Elijah

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Hugh und ich traten aus dem kleinen Gebäude. Während wir über das Rollfeld zu meinem Privatjet gingen, schien die Sonne in unsere Gesichter. Die Crew wartete schon auf uns und der Pilot begrüßte uns förmlich: "Willkommen. Haben Sie einen angenehmen Flug."  Ich nickte ihm zu und lief an der nett lächelnden Stewardess vorbei ins Innere des Jets. Hier war alles in eleganten braun- und beigetönen gehalten. Ich ließ mich in einen der Ledersessel fallen und sofort kam eine weitere Stewardess zu mir und fragte mich, ob ich etwas trinken mochte. Ich verneinte und sie verschwand wieder hinter einem Vorhang im hinteren Bereich des Jets. Hugh kam mit der ersten Stewardess in meine Richtung, gab ihr einen Kuss auf die Hand und setzte sich mit einem Grinsen gegenüber von mir hin, während die Stewardess ihrer Kollegin folgte. "Süß, die Kleine", schaute Hugh ihr hinterher. Ich schaute nur abwesend aus dem Fenster. Sah, wie wir anfingen, zu rollen, dann abhoben und immer höher stiegen. "Was glaubst du, wie es ihr geht?", fragte mich Hugh. Ich drehte mich zu ihm. "Wahrscheinlich genau so, wie als wir das letzte mal da waren. Wenn sich etwas geändert hätte, wüssten wir es.", antwortete ich und sah in Hughs angespanntes Gesicht. "Wir haben schon lange nichts mehr von ihr gehört. Das ist ja das Problem. Ich hab ihr viel zu verdanken. Ich kann es nicht haben, dass ich nichts für sie tun kann.", sagte er mit besorgter Stimme. "Sie ist seit über 800 Jahren auf dieser Erde. Sie wird einfach alt." Wieder sah ich aus dem Fenster. Ich machte mir auch Sorgen um die Älteste, aber ich wusste auch, dass wir nichts tun konnten, um ihr zu helfen. Den restlichen Flug redeten wir nicht mehr miteinander. Ab un zu kam jemand vom Personal vorbei und fragte uns, ob wir etwas brauchten. Jedesmal verneinten wir.  

An unserem Zielort, einem kleinen Dorf an der Küste Spaniens, lebten nur wenige Menschen. Die Älteste wohnte in einem kleinen Haus direkt am Meer. Es war schon etwas heruntergekommen  und die rote Farbe blätterte teilweise ab. Drei Personen, die alle zu uns gehörten, kümmerten sich um sie. Darunter war auch Diana, die Tochter der Ältesten. Diese öffnete uns die Tür, als wir klopften und begrüßte uns mit einem Nicken. Während wir ihr durch das nach Duftstäbchen riechende Haus folgten, sah ich mich um. Es war sehr warm hier und überall standen antike Gegenstände rum. In einer kleinen Küche sah ich zwei weitere Personen sitzen. Vor einer Tür am Ende des kleinen Flures blieb Diana stehen und drehte sich zu uns um. Dabei schwangen ihre schwarzen Haare über ihre Schulter. "Versprecht euch nicht zu viel. Sie ist höchstens zwei Stunden am Tag wach und spricht kaum. Seid nicht enttäuscht.", warnte sie uns und öffnete die Tür und wir traten in das kleine stickige Zimmer. Die Fensterläden waren geschlossen, wodurch das Zimmer recht dunkel war. Da wir aber ziemlich gut im Dunkeln sahen, erkannte ich deutlich einen Schrank gegenüber des Fensters und das Bett in der Mitte des Zimmers, auf dem eine zierliche Person lag. Sie hatte lange, tiefschwarze Haare, blasse, eingefallene Haut und weiche Gesichtszüge. Trotzdem strahlte sie Erhabenheit aus sobald ich das Zimmer betrat, flutete mich eine Welle von Respekt.  Langsam traten Hugh und ich an sie heran und blieben an der Bettkante stehen. Diana blieb an der Tür stehen. Jetzt wo ich vor der Ältesten stand und ihre Aura spüren konnte, wurde ich nervös und zweifelte an meinem Vorhaben. Wollte ich wirklich wissen, wieso Leah und ich verbunden waren? Wer würde schon wissen, was ich damit lostrat? Ich sah zu Hugh, der mein Zögern bemerkt hatte. Er nickte mir aufmunternd zu. Ich atmete tief durch. Ich war nicht den ganzen Weg bis hier hin gekommen, um jetzt zu kneifen. Also nahm ich vorsichtig die Hand der Ältesten. Ich hatte Angst, ihr wehzutun, so zierlich war ihre Hand. "Azada", sprach ich sie an und hoffte auf eine Reaktion. Sie drehte allerdings nur leicht den Kopf in meine Richtung. Fragend schaute ich erst zu Hugh und dann zu Diana. Hugh starrte einfach nur die Älteste an und Diana zuckte mit den Schultern. Also versuchte ich es noch einmal: "Azada, ich brauche deine Hilfe. Ich habe ein Mädchen namens Leah kennen gelernt und ich habe von Anfang an das Gefühl, dass wir eine Verbindung haben. Ich kann mir nur nicht erklären, welche." Als ich Leahs Namen erwähnte, zuckte ihre Hand und als ich von der Verbindung erzählte, öffnete sie ihre Augen und sah mich mit ihren tiefschwarzen durchdringenden Augen an. Lange beobachtete sie mich und ich hatte das Gefühl, dass sie mir in meine Seele sah. Dann setzte sie sich auf und griff nach meiner anderen Hand. Sie hielt meine beiden Hände nun so fest, dass es weh tat. Mich überraschte nicht, wie viel Kraft sie noch hatte. "Elijah", sagte sie. Ihre raue Stimme ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen. Ihre Augen fesselten meine und der Raum mich trat in den Hintergrund. Es existierten nur noch wir beide und langsam begann sie wieder zu sprechen: "Deine Seele, sie ist so besonders. Genau wie ihre. Ich kann ihre Seele an dir spüren. Ihr seit verbunden durch eure Vergangenheit, denn es gab euch schon einmal. Ich habe euch das erste Mal im Iran getroffen. Kurz nachdem ich den Orden gegründet habe, als ich gerade zwölf Jahre alt war. In meinem Heimatdorf gab es zwei mächtige Familien, dessen Blutfehde schon viele Tote gefordert hatte. Ihr seit zu mir gekommen, weil ihr Hilfe brauchtet. Denn ihr habt euch geliebt, obwohl ihr aus diesen zwei Familien kamt. Ihr habt Zuflucht gesucht, wolltet zusammen aus der Stadt fliehen. Ich habe euch aufgenommen und angefangen, euch zu trainieren. Und es hat sich herausgestellt, dass ihr beide magische Fähigkeiten habt. Ich habe lange gesucht, aber ihr beide seit die einzigen Menschen, die je gelebt haben, die Magie kontrollieren konnten. Bis zum heutigen Tag. Zudem wart ihr sehr begabte Kämpfer; Ich habe keinen mit eurer Begabung kennen gelernt. Ihr wart mächtig und manche sahen in euch eine Bedrohung für die Welt. Wir standen kurz vor einem Krieg. Also habt ihr euch geopfert, um das Leben von Millionen zu retten. Und jetzt seid ihr wieder hier. Ich war so dankbar, deine Reinkarnation zu treffen, als du mit fünf Jahren zu mir kamst. Und ich bin so froh, dass Leah und du sich getroffen haben. Halte an eurer Verbindung fest, denn es wird etwas auf euch zu kommen. Eure Seelen sind zurück gekommen, um ihr Werk von damals zu beenden. Ihr seit zu etwas großem geschaffen." Als sie verstummte, wurde ich wieder in die Realität katapultiert. Ich stand wieder in dem kleinen stickigen Zimmer und sah wie die Augen der Ältesten sich wieder schlossen und der Griff um meine Hände sich lockerte.  

Die Chroniken der verborgenen JägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt