Leah

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Als ich wach wurde, schien die aufgehende Sonne durch mein Fenster. Sofort bereute ich, dass ich gestern die Vorhänge nicht mehr zugezogen habe. Seufzend vergrub ich mein Gesicht im Kopfkissen und schlang mir die zerwühlte Bettdecke, welche ich im Schlaf an mein Bettende getreten hatte, wieder um die Schultern.

Da die Sonne gerade erst aufging, hatte ich anscheinend nur wenige Stunden geschlafen. Wieder seufzte ich. Warum war ich jetzt schon wach?

Ich hob meinen Kopf, da ich langsam keine Luft mehr bekam; mein Blick streifte das Armband auf meinem Nachttisch. Komischerweise hatte ich bereits akzeptiert, was gestern Abend passiert war und auch, dass ich heute Abend anscheinend eine Verabredung hatte. Mein Verstand nahm es als normal wahr; ich verstand selber nicht, wieso.

Umständig wühlte ich mich aus meinem Bett, da ich die Hoffnung aufgegeben hatte nochmal einzuschlafen. Auch, da ich meinen Bruder schon durchs Haus schreien hörte. Er war ganze 17 Jahre alt und benahm sich wie ein Kleinkind.

Ich schnappte mir ein Haargummi von der Kommode neben dem Fenster und versuchte, so gut es ging, meine Haare, die vom Schlaf zerwühlt waren, zu bändigen.

Mit einem Dutt, mit dem man definitiv keinen Schönheitswettbewerb gewinnen konnte, ging ich nach unten in die Küche. Dort traf ich auch auf besagten Bruder, welcher in Jogginghosen am Herd stand und Rühreier anbrennen ließ. Mittlerweile hatte er auch Musik angemacht und grölte laut zu diversen Schlagersongs mit. Warum hatte meine Familie nur so einen schlechten Musikgeschmack?

"Morgen", versuchte ich, gegen die Musik anzukommen, was mir nach dem vierten Versuch auch gelang. 

Er drehte sich zu mir um und grinste: "Auch Rühreier?" 

Ich erhaschte einen Blick auf die Pfanne und deren Inhalt:" Äh, nee, danke. Wo sind die Anderen?"

"Noch am schlafen, ich glaube, die haben so nen Kater, die stehen bis heute Nachmittag sicherlich nicht mehr auf." 

Er widmete sich wieder der Pfanne, allerdings schien es mir, als seinen auch seine Bewegungen noch nicht ganz so koordiniert, also schloss ich darauf, dass auch er am Abend genug getrunken hatte. 

Ich stellte mich neben ihn und wühlte in etlichen Schubladen nach etwas Essbarem. In der hintersten Ecke eines Schranken fand ich tatsächlich noch ein paar Cornflakes. Trocken löffelte ich sie direkt aus der Verpackung und ließ mich am Küchentisch nieder. Josh wurde ebenfalls gerade fertig und setzte sich gegenüber von mir. 

"Warum bist du gestern schon so früh gegangen?" nuschelte er mit vollem Mund.

"Du weißt, ich steh nicht so auf Happy Family. Bin zu Nelly gegangen."

"Wirklich schade, war echt lustig, als Onkel Pete sich mit Bier vollgeschüttet hat und dann darauf ausgerutscht ist." Er fing an zu lachen und spuckte dabei die Hälfte seinen Essens aus. 

Wir beide hatten wirklich komplett anderes Verständnis von lustig. Dadurch, dass nun Rühreier auf dem ganzen Tisch verteilt waren, verlor ich meinen Appetit und stellte die Cornflakes auf die Küchentheke. 

Beim rausgehen wuschelte ich Josh durch seine schulterlangen, dunkelbraunen Haare. Die sollte er wirklich mal schneiden lassen.

Zurück in meinem Zimmer zog ich mir eine schwarze Jeans und ein schwarzes Tshirt an, packte mein Handy und mein Portemonnaie in meine Hosentaschen.

Ohne ein weiteres Wort zu Josh trat ich durch die Haustür nach draußen. Meine Familie war daran gewöhnt, dass ich kam und ging wann ich wollte. 

Ich hatte mir vorgenommen nochmal zu Nelly zu gehen und zu sehen, wie es ihr und Lisa nach gestern Abend ging. 

Kurz bevor ich die Haustür schließen konnte, hörte ich Joshs Stimme von drinnen rufen:" Gehst du zu Nelly?"

"Jap", antowortete ich knapp. Ich wusste, was er wollte.

"Ich komm mit!" 

Josh stand seit Ewigkeiten auf Lisa, weshalb er jede Gelegenheit nutzte, mit mir mitzukommen, wenn er bemerkte, dass ich auf dem Weg zu ihr war. Mir war das ziemlich egal, ob er nun mitkam oder nicht; Er setzte sich ins Café, bestellte sich einen Kaffee und starrte Lisa an. Was sowas anging war er echt pflegeleicht. 

Keine zehn Minuten später standen wir vor der Hintertür des Cafès, welches als Haustür von Nellys und Lisas Wohnung diente, und klingelten.

Die Chroniken der verborgenen JägerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt