zierlich gebaut und hatte langes blondes Haar. Sie sah wirklich wunderschön aus, und überhaupt nicht so, als würde sie etwas Böses wollen.

„Mein Name ist Melody. Ich bin eine Freundin von Finn. Bitte lass mich rein, ich muss mit ihm sprechen."

Ich wusste nicht was mich dazu bewegte. Ich merkte nur, wie sich meine Hand langsam der Türklinke näherte und sie langsam herunterdrückte. Ich machte die Tür langsam auf.

„Komm rein. Ich hoffe, dass diese Entscheidung jetzt nicht falsch ist."

„Bestimmt nicht." Sagte sie mit ihrer lieblichen Stimme.

„Was ist denn mit dir passiert?" erwiderte ich nun etwas hysterischer als geplant. Der Mantel, den sie um hatte, war im unteren Teil mit Blut verschmiert.

„Sagen wir es mal so: es gab ein paar Komplikationen auf dem Weg hierher." Sagte sie, als wäre es ganz normal, aber ich sah in ihren Augen diesen Funken Schmerz, den sie versuchte zu unterdrücken. Die Arme! Und ich hatte sie ne Stunde lang einfach nicht herein gelassen.

„Setz dich einfach in die Küche. Du kannst mir deinen Mantel geben. Ich bin übrigens Layla."

Ich machte die Haustür hinter uns zu und Melody zog ihren Mantel aus und gab ihn mir. Erst jetzt sah man die Schnittwunde, die ihren Oberschenkel durchzog. Ihre helle Jeans, die sie trug war komplett mit Blut überzogen und auch ihr grünes Oberteil war etwas mit Blut verschmiert. Sie folgte meinem Blick und es sah so aus, als würde sie diese Wunde auch zum ersten Mal sehen.

„Oh, ist wohl doch etwas schlimmer als ich dachte."

Sie versuchte in die Küche zu humpeln. Sofort ging ich zu ihr und versuchte sie zu stützen. Melody setzte sich auf einen der Stühle und ich ging hoch um ein Handtuch und Verbandzeug zu holen. Ich hatte zwar keine Ahnung wo das sein sollte, aber ich würde es schon irgendwie finden. Zuerst sah ich in meinem und in Finns Zimmer nach. Dort war es nicht. Im Badezimmer auch nicht. Dann viel mir der kleine Schrank, der im Flur stand ein und ich ging schnell zu ihm. Tatsächlich. Hier war es. Ich suchte das heraus, was ich brauchte, um sie so gut es ging zu verarzten, heraus. Dann rannte ich die Treppe herunter. Melody saß immer noch auf dem Stuhl in der Küche. Ich breitete das Handtuch auf dem Sofa aus, um nichts zu bekleckern und ging dann zu ihr.

„Komm mit. Wir gehen erstmal ins Bad um die Wunde etwas auszuwaschen."

Sie stand ohne Widerspruch auf und ich half ihr ins Bad. Dann zog sie ihre Hose aus und stieg in die Dusche, wo ich ihr die Wunde mit kaltem Wasser ausspülte. Ich sah mir den Schnitt genauer an. Bloß gut. Er war nicht so tief. Ich ging mit ihr wieder ins Wohnzimmer und sie setzte sich auf das Handtuch, dass ich auf dem Sofa ausgebreitet hatte. Ich schmierte ihr etwas Iod-salbe auf die Wunde, damit es sich nicht entzündete. Dann machte ich ihr einen Verband darum. Ich wickelte ihn etwas fester, damit ich die Blutung etwas stillen konnte. Mittlerweile war sie blasser geworden, als sie eh schon gewesen war. Als ich sie ansah, lächelte sie mich traurig an.

„Möchtest du etwas essen oder trinken?" fragte ich dann.

„Nein, mach bitte keine Umstände wegen mir. Ich habe unterwegs etwas gegessen."

„Jetzt mal ehrlich. Wann hast du das letzte Mal etwas zu dir genommen?!" Jetzt sah ich sie etwas ernster an, weil ich wusste, dass sie mich angelogen hatte und ich mochte es nicht, wenn Menschen das taten. Dass sie so blass war lag garantiert nicht nur an dem Blut, dass sie verloren hatte. Schon allein deswegen musste sie etwas essen. Jetzt sah sie traurig auf ihre Hände, um mich nicht angucken zu müssen, vermutete ich.

„Gestern Abend." bevor sie weiterreden konnte stand ich auf und machte eine Portion Nudeln warm, die von gestern noch übrig geblieben ist. Ich brachte ihr diese und eine Tasse Tee. Sie lächelte mich dankbar an und aß die Nudeln in Rekordzeit auf. Dann trank sie ein paar schlucke von dem Tee, der allerdings noch etwas heiß war. Vielleicht hätte ich es ihr sagen sollen? Aber sie hatte schließlich auch diese riesige Schnittwunde überstanden, da wird das ja nicht so schlimm sein. Ich hatte die ganze Zeit nichts mehr gesagt. Ich wollte sie erst einmal zur Ruhe kommen lassen, aber jetzt brannten mir die Fragen so auf der Zunge, dass ich anfing zu reden.

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